Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
Hemmungen, ihr von meinem neuen Leben zu berichten, weil ich einfach weiß, dass alles, was ich ihr sage, auch bei ihr bleibt und keineswegs irgendwie von ihr schlecht geredet wird.
„Mir geht es eigentlich ganz gut. Ich bin nach Berlin gezogen und habe dort eine Ausbildung zum Fotografen gemacht. Momentan bin ich mit einem Freund gerade dabei, ein eigenes Atelier aufzubauen. Jan ist für das ganze Drumherum zuständig und ich für die Fotos und Aufträge. Heißt soviel, dass er sich um sämtlichen Papierkram und finanzielle Dinge kümmert und ich liefere sozusagen die Ware. Wir ergänzen uns hervorragend und sein Dad hat uns für den Anfang finanziell ordentlich unter die Arme gegriffen, solange bis das Geschäft richtig läuft. Dann zahlen wir ihm alles zurück. Und da ich meine Ausbildung bei einem wirklich angesagten Profi gemacht habe, kann ich einige Arbeiten vorweisen und als sehr erfolgreich verbuchen, sodass bereits erste Anfragen bei uns eingegangen sind. Wir müssen gewissermaßen nur noch die Feinheiten besprechen und unsere ersten Aufträge sind im Kasten“, kann ich es nicht verhindern, dass ich mich zurück zu meinen Fotos und meiner Arbeit sehne, die mir in den letzten Jahren über so einige schwierige Phasen hinweggeholfen haben und verfalle beinahe in eine regelrechte Träumerei, aus der mich Melissa jedoch sanft wieder herausholt.
„Das klingt sehr aufregend. Was macht ihr da genau? Ich meine, muss ich es mir wie einen ganz normalen Fotoladen vorstellen?“, scheint sie wirklich interessiert zu sein, wodurch ich mich gleich noch viel wohler fühle. Denn oft genug stößt man nur auf taktlose Kritik von Leuten, die einfach nur unwissend oder neidisch sind.
„Nein, ganz und gar nicht. Wir machen nur Auftragsarbeiten, sprich man bucht uns für irgendwelche Anlässe. Hochzeiten, Taufen, Events, wie Konzerte und was es eben so gibt. Außerdem stehen wir momentan mit einer namhaften Werbeagentur in Verhandlung. Sie wollen ein paar Probeshootings mit verschiedenen Models, um sich ein Bild von unserer Arbeit zu machen. Deshalb werde ich auch nicht lange hier bleiben können und so schnell wie möglich wieder zurück müssen“, beende ich meinen kleinen Bericht und muss schwer schlucken, weil mir allein der Gedanke, wieder ohne Marc von hier weggehen zu müssen und ihn erneut zurückzulassen, beinahe die Kehle zuschnürt, auch wenn von unserer früheren Vertrautheit rein gar nichts mehr da ist.
„Das klingt irgendwie aufregend“, strahlt Melissa mich heller als die Sonne an und vertreibt damit unbewusst, oder doch ganz gezielt, meine trüben Gedanken, wofür ich ihr so oder so ziemlich dankbar bin.
„Hier hat sich ja auch so einiges getan. Du hast dein eigenes Geschäft, richtig?“, lenke ich das Gespräch aber vorsichtshalber lieber auf sie, bevor ich doch wieder nur in Grübeleien verfalle und wie so oft in letzter Zeit in ekelhaftem Selbstmitleid zerfließe.
„Ja, seit knapp zwei Jahren und ich kann davon leben. Ganz gut sogar, immerhin habe ich einen Angestellten“, lacht sie erfrischend auf und wird dann schlagartig unerträglich ernst, als wäre ihre ganze fröhliche Fassade nur aufgesetzt. Was ein tiefes gequältes Seufzen von ihr nur noch intensiver verdeutlicht. Allerdings traue ich mich nicht wirklich nachzufragen, was ihre Stimmung so abrupt gekippt hat und kaue mir nervös auf der Unterlippe herum, bis sie mich beinahe durchdringend ansieht.
„Ich mach mir unheimliche Sorgen um Marc“, hätte sie mich nicht härter treffen können und fast schlagartig setzt mein Herzschlag aus, um sogleich unaufhaltsam schmerzhaft gegen meine Brust zu hämmern, weil jedes Mal allein sein Name ausreicht, um mein Inneres in Aufruhr und helle Panik zu versetzen.
„Wieso, ich meine … was ist denn mit ihm?“, spielt meine Fantasie ohne Probleme sämtliche Hiobsbotschaften durch, die ihr auf die Schnelle einfallen. Angefangen bei einer unheilbaren Krankheit, über Marcs Beitritt in einem Kloster bis hin zu seinem Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung , weil er sich als Frau im Körper eines Mannes gefangen fühlt. Wobei letzteres vermuten lässt, dass vorhin der Schlag mit der Tür doch irgendeinen Schaden in meinem Kopf angerichtet haben muss, anders würde ich auf so blödsinnige Ideen ja erst gar nicht kommen. Zumal Marc gestern ganz offensichtlich mit einer weiblichen Person vor meinen Augen rumgeknutscht hat und somit lesbisch wäre, was irgendwie nicht einmal in mein verqueres
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