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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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letzte. Ich bin die halbe Zeit weg, also hast du dann nicht einmal mich zur Gesellschaft.« Das Lehrerkollegium von Bensonhurst war von Lisas Leistungen und ihrem künstlerischen Talent derart beeindruckt gewesen, daß man ihr ein sechsmonatiges Stipendium an einer europäischen Universität nach Wahl verschafft hatte. Lisa hatte sich für Rom entschieden und dort für Innenarchitektur eingeschrieben.
    Meredith lehnte sich resigniert mit dem Rücken an die Wand. »Um die nächsten drei Monate mache ich mir weniger Sorgen als um die Zeit danach«, sagte sie.
    Lisa wußte, daß sie auf den Kampf anspielte, den sie mit ihrem Vater darüber führte, welches College sie besuchen solle. Mehrere Universitäten hatten Lisa Stipendien angeboten, und sie hatte sich für die Northwestern University entschieden, weil auch Meredith dorthin wollte. Merediths Vater jedoch hatte darauf bestanden, daß sie sich im Maryville College bewarb, einem besseren Mädchenpensionat in der Nähe von Chicago. Daraufhin hatte Meredith sich bei beiden beworben und war von beiden angenommen worden. Jetzt waren die Fronten völlig verhärtet. »Glaubst du tatsächlich, daß du ihn davon abbringen kannst, dich nach Maryville zu schicken?«
    »Ich gehe einfach nicht hin!«
    »Du weißt das, und ich weiß das, aber dein Vater ist derjenige, der das Studium bezahlt, und du brauchst seine Zustimmung.«
    Seufzend sagte Meredith: »Er wird schon nachgeben, obwohl er schrecklich überempfindlich ist, was mich angeht. Trotzdem will er schließlich das Beste für mich, das weiß ich, und daß die Betriebswirtschaftliche Fakultät von Northwestern nun mal Spitze ist, muß auch er anerkennen. Ein Diplom von Maryville ist nicht einmal das Papier wert, auf dem es steht.«
    Lisas Ärger ging wie üblich in Verwirrung über, wenn sie an Philip Bancroft dachte. Sie hatte den Mann gründlich kennengelernt und konnte ihn doch nicht verstehen. »Ich sehe ja ein, daß er das Beste für dich will«, sagte sie. »Und ich gebe zu, daß er nicht so ist wie die meisten Eltern, die ihre Kinder hierher schicken. Er kümmert sich wenigstens um dich. Er ruft jede Woche an, und er war zu jeder größeren schulischen Veranstaltung hier.« In ihrem ersten Jahr in Bensonhurst war Lisa entsetzt darüber gewesen, wie wenig Zuwendung die anderen Kinder von ihren Eltern erhielten. Die teuren Geschenke, die regelmäßig mit der Post kamen, waren lediglich der Ersatz für elterliche Besuche, Anrufe oder Briefe. »Vielleicht sollte ich noch einmal allein mit ihm reden und versuchen, ihn davon zu überzeugen, daß er dich zur Northwestern gehen läßt.«
    Merediths Blick spiegelte bittere Ironie. »Und was, glaubst du, wirst du damit bewirken?«
    Lisa beugte sich vor, zerrte frustriert an ihrem Söckchen und band sich den Schuh neu. »Dasselbe wie letztes Mal, als ich mich für dich eingesetzt habe - er wird wieder denken, daß ich einen schlechten Einfluß auf dich ausübe.« Um genau das zu verhindern, hatte Lisa bis auf jenes eine Mal Philip Bancroft stets wie einen liebenswerten, respektierten Wohltäter behandelt, dem sie ihren Aufenthalt in Bensonhurst zu verdanken hatte. In seiner Gegenwart war sie die personifizierte Bescheidenheit, Höflichkeit und ein Beispiel weiblicher Zierde - eine Rolle, die ihrer wahren extrovertierten Persönlichkeit so kraß entgegengesetzt war, daß Meredith sich regelmäßig zusammenreißen mußte, um nicht laut herauszuplatzen.
    Anfänglich hatte Philip Lisa offenbar als eine Art Findelkind betrachtet, das er finanziell unterstützte und das ihn durch ihr positives Verhalten überraschte. Mit der Zeit aber hatte er auf seine eigene barsche Weise gezeigt, daß er stolz auf sie war und vielleicht sogar so etwas wie Zuneigung für sie empfand. Lisas Eltern konnten es sich nicht leisten, sie in Bensonhurst zu besuchen, und Philip vertrat sie nach Möglichkeit. Er lud Lisa mit zum Essen ein, wenn er Meredith ausführte, und zeigte sich auch an ihren schulischen Leistungen interessiert. Im Frühling ihres ersten Jahres in Bensonhurst hatte er sogar Mrs. Pontini durch seine Sekretärin fragen lassen, ob er Lisa etwas mitnehmen sollte, wenn er zum Elternwochenende nach Vermont flog. Mrs. Pontini hatte sein Angebot dankbar angenommen und sich mit ihm am Flughafen verabredet. Dort überreichte sie ihm eine große weiße Schachtel voller Canneloni und anderer italienischer Teigwaren sowie eine Plastiktüte mit würzig riechenden langen Salamis. Obwohl er sich, wie

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