Schatten der Liebe
Begleiter eingeschlossen, in den Schatten.
Stuart, der bemerkt hatte, wie Meredith plötzlich zusammengezuckt war, unterbrach seinen Diskurs über das Jurastadium und folgte ihrem Blick. »Oh, Rosemarys Bruder ist hier«, sagte er.
»Ja, ich weiß«, antwortete Meredith, ohne zu merken, wie verträumt ihre Stimme klang.
Stuart hörte es und schnitt eine Grimasse. »Ich möchte nur wissen, wie Parker Reynolds das macht, daß alle Mädchen ganz verrückt nach ihm sind?« sagte er mit trockenem Humor. »Ich meine, nur weil er größer, älter und fünfmal schicker ist als ich, warum solltest du ihn mir vorziehen?«
»Mach dich doch nicht schlechter, als du bist«, entgegnete Meredith geistesabwesend und sah zu, wie Parker quer durch den Ballsaal schritt, um den Pflichttanz mit seiner Schwester zu absolvieren. »Du bist sehr intelligent und sehr nett.«
»Das trifft auch auf dich zu.«
»Du wirst bestimmt ein genauso guter Rechtsanwalt wie dein Vater.«
»Würdest du nächsten Samstag mit mir ausgehen?«
»Was?« Meredith schnappte nach Luft. »Ich meine«, fuhr sie rasch fort, »es ist sehr nett von dir, mich einzuladen, aber mein Vater läßt mich nicht ausgehen, bevor ich sechzehn bin.«
»Danke, daß du mir das so schonend beibringst.«
»So war das nicht gemeint!« antwortete Meredith, vergaß dann aber alles, weil einer von Rosemarys Freunden Parker abgelöst hatte und dieser sich in Richtung Ausgang bewegte. »Entschuldige mich, Stuart«, sagte sie ein wenig hilflos, »aber ich muß Parker etwas geben!« Ohne zu merken, daß zahlreiche Augenpaare sie amüsiert beobachteten, eilte Meredith quer über das Parkett und erreichte Parker gerade in dem Moment, in dem er mit seinen Freunden den Saal verlassen wollte. Die beiden blickten sie verwundert an, wie einen seltsamen Käfer, der mitten zwischen sie geraten war, dann lächelte Parker aber warm und aufrichtig: »Hallo, Meredith. Amüsierst du dich gut?«
Meredith nickte und hoffte, daß er sich an sein Versprechen erinnern würde, mit ihr zu tanzen. Als er sie jedoch nur erwartungsvoll ansah, sank ihre Stimmung auf einen neuen Tiefpunkt. Das Blut stieg ihr in die heißen Wangen, als sie mit einiger Verspätung bemerkte, daß sie ihn in ehrfurchtsvollem Schweigen anstarrte. »Ich - ich habe etwas für dich«, sagte sie mit zittriger Stimme und kramte in ihrem Abendtäschchen. »Ich meine, mein Vater wollte, daß ich dir das hier gebe.« Sie zog den Umschlag mit den Opernkarten und der Geburtstagskarte heraus, aber die Perlenkette hatte sich damit verheddert und fiel zu Boden. Hastig bückte sie sich danach - in demselben Moment wie Parker, so daß die beiden mit den Köpfen zusammenstießen. »Tut mir leid!« rief sie, während er »Autsch!« sagte. Als sie sich wieder aufrichtete, fiel Lisas Lippenstift aus ihrer offenen Tasche, und Jonathan Sommers, einer von Parkers Freunden, bückte sich, um ihn aufzuheben. »Warum schüttest du nicht gleich den ganzen Inhalt deiner Tasche auf den Boden, dann können wir alles auf einmal aufheben«, spöttelte Jonathan, dessen Atem stark nach Alkohol roch.
Mit Schrecken bemerkte Meredith das Gelächter der Eppingham-Schüler, die das Ganze neugierig beobachteten. Sie drückte Parker den Umschlag in die Hand, stopfte Perlen und Lippenstift zurück in die Tasche, drehte sich mit den Tränen kämpfend um und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Hinter ihr stehend, erinnerte Parker sich endlich an den Tanz. »Was ist mit dem Tanz, den du mir versprochen hast?« fragte er gutmütig.
Meredith fuhr herum, und ein Leuchten flog über ihr Gesicht. »Oh, das. Das hatte ich ganz - vergessen. Willst du wirklich? Mit mir tanzen, meine ich?«
»Das ist das verlockendste Angebot des ganzen Abends«, erwiderte er galant, und während die Musiker »Bewitched, Bothered and Bewildered« spielten, lag Meredith in Parkers Armen und erlebte, wie ihr Traum Wirklichkeit wurde. Ihre Fingerspitzen fühlte den glatten Stoff seiner schwarzen Smokingjacke und seinen muskulösen Rücken. Sein Rasierwasser duftete würzig und wundervoll, und er war ein ausgezeichneter Tänzer. Meredith war so überwältigt, daß sie ihre Gedanken laut aussprach: »Du bist ein wunderbarer Tänzer«, sagte sie.
»Danke.«
»Und du siehst heute abend in deinem Smoking auch besonders gut aus.«
Er lachte leise, und Meredith, die den Kopf zurücklegte, um ihn besser ansehen zu können, sonnte sich in seinem warmen Lächeln, während er erwiderte: »Du siehst
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