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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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er war zu stark und durchfuhr jede
Faser meines Körpers.
    Irgendwann, ich weiß nicht wann, wie
lange ich bebend dort gelegen hatte, glitt ich in einen traumlosen Schlaf.

 
     
     
     
    Teil
II
     
    »Wir
müssen einem Leben Lebewohl sagen, bevor wir in ein anderes eintreten können.«
    (Anatole
France)

Kapitel 15
     
    Das Feuer im Kamin flackerte wild und
das Prasseln des trockenen Holzes erfüllte den Raum. Alles war in einem sanften
Orangeton gehüllt und Schatten tanzten die Wände entlang. Es war ein Schauspiel
voller Chaos, ohne Regeln – und doch beruhigend.
    Der Kamin war die einzige Lichtquelle
im Raum, aber selbst diese brauchte ich nicht, um mich zu Recht zu finden –
nicht mehr. Licht war wohl das, was ich inzwischen am wenigsten brauchte. Aber
doch waren es die Flammen mit ihrer Helligkeit, die meine Gedanken ablenkten
und zumindest etwas Hoffnung spendeten. Nichts war hoffnungsloser als die vollkommene
Dunkelheit, auch wenn man ein Teil von ihr war.
    Wozu war ich nur geworden? Was hatte
ich nur getan?
    Immer wieder sah ich ihr Gesicht vor
mir und den Schmerz, den ich ihr zugefügt hatte. Den Schmerz, den auch ich
empfand und der mich förmlich zerriss. Und doch, es ging nicht anders. Sie
musste in Sicherheit sein, auch wenn es für mich den größten Schmerz bedeutete.
    Sie würde ein neues Leben beginnen –
irgendwann. Ein Leben ohne mich und es würde ihr gut dabei gehen. Sie würde
glücklich und in Sicherheit sein. Etwas, dass ich ihr nicht mehr bieten konnte.
Ich selbst war zu der Gefahr geworden, eine tödliche Bedrohung, ein finsteres
Schicksal.
    Das penetrante Kribbeln auf meiner
Brust holte mich in die Wirklichkeit zurück. Kratzend fuhr ich mit meinen
Fingern über die Stelle, an der vor ein paar Tagen noch eine tiefe Narbe in
meinem Fleisch geprangt hatte. Die Narbe, deren Anblick sie völlig
verängstigt hatte. Sie hatte Angst um mich gehabt, dabei hätte sie
lieber Angst vor mir haben sollen.
    Ich sah an mir hinab, doch die
Überreste des Angriffs waren bereits nicht mehr zu erkennen. Meine Haut war wieder
völlig intakt. Nur mein Geist wusste noch, dass es einmal nicht so gewesen war.
    Mein Körper hatte sich verändert,
schien keinen bekannten Gesetzmäßigkeiten mehr zu gehorchen. Jede Wunde heilte
in Minutenschnelle und wenige Tage später war jede Spur von ihr verschwunden, getilgt,
als hätte es sie nie gegeben. Doch ich wusste, dass dort etwas gewesen war und
ich fühlte es noch immer, auch wenn es nicht mehr sichtbar war.
    Das näherkommende Knarren der
Holzdielen verriet ihn. In dieser alten Villa, die zu meinem neuen Zuhause
geworden war, konnte man sich normalerweise nicht bewegen, ohne dass man sich
durch seine eigenen Schritte verriet. Normalerweise, aber was war an unserer
Situation, an unserem Dasein, schon normal geschweige denn an uns selbst.
    Er war kein normaler Mensch, genauso
wenig wie ich einer war. Er hätte sich lautlos bewegen können, ohne auch nur das
kleinste Geräusch zu verursachen oder die geringste Spur zu hinterlassen. Und
doch warnte er mich mit seinen Schritten vor.
    »Warum auf einmal so feinfühlig
Richard?«, raunte ich in den Raum, wohlwissend, dass er mich hören konnte. Ich
nippte an meinem Whiskey und ließ das brennende Gefühl meinen Hals hinab
gleiten.
    »Du bist wieder zurück?«, fragte
Richard und trat neben den Kamin.
    Ich konnte ihm nicht in die Augen
sehen. Zu sehr hatte das, was er von mir verlangt hatte, geschmerzt. Zu viel
hatte ich damit vernichtet.
    Mein Glas war leer und nur die
kleinen Überreste eines Eiswürfels befanden sich am Grund. Ohne ihn eines
Blickes zu würdigen stand ich auf und ging zur Anrichte, auf der noch eine
halbvolle Flasche des schottischen Goldes auf mich wartete.
    »Was willst du noch? Ich habe es
getan, ich habe sie verlassen. Das war es doch, was du wolltest, oder nicht?«
    »Du weißt, warum ich es von dir
verlangt habe. Es gab keinen anderen Weg. Du hattest deinen Abschied. Nun musst
du es ruhen lassen.« Seine Stimme klang wie immer warm und ruhig, beinah
väterlich. Doch mochte der Klang seiner Worte noch angenehm sein, in ihrem
Inhalt lag der pure Spott.
    Ich stürzte das volle Glas hinter und
das Brennen erreichte bei der Menge sogar meinen Magen. Wohlige Wärme breitete sich
in meinem Bauch aus und war zumindest für den Bruchteil einer Sekunde dazu in
der Lage, die Kälte und Dunkelheit zu vertreiben.
    »Ich weiß ja nicht, was du unter
einem Abschied verstehst, aber ohne Erklärung zu gehen,

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