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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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angezogen.
Es war rückenfrei, ging mir bis zum Knie und war hinter meinem Nacken
zusammengebunden. Es war sein Lieblingskleid. Etwas, dass sich anscheinend
nicht geändert hatte.
    Ich ließ meinen Blick über die
Menschenmenge gleiten, doch ich konnte ihn nirgends sehen. Wie sollte ich ihn
in diesem Getümmel auch ausmachen?
    »Schau nach rechts.« Er klang weiter entfernt, als ich
vermutet hatte und ich erweiterte mein Blickfeld.
    Da entdeckte ich ihn – endlich. Er
stand neben einem verschlossenen Kassenhäuschen und erstrahlte bei meinem Anblick.
Ich drehte mich kurz im Kreis, ließ mein Kleid fliegen, damit er mich in voller
Gänze bewundern konnte und sein Lächeln wurde noch breiter. Ich bemerkte, wie
die Umstehenden mich kritisch musterten. Aber es war mir egal. Ich war nur für
ihn hier.
    »Das du mir auch immer so den Kopf
verdrehen musst! Komm zu mir, dann geht es schneller.«
    Verwundert sah ich ihn an.
    »Nun mach schon, vertrau mir!« , betonte er eindringlich.
    Eher widerwillig ging ich auf ihn zu.
Wenn das hier nur ein blöder Scherz war, waren die letzten zwanzig Minuten
Wartezeit umsonst gewesen. Ich sah kurz nach hinten, aber mein freigegebener
Platz wurde bereits von nachrückenden Besuchern blockiert.
    Als ich kurz vor ihm stand, wurde die
Jalousie des eben noch verschlossenen Kassenhäuschens nach oben gezogen.
    »Kasse 8 ist nun für sie geöffnet«,
schallte es aus den oben angebrachten Lautsprechern. Schnell hatte sich eine
neue Schlange gebildet, nur diesmal stand ich an ihrem Anfang.
    Ich kaufte eine Karte und folgte
Robert, der schon einige Meter den Weg entlang spaziert war.
    »Woher hast du das gewusst?«, fragte ich ihn immer noch
verwundert.
    »Spielt das denn eine Rolle?«
    »Nein, aber…«
    »Kein aber«, unterbrach er mich. »Wir haben
eine Abmachung, schon vergessen? Keine Fragen!« Strafend blickte er mich
von oben herab an. Ich mochte es nicht, wenn er das machte. Es hatte etwas
Oberlehrerhaftes und ich kam mir dabei immer vor, wie ein ungezogenes kleines
Mädchen, das ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Zerknirscht biss ich mir
auf die Lippen und schluckte jeglichen weiteren Einwand herunter. Ich konnte es
mit Heerscharen von egozentrischen Männern aufnehmen, war nie um einen Spruch
verlegen, aber bei Robert wurde ich immer ganz schwach und zerbrechlich.
    Neben meiner Eintrittskarte hatte ich
einen Parkplan erhalten, der die riesigen Ausmaße des Zoos erst greifbar machte.
Auf der Karte war ein Pfad eingezeichnet, der sich durch die Anlage schlängelte,
damit man auch ja kein Tier verpasste.
    Wir kamen an einer Kreuzung an –
rechts oder links. Ich blickte auf meinen Plan. Der Rundkurs schlug die rechte
Abbiegung vor, doch als ich diesen Weg entlang sah, waren dort nur Menschen,
überall Menschen.
    Ein Stöhnen entfuhr mir. Was hatte
ich auch erwartet? Das sich die Leute nach dem Kauf ihrer Karte in Luft
auflösten?
    »Lass uns doch mal richtig rebellisch
sein und gegen den Strom schwimmen« , beschwor Robert mich . Mit einer galanten Verbeugung
zeigte er auf den linken Weg. Auch hier kamen uns zwar einige vereinzelte
Besucher entgegen, aber ihre Zahl war vernachlässigbar klein.
    »Ich wusste gar nicht, dass du in
deiner Abwesenheit unter die Revoluzzer gegangen bist« , lachte ich und folgte seinem
Beispiel. Den Plan ließ ich ein paar Meter weiter im nächsten Mülleimer
verschwinden. Irgendetwas sagte mir, dass ich ihn heute nicht mehr benötigen
würde. Schließlich hatte ich Robert an meiner Seite.
    Wir gingen an der Kleintieranlage
vorbei, sahen den Wildpferden zu, wie sie bockig über die Wiese rannten, durchquerten
Afrika, mit den anmutigen Giraffen und brüllenden Löwen und beobachteten das
Orang-Utan-Junges dabei, wie es immer wieder versuchte, sich aus dem liebenden
Griff seiner Mutter zu befreien, um mit den anderen zu spielen.
    Alles war ganz friedlich und nur ab
und zu begegneten wir anderen Besuchern. Der größte Teil von ihnen war direkt
in die neue Tropenhalle geeilt und so hatte ich das Gefühl, mit Robert beinahe
allein zu sein.
    Auf einer Bank an einem kleinen
Weiher, abseits des Hauptpfades, ließen wir uns nieder. Ich schloss die Augen
und reckte mein Gesicht der Sonne entgegen. Ihre Wärme erfüllte mich und ihre
Strahlen streichelten über meine Haut.
    Und ich spürte Roberts Blick - den
Blick, den ich niemals ausblenden konnte. Unwillkürlich sah ich ihn an. Kleine
Lichtpunkte tanzten vor meinen Augen auf, so sehr war ich von der Kraft

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