Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
es eben bald soweit sein. Ich konnte ihr nicht einmal böse
sein. Es war einfach schön, sie so glücklich zu sehen. Keinem anderen Mann war
dies bis jetzt gelungen.
Ich hatte die beiden das erste Mal in
meiner Wohnung zusammen erlebt, als Jessica ihr Versprechen wahr gemacht hatte,
das Christoph meine Wohnung streichen würde. Das alles war mir mehr als
peinlich und so hatten wir uns darauf geeinigt, dass die Küche genügen würde.
Das Kükengelb war verschwunden und nun prangte dort ein großer roter Steifen
auf weißem Grund.
Sie waren so liebevoll miteinander
umgegangen und obwohl er Jessica offensichtlich vergötterte, zeigte er ihr auch
ihre Grenzen auf. Etwas, dass sie noch mehr benötigte, als auf Händen getragen
zu werden.
»Weißt du Christoph hat einen großen
Bruder.« Sie zwinkerte mir verschmitzt zu. »Er ist nur zwei Jahre älter als
wir, ist Sportwissenschaftler – das heißt er sieht verdammt gut aus – und er
kommt uns nächste Woche besuchen. Ich könnte euch bekannt machen!« Plötzlich
klang sie ganz aufgeregt. Wenn sie eins lieber mochte als shoppen, dann war es Menschen
miteinander zu verkuppeln und Amor persönlich zu spielen.
»Oh Gott bewahre, bitte nicht schon
wieder«, stöhnte ich auf.
»Was hast du denn? Dann wären wir
Schwägerinnen! Das wär doch super!«
»Wir sind doch im Grunde schon
verwandt. Du bist wie meine kleine nervige Schwester, die ich nie hatte«,
neckte ich sie.
»Hey du bist nur fünf Monate älter
als ich, das zählt nicht!« Kurz zog sie eine Schnute und sah mich mit ihren
großen Kulleraugen an. »Jetzt aber mal ehrlich, was ist los? Du bist heute
schon den ganzen Tag abwesend. Ständig schaust du auf die Uhr, als würdest du
auf jemanden warten.«
Das war mir gar nicht aufgefallen, aber
jetzt wo sie es ansprach – sie hatte Recht. Ich wartete auf ihn, ich wartete
darauf, dass Robert wieder auftauchen würde. Er war jetzt schon fünf Tage
spurlos verschwunden und mit jeder Stunde machte ich mir mehr Sorgen, dass er
niemals wieder kommen würde, dass sich doch alles in einen schönen aber
endlichen Traum auflöste.
Die inzwischen mehr als säuerlich
dreinblickende Verkäuferin brachte uns eine neue Flasche Champagner in einem
prunkvollen Sektkühler. »Wenn Sie noch etwas brauchen, Sie finden mich in der
unteren Etage«, sagte sie und verließ den Raum. An der Tür blieb sie nochmals
kurz stehen und fügte hinzu: »Flecken verpflichten zum Kauf« und war verwunden.
»Was für eine Zimtzicke. Natürlich
kaufe ich dieses Kleid, wie könnte ich auch nicht«, murmelte Jessica und goss
uns beiden ein.
»Ich warte auf Robert«, flüsterte ich
mehr zu mir selbst als zu ihr.
Entsetzt starrte sie mich an, sie
verharrte förmlich in der Bewegung und als sie den ersten Schock überwunden
hatte, leerte sie ihr Glas in einem Zug.
»Sag mir bitte, dass ich mich gerade
verhört habe!«, raunte sie mir zu und schenkte sich nach.
»Es ist nicht so wie du denkst.«
»Dann erklär es mir bitte. Ich bin
ganz Ohr.« Wieder diese braunen Kulleraugen. Ich könnte sie niemals anlügen,
aber was sollte ich schon sagen?
»Ich glaube ich werde verrückt
Jessica.« Das war zumindest schon mal ein guter Anfang und nicht ganz so weit
von der Wahrheit entfernt. »Ich höre seine Stimme in meinem Kopf, ich sehe ihn
vor mir. Es ist alles so real! Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.«
Jetzt würde sie mich einweisen lassen – ganz bestimmt.
»Oh mein Gott«, stammelte sie und ein
weiteres Glas war leer.
»Ja, ich weiß, dass ist…«
»Das ist ja wie in Ghost – Nachricht
von Sam!« Sie sprang auf und holte nun die gesamte Flasche zu uns herüber. »Du
bist Demi Moore und er ist Patrick Swayze – oder vielmehr bist du Molly Jensen
und er ist Sam Wheat. Gott ich habe den Film bestimmt schon tausend Mal gesehen
und immer wieder geheult wie ein Schlosshund, in der Szene als…«
»Hast du mir gerade zugehört, was ich
dir erzählt habe?«
»Ja natürlich, davon rede ich ja die
ganze Zeit. Er ist ein Geist und er versucht noch seine unerledigten Dinge zu
erfüllen! Wahrscheinlich war das gar kein natürlicher Tod und jetzt will er
seinen Mörder zur Strecke zu bringen, wie Sam Wheat!«
Ok, ich hatte damit gerechnet, dass
sie mir kein Wort glauben würde, vielleicht sogar lacht, aber das hier war mehr
als fraglich. Robert ein Geist, der noch etwas zu erledigen hatte?
»Oh warte, warte, warte.« Sie verharrte
ganz regungslos. »Ist er im Moment hier?«, flüsterte
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