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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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weit
ausgestelltes Kleid mit Reifrock. Was hatte erwartet? Aber jetzt, wo sie mir
ihren Allerwertesten genau vors Gesicht hielt, sah ich es ganz deutlich. Aus
der zierlichen Frau war eine runde Matroschka geworden, zumindest was ihren
Hintern betraf.
    »Wo bist du denn nur mit deinen
Gedanken? Wir wollten doch schöne Kleider anziehen und uns wie kleine Mädchen
im Kreis drehen. Aber seit wir angekommen sind, krieg ich von dir nur ein ›ist
ja schön‹ zu hören. Und du hast noch nicht ein einziges Kleid anprobiert!«
Beleidigt zog sie eine Schnute und stampfte zurück in die Umkleidekabine.
    »Ich hab mir den Nachmittag heute
wirklich anders vorgestellt«, jammerte es hinter dem Stoff hervor. »Reichst du
mir bitte mal das Nächste?«
    Neben der Garderobe stand eine vollbeladene
Kleiderstange. Die Verkäuferin hatte alles herangeschafft, nachdem Jessica ihr lang
und breit erklärt hatte, was sie sich vorstellte.
    Ein Kleid nach dem anderen glitt
durch meine Finger. Ich kannte Jessica gut genug – keines dieser Kleider entsprach
ihren Vorstellungen.
    Ich ließ meinen Blick über den Rest
des Ladens schweifen. Wir waren in einem kleinen Separee untergebracht, damit
wir ungestört der Anprobe frönen konnten. An einer der Seitenwände fand ich ein
bodenlanges, elfenbeinfarbenes Kleid. Das würde eher etwas werden, als diese
bonbonfarbenen Wunder auf der Stange.
    »Warum machen wir das eigentlich?«,
fragte ich Jessica und schob dabei den Traum in Weiß zu ihr in die Kabine. »Du
heiratest doch erst nächstes Jahr! Bis dahin sind es noch fast acht Monate!«
    »Ach Emilia, du musst noch so viel
lernen«, säuselte sie und schob dabei den Vorhang etwas beiseite. »Brautmode
unterliegt ebenso Trends, wie die andere Mode auch. Was diese Saison ›in‹ ist,
kriegst du nächstes Jahr schon gar nicht mehr. Und was, wenn ich das aus der
heutigen Saison aber lieber mag? Dann würde ich nächstes Jahr durch die
Geschäfte streifen und wäre totunglücklich!«
    »Aber du versuchst doch sonst auch
immer, den Trends zu folgen. Du hast deinen gesamten Kleiderschrank ausgeräumt,
als das fleischfarbene Zeug nicht mehr ›in‹ war.« Mir schwirrte der Kopf. Ich
würde diese Modewelt wohl nie verstehen und vor allem nicht, wie Jessica sich
so sicher darin bewegen konnte, ohne permanent einen Farbcrash zu erleiden.
    »Das war der Nude-Look«, rief sie mir
aus der Kabine zu.
    »Bitte was?«
    »Arg!« Der Vorhang wurde abrupt
beiseite gerissen. »Das war nicht das ›fleischfarbene Zeug‹. Das nennt man
Nude-Look!«
    »Du hättest jemand anderes fragen
müssen, wenn du Fachkompetenz erwartet hast«, wand ich entschuldigend ein und
hob die Schultern.
    »Jaja, ich weiß. Du kannst ja nicht
alles können. Hilfst du mir mal bitte bei der Schnürung?«
    Als sie heraustrat und sich in dem
bodentiefen Spiegel betrachtete, stand dort nicht nur eine Braut. Sie war eine Göttin,
elfengleich und wunderschön. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und
bewunderte mein Machwerk. Das hatte ich wirklich gut ausgesucht – nude hin oder
her.
    Ungläubig starrte sie in meine
Richtung und strich andächtig über den Stoff. »Das hing doch gar nicht auf der
Stange, oder?«
    »Ich fand es war Zeit für das Richtige
und nicht wieder eine andere Version des Brauereipferdkleides.«
    Ich konnte gar nicht so schnell
reagieren, wie sie mir schon freudig quietschend in die Arme sprang. Die Wucht
des Aufpralls erfasste uns beide und lachend landeten wir auf dem Sofa hinter
uns, eingehüllt in einem Berg aus weißem Stoff.
    »Und da fragst du mich, warum ich
dich mitgenommen habe?«
    Die Verkäuferin kam herein und
musterte uns streng. Anscheinend war unsere Lautstärke vorn im Laden unangenehm
aufgefallen.
    »Kann ich den Damen noch irgendwie
behilflich sein?« Ihre Lippen waren zu einer dünnen Linie zusammen gepresst.
    »Eine Flasche Champagner bitte. Ich
habe soeben mein Traumkleid gefunden«, antwortete Jessica souverän und die Frau
wand sich pikiert ab.
    Jessica drehte ihren Kopf zur Seite,
um mich besser ansehen zu können. »Du wirkst so nachdenklich? Was ist los
Emilia?« Noch immer konnten sich ihre Hände nicht von dem Kleid lösen und bedächtig
fuhr sie immer wieder über den Stoff. »Ist es etwa langsam Zeit für Fazit drei:
eine neue Liebe?«
    Seit sie mir das mit Christoph
erzählt hatte, schien sie nur noch eine rosarote Brille zu tragen. Jeden den
sie ansah unterstellte sie, auch er sei frisch verliebt und wenn das nicht
stimmte, dann würde

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