Schatten der Hölle: Der Blutkrieg der Weißen Hexen (German Edition)
Dich jetzt.“ Sein Ton war sehr bestimmend. Doch ich ließ mich nicht beeindrucken. „Ich bin kein Kind mehr und suche mir meine Begleiter selbst aus.“
Vater gab klein bei und intervenierte nicht mehr. Er wollte anscheinend keinen Unfrieden schaffen und nicht die Stimmung trüben. Doch sein Verhalten fand ich schon merkwürdig und blieb misstrauisch. Wir stießen an und schwiegen eine Zeitlang.
„Wie geht es Mama?“, provozierte ich.
„Mama? Gute Frage. Sie zog es vor, eigene Wege zu gehen“, antwortete er und ich vernahm eine Bitterkeit und Enttäuschung in seiner Stimme.
„Welche eigenen Wege?“, hakte ich nach.
„Nun“, erwiderte er. „Deine Mutter konnte sich ja nie unterordnen und vertraute immer den falschen Leuten.“
„Habe ich so nicht in Erinnerung“, konterte ich.
„Du warst lange fort. Mutter hat sich verändert.“
Ich stutzte: „Und wie verändert?“
Vater brach das Gespräch ab. „Lass uns schlafen gehen und morgen weiterreden. Ich muss noch etwas erledigen. Dein Jugendzimmer ist noch so wie früher.“
Er ging ins Wohnzimmer und ließ mich alleine. Eines war sicher. Vater war etwas seltsam. Aber vielleicht waren das die Spuren der Einsamkeit und des Kummers. Die letzten Jahre schienen nicht einfach für ihn gewesen zu sein. Ich wollte die nächsten Tage mehr darüber erfahren. Und vor allem herausfinden, was mit Mama tatsächlich geschehen war. Vater sprach in Rätseln und ich wollte einfach Klarheit haben, was mit ihm und meiner Mutter geschehen war. Pipo und ich gingen in mein Zimmer. Ich fiel todmüde ins Bett und schlief sofort ein.
Mitten in der Nacht erwachte ich und hörte Stimmen, die von der Terrasse in mein Zimmer hallten. Ich trat ans Fenster und hörte Männer tuscheln. Mein Vater war auch dabei. Als ich einen Blick nach unten riskierte, erkannte ich neben meinem Vater zwei weitere Männer. Ich konnte sie wegen der Dunkelheit nur schwer erkennen. Doch sie waren groß gewachsen, hatten Glatzen und waren von hagerer Gestalt.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, mein Vater blickte zu mir nach oben. Ich eilte wieder in mein Bett und hielt den Atem an. Irgendetwas war hier nicht in Ordnung. Das spürte ich.
Mein Ring zeigte zwar keine Gefahr an, doch die Bedrohung war auch noch nicht akut. Aber Merkwürdiges lag in der Aura und ich entschloss mich dazu, am nächsten Tag alles zu regeln und dann möglichst diesen Ort zu verlassen. Vielleicht hatten meine Hexen-Schwestern Recht und Vater war wirklich eine Gefahr für mich. Wenn er einem dunklen Orden angehörte, war ihm vieles zuzutrauen.
Ich schlief irgendwann wieder ein und kurz nach Sonnenaufgang wurde meine Zimmertür geöffnet.
Vater stand an meinem Bett und ich erschrak zutiefst. Das erste Mal konnte ich sein Gesicht deutlich erkennen. Es war fahl, wirkte leblos, war faltig. Er schien um Jahre gealtert. Seine Haare waren ungepflegt und die ganze Erscheinung hatte keine Freundlichkeit mehr, keine Energie, keinen Funken Liebenswürdigkeit. Alles wirkte aufgesetzt und falsch.
„Wir haben Besuch“, sagte er mit einer monotonen Stimme. „Komm zum Frühstück.“ Ich blickte ihn entgeistert an: „Um diese Zeit?“
„Ja, es lässt sich nicht aufschieben“, erwiderte er. „Zieh Dir was drüber und komm nach unten. Es sind freundliche, wichtige Menschen da.“
Ich war noch immer perplex, doch wollte ich jetzt keinen Streit vom Zaun brechen, nahm meinen Bademantel, zog ihn an und folgte Vater nach unten.
Schon als ich das Wohnzimmer betrat, wo der Frühstückstisch gedeckt war, merkte ich, dass etwas nicht in Ordnung war. Dann erblickte ich sie: Zwei Männer. Es mussten die von gestern Nacht gewesen sein. Sie sahen aus wie der Tod persönlich. Schwarze Anzüge, weiße Haare, stechende schwarze Augen, dünne, faltige Hände und eine zerfurchte Haut. Sie musterten mich von oben bis unten und schwiegen. Ihre Blicke gingen mir in Mark und Darm.
„Zieh Ihren Ring ab“, befahl der eine trocken und Vater griff nach meiner Hand. Ich wehrte mich, doch er war stärker und riss mir grob den Ring vom Finger.
„Sie ist es“, sagte der andere und dann war es um mich geschehen. Sie traten zu mir, hauchten mich an und mir wurde eiskalt. Mein Körper erstarrte und mein Innenleben wurde zu Eis. Die Organe waren kalt, meine Seele wurde immer kühler und das Denken starr.
Der Todeshauch hatte mein Leben besiegelt. Ich sah nur noch, wie Pipo davonflatterte
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