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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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sonst.
Alles passte perfekt ins Bild. Was hatte ich auch anderes erwartet?
    Als ich die Waschbecken sah, klappte
mir die Kinnlade herunter. Ich war es gewohnt, auf einem Stuhl Platz zu nehmen
und dabei mehr verkrampft als entspannt meinen Nacken in eine kalte Schüssel zu
drücken. Das hier war definitiv eine andere Liga. An jedem der Waschbecken
schloss sich eine gut zwei Meter lange Liege an. Über den Köpfen waren riesige
Flachbildfernseher installiert und der Ton kam aus kleinen Lautsprechern an den
Kopfseiten der Liegen, damit niemand anderes gestört wurde.
    Ich legte mich hin und wohlig
umschloss mich das Leder. Als ich den Kopf zurück lehnte, hatte dies nichts von
der verkrampften Haltung, die ich sonst kannte. Es war vielmehr so, als hätte
ich noch nie besser gelegen.
    »Ich werde Ihnen jetzt eine
Kopfhautmassage geben und danach lassen wir die Haarkur etwas einwirken. Sie
haben auf der linken Seite die Möglichkeit, den Massagegrad ihrer Liege
einzustellen. Das Fernsehmenü sowie die Lautstärke können Sie auf der rechten
Seite einstellen«, referierte die junge Frau eindeutig auswendig gelernt.
    Aber das war egal. Diese jetzt schon
unglaublich bequemen Teile konnten einen tatsächlich auch noch massieren?
    Ich probierte Stufe zwei des
Ganzkörperprogrammes aus und spürte, wie kleine Stößel meine Wirbelsäule
entlangfuhren. Mein Gott das war so himmlisch. Ich brauchte kein TV Programm,
der sanfte Druck auf meiner Kopfhaut, ihre Bewegungen waren wirklich gekonnt, und
die Rückenmassage, das war einfach pure Entspannung. Meine eben noch
vorherrschende Skepsis löste sich in Wohlgefallen auf.
    Warum war ich nochmal hier? Ich war
so entspannt, dass sich meine Gedanken anfühlten wie rosa Zuckerwatte,
flauschig und süß. Jessica hätte mich ruhig vorwarnen können und während ich
eben noch weglaufen wollte, wollte ich nun gar nicht mehr aufstehen.
    Ich genoss die Behandlung in vollen
Zügen und als ich dann eher widerwillig aufstand, um mich dem eigentlichen Ziel
zu nähern, spürte ich ein wenig Wehmut in mir aufsteigen.
    »So mein Herzchen. Dann lass mal
hören! Was wollen wir denn heute machen?« Der überschwängliche Tonfall seiner
Stimme zerrupfte die letzten rosa Gedanken. Ich hatte noch immer absolut keine
Idee, was man ändern könnte.
    »Es ist mir ehrlich gesagt egal, ich
habe keine konkreten Vorstellungen.«
    »Ach Gott Herzchen, so schlimm also?«
Er klang geradezu bestürzt und inspizierte meine Haare. »Was war es mhh? Hat er
dich mit einer anderen betrogen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Also ist er einfach nur so ein Arsch?
Oder warst du etwa ungezogen?«
    Wieder schüttelte ich den Kopf. Was
war denn bitte in den gefahren?
    »Naja, wenn er dich sieht, nachdem
ich mit dir fertig bin, dann wird er sich mehr als schwarz ärgern, dich gehen
gelassen zu haben!«
    Jessica hatte also nichts erzählt.
Der Typ glaubte wirklich, ich hätte einfach die Trennung einer langen Beziehung
zu verarbeiten. Sollte er ruhig weiter in dem Glauben bleiben. So war ich
wenigstens ein Mal nicht die bedauernswerte Witwe.
    Nachdem seine Bestandsaufnahme
abgeschlossen war, setzte er sich auf einen Hocker und rollte neben mich. »Also
deine Farbe Herzchen, daran würde ich absolut nichts ändern. Ich habe schon lange
keine Blondine mit solch einer Naturhaarfarbe gesehen. Ach was red‘ ich da,
eigentlich noch nie! Es wäre ja geradezu ein Greul, daran etwas zu verändern.
Ich könnte ja nicht mehr ruhig schlafen!«
    Ok, also schon mal keine grünen
Haare. Der Punkt war also abgehakt.
    »Wir könnten was an der Länge machen.
Das sieht ja schon sehr normal aus«, und griff mir dabei in die unteren
Spitzen.
    »Solange ich nicht auf einer Seite
eine Glatze habe, ist alles ok. Schließlich muss ich mich auch noch auf Arbeit
sehen lassen können.«
    »Achja Jessica sagte schon, dass du
so eine richtige Karrierefrau bist. Na dann wollen wir den hohen Herren mal
zeigen, wo der Hammer hängt«, sprach er und sprang mit gezückter Schere auf.
    Danach ging alles ganz schnell, mein
Glas Prosecco wurde nie leer und der Berg mit abgeschnittenen Haaren wurde
immer größer. Einen Pferdeschwanz konnte ich daraus auf jeden Fall nicht mehr
machen, geschweige denn einen Dutt.
    Als er fertig war stand Jacques
selbstgefällig hinter mir und bestaunte sein Werk. Meine Haare umrahmten im
sanften Bogen mein Gesicht und ein nach vorn länger werdender Bob umspannte
meinen Kopf. Die längsten Haare berührten nicht einmal meine

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