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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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einer.
    Das Vogelhaus zog sich über mehrere
Meter den Weg entlang. In jeder Voliere waren andere Arten untergebracht, die
fröhlich vor sich hin zwitscherten. In der einen tummelte sich eine Schar von
Wellensittichen, in der Nächsten saßen zwei Aras auf einer Stange und putzen
sich gegenseitig das Gefieder.
    Der nächste Vogelkäfig schien leer zu
sein und ich wollte schon weiter gehen, als ich ein vereinsamtes Piepen hörte.
Auf einem hinteren Zweig, fast verborgen durch das davor hängende Geäst, saß
ein kleiner Papagei – und er sah übel zugerichtet aus. Das Gefieder war
durcheinander, ganz stumpf, und seine Brust war kahl gerupft. Wieder piepte der
zierliche Vogel und klang dabei fast traurig.
    Erst jetzt bemerkte ich, dass ich
nicht allein war. An einem der Gitter stand ein Pfleger und harkte das Gehege
aus.
    Ich blickte auf das
Informationsschild vor mir. Bei dem Vogel handelte es sich um einen Agapornis,
auch Unzertrennliche genannt. Dort wo bei diesem kleinen gefiederten Kerl nur blanke
Haut zu sehen war, gab es normalerweise ein orangegelbliches Federkleid, das zu
den Beinen hin in ein helles Grün überging.
    »Sie hat ihren Partner verloren,
deshalb sieht sie so aus.« Der Pfleger hatte sich auf seine Harke gestützt und
sah mich durch den Maschendrahtzaun hindurch an. Es schien fast so, als wolle
er den Zustand seines Schützlings rechtfertigen.
    »Wissen Sie, diese Gattung lebt in
monogamen Partnerschaften. Aber so etwas wie mit ihr, habe ich auch noch nicht
erlebt.«
    »Wieso? Was meinen Sie?«
    »Normalerweise trauern Vögel nicht,
Tiere tun das übrigens im Allgemeinen nicht. Nicht so wie wir Menschen. Doch
die kleine Lotta hier, scheint uns eines Besseren belehren zu wollen.«
    Ich blickte den kleinen Vogel an. »Ich
versteh dich nur zu gut, kleine Lotta.«
    »Eigentlich hätte sie sich einen
neuen Partner suchen müssen, aber sie beißt jeden weg, der in ihre Nähe kommt.
Deshalb mussten wir sie hier allein unterbringen.« Er blickte betroffen zu ihr
hinauf. Dieser Mann schien seinen Beruf sehr zu lieben, so vertraut, wie er mit
den Tieren umging.
    »Sie braucht nur Zeit, das heilt alles
nicht so schnell…«
    »Nein, sie wird sterben.« Entgeistert
starrte ich ihn an. »Das ist der Lauf der Dinge«, zuckte er entschuldigend mit
den Schultern. »Wir werden geboren – wir lieben, wenn wir Glück haben – wir
sterben. Warum sollte es den Tieren anders ergehen als uns?«
    Wieder blickte ich zu der kleinen
Lotta. Sie war nur noch Haut und Knochen. Wie viel Zeit ihr wohl noch blieb?
    »Warten Sie, ich will Ihnen etwas
zeigen.«
    Er verschwand hinter einer Tür und
kam einige Minuten später zwischen zwei weiter hinten stehenden Volieren zum
Vorschein. Er winkte mir zu. Als ich bei ihm ankam führte er mich durch einen
Gang, der eigentlich nur für Mitarbeiter bestimmt war. Zumindest war das so,
wenn man der großen roten Beschriftung am Eingang Glauben schenken wollte.
    Abrupt blieb er stehen und seine
Stimme war nun nur noch ein leises Flüstern. »Sehen Sie die drei Kleinen dort
hinten?«
    Ich versuchte der Verlängerung seines
Armes zu folgen und blieb bei drei kleinen grünen Federkugeln hängen, dich sich
innig aneinander kuschelten. Dass es sich um mehrere handelte, konnte ich nur
an den einzelnen Köpfchen erkennen, die immer mal wieder aus der Masse hervor
lugten.
    »Sie sind erst ein paar Wochen alt
und brauchen noch eine Weile, bis sie sich an den Menschen gewöhnt haben.
Nachdem Lottas Partner gestorben war, hat sie ihr letztes Gelege allein
ausgebrütet. Sie hat sich aufopfernd um die Kleinen gekümmert bis diese flügge
wurden. Jetzt brauchen sie ihre Mutter nicht mehr.« Und dann sah er mich an. »Es
ist nicht vorbei – es hat nur eine neue Generation übernommen. Das ist die
Zukunft.«
    Ich wusste, dass er Recht hatte. Dass
sich die Welt weiter drehte, egal wie es einem selbst ging, hatte ich am
eigenen Leib gespürt.
    Doch mir würde sich keine neue
Generation anschließen – für mich gab es keine Zukunft.

Kapitel 11
     
    »Oh mein Gott Emilia, sieh dir das
an! In diesem Kleid habe ich den Arsch eines Brauereipferdes! – Jessica an
Emilia, hallo! – Hörst du mir überhaupt zu?«
    Ich sah auf und Jessica funkelte mich
böse an. Was hatte sie gerade gesagt?
    »Sieht doch sehr schön aus«,
antwortete ich in der Hoffnung, dass es passte.
    »Bist du von allen guten Geistern
verlassen?! Sieh dir doch nur mal meinen Hintern an!«
    Was hatte sie denn? Es war halt ein

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