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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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wusste nicht, was das alles war. Ich
wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Ich wusste nicht, wie ich auch
nur einen Tag ohne ihn an meiner Seite überlebt hatte. Ich wusste nicht einmal,
ob ich mir um meinen Geisteszustand nun ernsthafte Sorgen machen musste.
    Ich wusste nur, dass dieser Moment so
vertraut war, mich so glücklich machte, dass es nicht falsch sein konnte. Egal
was es war.

Kapitel 9
     
    Ich war gerade dabei meine Unterlagen
für eine anstehende Designumstellung zusammenzustellen, als Herr Merckel
plötzlich neben meinem Schreibtisch stand. Er wirkte aufgebracht, eher
untypisch für ihn.
    »Emilia, haben Sie heute Nachmittag
ab 14 Uhr irgendwelche Termine?« Sein Gesichtsausdruck war ernst und
konzentriert.
    Verblüfft sah ich ihn. »Nun ich
glaube nicht.«
    »Sehr gut, dann kommen Sie bitte
nachher in den Konferenzraum. Ich möchte Sie mit dabei haben«, sprach er und
verließ mich ebenso abrupt wie er gekommen war.
    Ich hatte kaum Gelegenheit, diese
Nachricht einzuordnen, als Clara auf mich zugestürmt kam. Sicherlich hatte sie
alles gehört, schließlich hatte Herr Merckel nicht gerade leise gesprochen und
ihr Schreibtisch war nur wenige Schritte entfernt.
    »Emilia!«, stöhnte sie völlig
aufgebracht. »Weißt du denn nicht was das bedeutet?!«
    Ich konnte ihr nicht folgen.
    »Heute wurde eine Vorstandssitzung
anberaumt! Alles ganz überstürzt. Alle Führungskräfte wurden dazu eingeladen!
Wirklich alle! Aus jedem Standort! Herr Schmidt musste sogar seinen Urlaub
unterbrechen und der war auf den Fidschis!«
    Jede Führungskraft? Alle? Aber ich
war doch gar keine.
    »Das ist ja so eine Ehre, dass du mit
dabei sein darfst. Ich kenne sonst niemanden, der dazu eingeladen wurde.« Immer
noch atmete sie hektisch. Offensichtlich hatte sie die Dimensionen eher
verstanden als ich.
    Langsam ließ ich jede Information
nochmals durch meine Gehirnwindungen tröpfeln.
    »Oh«, entfuhr es mir. »OOHHHHHHHHHH!«
    Claras Telefon klingelte und schon
ließ sie mich mit dieser Hiobsbotschaft allein.
    Was sollte das alles? Ich war weder
Führungskraft noch eine der auserwählten Wissensträger meiner Abteilung, die
manchmal zu solchen Meetings eingeladen wurden, um ihr Fachwissen zum Besten zu
geben. Aber Herr Merckel schien sich sicher zu sein, dass mein Beisein
unabkömmlich sei. Das hatte seine Miene mehr als unterstrichen. Was sah er nur
in mir, dass ihn da so sicher sein ließ?
    Und warum war das alles so überstürzt?
Normalerweise wurde der Führungskreis quartalsweise zusammengerufen. Feste
Termine, die bereits für das gesamte Jahr geplant waren, keine Überraschungen.
Und jetzt wurden alle in Windeseile zusammengekarrt und zu allem Überfluss
sollte ich mit dabei sein – in der Höhle des Löwen.
    Es war zwar nicht das erste Mal, dass
ich wichtigen Treffen beiwohnen durfte, aber das war doch eine Nummer größer,
viel größer.
    Bis 14 Uhr hatte ich noch knapp drei
Stunden Zeit. Ich würde alle potentiellen Quellen – Geschäftsberichte,
Kundenzahlen, Schaltungen, Buchungen – durchgehen, um zumindest ein bisschen
vorbereitet zu sein und mir nicht die Blöße des dummen Blondchens geben zu
müssen.
    * * *
    Stillschweigend saß ich da und sah
zu, wie die Spiele begannen. Allen stand ihre Anspannung ins Gesicht
geschrieben, denn auch sie waren von dem Termin ebenso überrascht worden wie
ich.
    Einige beäugten mich kritisch und ich
konnte ihre Gedanken förmlich greifen – Was macht die hier?
    Sie alle waren hochdotierte Manager
und spielten in einer ganz anderen Liga als ich. Und doch war ich diejenige,
die gegenüber von Herrn Merckel, dem Geschäftsführer, saß. Er schenkte mir kurz
ein aufmunterndes Lächeln, doch rasch wurde seine Miene wieder steif und
förmlich.
    Der Raum war angefüllt mit
Testosteron, so dass man die Luft fast hätte schneiden können. Ich war die
einzige Frau und noch dazu mit Abstand die Jüngste. Sie alle hätten meine Väter
sein können, was die Situation nicht wirklich angenehmer machte.
    Hatte Herr Merckel überhaupt über die
Konsequenzen seiner Einladung nachgedacht? Oder war ich das Lamm, das zur
Schlachtbank geführt werden sollte? Warum war ich hier?
    Ein Wortgefecht jagte das Nächste und
deren Grenzen verschwammen immer mehr zu einer einzigen undurchdringlichen
Debatte, in der niemand mehr auf die Fragen des anderen antwortete.
    »Warum sagst du denn nichts?«
    Ich erschrak beim Klang seiner Stimme
in meinem Kopf und kurze Zeit später sah ich ihn am

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