Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
zögern in meine Arme schließe, um ihr zu zeigen, dass ich sie dennoch nicht weniger mag als früher. Immerhin ist sie auch so was wie meine große Schwester, die mich stets verteidigt und bei allem unterstützt hat. Mit ihr konnte ich schon immer über alles reden und ihr bedenkenlos meine Probleme anvertrauen und allein dieses Vertrauen wird uns niemals jemand nehmen können.
„Aber wir sind immer noch dieselben, nur etwas älter“, muss ich grinsen, weil sie es offenbar schöner gefunden hätte, wir würden immer die kleinen Jungs bleiben, die sie damals regelrecht angehimmelt haben.
„Nicht wirklich“, schüttelt sie merkwürdigerweise jedoch ihren Kopf und wendet sich von mir ab, um meinem forschenden Blick auszuweichen und geschäftig einen der Kartons, die noch immer zwischen der Tür zum Laden und wahrscheinlich dem Lager liegen, zum Verkaufstresen zu ziehen. Was mich natürlich unmittelbar ihr zu Hilfe eilen lässt.
„Marc hat sich vollkommen verändert, als du damals so plötzlich verschwunden bist. Es war anfangs kaum auszuhalten mit ihm, bis er irgendwann Jenny kennengelernt hat. Sie hat ihn aufgefangen. Wobei …“, höre ich ihr angespannt zu und vergesse beinahe zu atmen, als sie so abrupt stoppt und sich stattdessen, wiederholt den Kopf schüttelnd, dem Inhalt des Kartons widmet, ohne ihren Satz zu beenden.
„Wobei was?“, traue ich mich kaum nachzuhaken, weil es mich ja eigentlich überhaupt nichts angeht und trotzdem sind die zwei Worte schneller über meine Lippen, als ich sie hätte stoppen können und beiße mir beschämt auf die Unterlippe, während Melissa ihren Kopf zu mir dreht und scheinbar abwägt, ob sie mir eine Antwort geben soll oder nicht. Doch egal wofür sie sich entscheiden würde, sie kommt erst gar nicht dazu, da sich die Atmosphäre im Laden schlagartig ändert als ein tiefes, unfreundliches „… es dich nichts angeht“, gefolgt vom Schließen der Ladentür zu uns durchdringt, woraufhin wir beide synchron herumfahren und mein Herzschlag augenblicklich aussetzt.
Kapitel 6
„Marc!“, geben Lissy und ich zeitgleich, wenn auch emotional vollkommen verschieden, von uns, weil ihre Äußerung freudig überrascht und meine hingegen erschrocken entsetzt klingt, was unser Gegenüber aber keineswegs beeindruckt und er wie ein Racheengel in der Tür steht, dadurch jegliche eventuelle Fluchtmöglichkeit verhindert. Ich fühle mich seltsam in die Ecke gedrängt, woran auch sein durchdringender Blick nicht ganz unschuldig ist, weil er mir so unberechenbar vorkommt. Ich habe anscheinend bei meiner überstürzten Flucht vor sechs Jahren die Fähigkeit, in ihm wie in einem offenen Buch zu lesen, verloren, was den Verlust unserer Freundschaft noch zusätzlich verstärkt. Denn ganz offensichtlich habe ich damals einfach ungefragt einen Teil von ihm mitgenommen.
„Was hast du hier zu suchen?“, fährt er mich so überraschend scharf an, dass ich instinktiv zusammenzucke und einen Schritt zurückweiche, obwohl er sich nicht einen Millimeter von der Stelle rührt und somit auch keine wirkliche Gefahr für mich bedeutet, was mein Körper dennoch ganz anders sieht. Bevor ich jedoch irgendwie reagieren kann, mich in irgendeiner Art zu verteidigen, stellt sich Lissy plötzlich ganz zwanglos zwischen uns, als wäre sie bereit, jederzeit einzuschreiten, sollte die angespannte Situation eskalieren.
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass er wieder da ist? Bist du deswegen in den letzten Tagen so seltsam?“, geht sie allerdings verbal zum Gegenangriff über, während meine Kehle wie ausgestorben erscheint und mein Gehirn noch nach seiner ursprünglich angedachten Funktion forscht.
„Halt die Klappe, Melissa“, zischt Marc seine Schwester daraufhin ungewohnt bissig an, was mich erneut zusammenzucken lässt, weil ich ihn ihr gegenüber bisher noch nie so erlebt habe und es mich wahnsinnig erschreckt, dass sich scheinbar auch ihr immer sehr harmonisches, friedliches Verhältnis zueinander verändert hat. Nie, nicht mal beim schlimmsten Streit, wovon es ohnehin nur sehr wenige gab, hat er sie bei ihrem herkömmlichen Vornamen genannt und genau diese Tatsache macht den Moment so absurd.
„Also?“, gilt seine Aufmerksamkeit unmittelbar wieder mir und ich hole bereits tief Luft, um ihm eine angemessene Erwiderung zu liefern, als Melissa sich dessen ungeachtet erneut einmischt.
„Das hier ist mein Geschäft und entweder du hältst dich zurück oder verschwindest wieder“, verschränkt
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