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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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er Meredith später erzählte, damit vorgekommen war wie ein Stadtstreicher, der seine nächste Wochenration mit sich herumschleppte, hatte Philip nichtsdestoweniger die Pakete überbracht und in Bensonhurst auch weiterhin die Rolle eines Ersatzvaters gespielt.
    Gestern abend, zur Feier ihres High School-Abschlusses, hatte er Meredith mit einem wunderschönen rosefarbenen Topas an einer schweren Goldkette überrascht, die er bei Tiffany's erstanden hatte. Lisa schenkte er ein weit weniger wertvolles, aber fraglos geschmackvolles goldenes Armband mit ihren eingravierten Initialen. Auch das stammte von Tiffany's.
    Anfangs hatte Lisa nicht gewußt, wie sie mit ihm umgehen sollte, denn obwohl er zu ihr stets äußerst aufmerksam war, blieb er doch immer unnahbar und zeigte nie irgendein Gefühl - fast genauso, wie er sich Meredith gegenüber verhielt. Später dann, als Lisa seine Handlungsweise zu durchschauen glaubte, hatte sie Meredith vergnügt erklärt, daß Philip in Wahrheit ein weichherziger Teddybär sei, der viel bellte, aber nie biß. Diese völlig falsche Einschätzung hatte sie dazu verleitet, sich im folgenden Sommer bei ihm für Meredith einzusetzen. Lisa hatte Philip sehr höflich und mit ihrem bezauberndsten Lächeln erzählt, daß sie der Ansicht sei, Meredith verdiene ein klein wenig mehr Freiheiten während der Ferien. Philips Reaktion darauf war fürchterlich gewesen: Er nannte Lisa »undankbar«, und nur ihre geistesgegenwärtige sofortige Entschuldigung hatten ihn davon abgehalten, Bensonhurst anzurufen und vorzuschlagen, man solle ihr das Stipendium entziehen und an jemand anderen vergeben, der »dessen würdig sei«. Diese Konfrontation hatte Lisa in doppelter Hinsicht die Sprache verschlagen. Neben seiner unbeherrschten Art hatte sie seinen Worten endlich auch entnommen, daß sie ihr Stipendium nicht nur Philips Fürsprache verdankte, sondern daß es direkt von der privaten Stiftung der Bancroft-Familie finanziert wurde. Diese Entdeckung hinterließ in ihr das Gefühl totaler Unsicherheit und ärgerlicher Frustration, was ihre eigene Position anging.
    In Anbetracht der neuerlichen Einschränkungen, die er Meredith aufzwang, fühlte Lisa jetzt dieselbe ohnmächtige Wut und Verwirrung in sich aufsteigen. »Glaubst du wirklich, ganz ehrlich«, fragte sie, »daß er sich nur deshalb so als dein Wachhund gebärdet, weil deine Mutter ihn mit einem anderen Mann betrogen hat?«
    »Sie hat ihn nicht einmal betrogen, sie war eine richtige Nutte, die nach der Hochzeit mit jedem ins Bett gegangen ist, egal ob es der Pferdetrainer oder ein Lastwagenfahrer war. Sie machte meinen Vater absichtlich zum Gespött, indem sie mit schäbigen Herumtreibern ganz offen ein Verhältnis hatte. Parker hat mir auf meine Frage hin letztes Jahr erzählt, was seine Eltern von ihr gehalten haben. Offensichtlich wußte alle Welt, was für eine Person sie war.«
    »Das hast du mir alles erzählt, aber ich verstehe trotzdem nicht«, fuhr Lisa hartnäckig fort, »warum dein Vater sich verhält, als ob mangelnde Moralvorstellungen so eine Art genetische Fehlinformation seien, die du geerbt haben könntest.«
    »Aber er verhält sich ja gerade deshalb so«, erwiderte Meredith, »weil er das zum Teil wirklich glaubt.«
    Beide fühlten sie wie ertappt, als Philip Bancroft wieder ins Zimmer kam. Ein Blick auf sein grimmiges Gesicht genügte, und Meredith vergaß ihre persönlichen Probleme: »Was ist passiert?«
    »Dein Großvater ist heute morgen gestorben«, sagte er mit belegter Stimme. »Ein Herzinfarkt. Ich hole gleich meine Sachen aus dem Hotel. Für uns beide habe ich einen Flug gebucht, der in einer halben Stunde abgeht.« Er wandte sich an Lisa: »Ich verlasse mich darauf, daß du mein Auto nach Hause fährst.« Meredith hatte ihn überredet, mit dem Wagen anstatt mit dem Flugzeug zu kommen, damit Lisa mit ihnen zurückfahren konnte.
    »Selbstverständlich, Mr. Bancroft«, sagte Lisa schnell. »Und mein aufrichtiges Beileid zum Tod Ihres Vaters.«
    Als er gegangen war, kümmerte Lisa sich um Meredith, die leeren Blickes auf die offene Tür starrte. »Mer, geht es dir gut?«
    »Ich denke schon«, sagte Meredith, aber ihre Stimme klang eigenartig.
    »Ist dieser Großvater derjenige, der vor Jahren seine Sekretärin geheiratet hat?«
    Meredith nickte. »Er und mein Vater haben sich nie gut verstanden. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit ich elf war. Er hat aber hin und wieder angerufen und mit meinem Vater über das Geschäft

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