Schatten der Liebe
Sekretärin ist dort und heult sich die Seele aus dem Leib. Jetzt habe ich Mitchell! Wir hatten recht - der Dreckskerl kassiert tatsächlich Provisionen.«
»Das sind vertrauliche Geschäftsinformationen«, sagte sie leise, »und ich arbeite nicht mehr hier.«
Er sah sie entsetzt an, und seine Bestürzung war so echt, daß es Meredith noch schwerer fiel, ihre Fassung zu bewahren. Dann sagte er nichts weiter als ein verbittertes: »Ich verstehe.«
Sie versuchte zu lächeln. »Ich bin sicher, das tun Sie.« Als sie sich zum Gehen wandte, legte er seine Hand auf ihren Arm und hielt sie zurück. Zum ersten Mal in den fünfzehn Jahren, die er Bancroft's Interessen hütete, brach Mark Braden seine eigenen Vorschriften; er gab geheime Informationen an jemand anderen als den zuständigen Geschäftsführer weiter. Er tat es, weil er fand, daß sie ein Recht darauf hatte, es zu erfahren. »Mitchell hat von verschiedenen Lieferanten beträchtliche Summen kassiert. Einer davon zwang ihn durch Erpressung dazu, das Präsidentenamt abzulehnen.«
»Und seine Sekretärin hat es herausgefunden und ihn angezeigt?«
»Nicht direkt«, erklärte Mark sarkastisch. »Sie weiß es schon seit einigen Wochen. Die beiden haben ein Verhältnis, und er hat sein Versprechen, sie zu heiraten, nicht eingelöst.«
»Und deshalb hat sie ihn angezeigt«, schloß Meredith.
»Nein. Sie ist zu mir gekommen, weil er ihr heute früh den jährlichen Leistungsbericht gegeben hat, auf dem er ihre Arbeit als >befriedigend< eingestuft hat. Können Sie sich das vorstellen?« schnaubte Mark. »Der Vollidiot stuft ihre Leistlingen als befriedigend ein, und außerdem weigert er sich plötzlich, sein Versprechen einzulösen, sie zur Einkäuferin zu befördern. Deshalb hat sie ihn angezeigt. Sie hatte sich schon damit abgefunden, daß er sie nicht heiraten würde, aber sie war verdammt scharf darauf, Einkäuferin zu werden.«
»Danke, daß sie es mir erzählt haben«, sagte sie und drückte einen freundschaftlichen Kuß auf seine Wange. »Ich hätte mir ewig Gedanken gemacht.«
»Meredith, ich möchte, daß Sie wissen, wie leid ...«
»Nicht«, sagte sie und schüttelte den Kopf, weil sie Angst hatte, ihre Selbstbeherrschung zu verlieren, wenn jemand ihr jetzt etwas Nettes sagte. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, drückte den Abwärts-Knopf des Aufzugs und sah dann Mark an. Lächelnd erklärte sie: »Ich muß zu einer außerordentlich wichtigen Party, und ich bin schon sehr spät dran. Ehrlich gesagt, ich werde ein uneingeladener, unwillkommener Gast sein . . .« Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich, und sie trat hinein. »Drücken Sie mir die Daumen«, fügte sie hinzu, während die Türen zugingen.
»Das mache ich«, sagte er traurig.
Matt stand vor dem Spiegel und band seine schwarze Smokingfliege mit derselben kühlen, effektiven Gleichgültigkeit, mit der er in den letzten beiden Tagen alles getan hatte. Noch vor wenigen Tagen hatte er davon geträumt, daß Meredith heute abend an seiner Seite stehen und mit ihm zusammen die Gäste begrüßen würde. Aber das war vorbei. Er würde sie endgültig aus seinen Gedanken verbannen, er würde sich nicht erlauben, an sie zu denken, sich an sie zu erinnern oder irgend etwas zu empfinden. Er hatte sie sich aus dem Herzen gerissen, und diesmal war es für immer. Pearson damit zu beauftragen, die Scheidung voranzutreiben, war der erste, schmerzhafteste Schritt gewesen. Was danach kam, würde einfacher sein.
»Matt ...«, unterbrach sein Vater seine Gedanken und betrat mit sorgenvoll gerunzelter Stirn den Ankleideraum, »unten ist jemand, der dich sprechen will. Ich habe dem Wachpersonal gesagt, daß sie die Dame herauflassen sollen. Sie sagt, sie sei Caroline Bancroft - Merediths Mutter -, und sie muß unbedingt mit dir reden.«
»Schick sie weg. Mit jemand, der den Namen Bancroft trägt, habe ich nichts zu besprechen.«
»Ich habe sie heraufkommen lassen, weil sie mit dir über die Bombendrohungen in den Kaufhäusern reden will. Sie sagt, sie weiß, wer dahintersteckt.«
Matt erstarrte einen Moment lang, dann zuckte er gleichgültig die Schultern und griff nach seinem schwarzen Smokingjackett. »Sie soll die Polizei informieren, wenn sie etwas weiß.«
»Zu spät. Ich habe sie bereits reingelassen. Sie ist hier.«
Fluchend drehte Matt sich um und sah, daß sein Vater die Frau tatsächlich mit an die Schlafzimmertür gebracht hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde traf ihn ihre Ähnlichkeit mit
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