Schatten Der Versuchung
in der Hoffnung, sie zu finden, nach meiner Schwester gesucht. Es ist gut, dass sie durch dich weiterlebt.« Dominic umfasste Vikirnoffs Arme. »Ekä, kont. Ich hatte gehofft, dich eines Tages wiederzusehen.«
»Du bist verwundet.«
Dominic zuckte die Schultern. »Ich hatte eine Begegnung mit Maxim Malinov, und wir haben uns einen kleinen Kampf geliefert.«
Er war der Drache, den wir neulich am Himmel gesehen haben, nicht wahr?, fragte Natalya Vikirnoff aufgeregt. Wie hat er dich genannt?
Ja. Er war schon immer ein hervorragender Kämpfer. Er hat mich ›Bruder‹ und ›Krieger‹ genannt. Aus Dominics Mund ist das ein großes Lob.
»Das ist auch der Grund, warum ich mich heute verspätet habe. Ich wollte der Heilung beiwohnen, aber leider waren wegen meiner Wunden ein paar zusätzliche Stunden im Erdreich erforderlich, um mich in die Verfassung zu bringen, unserem Volk zu helfen, falls es nötig sein sollte.« Während er sprach, ruhte sein Blick unverwandt auf Natalya. »Ich würde die Erinnerungen an den Mord an meiner Schwester gern mit eigenen Augen sehen, Vikirnoff.«
Vikirnoff kam Dominics Wunsch bereitwillig nach. Natalya schaute zum Fenster hinaus und vermied es, mit den beiden geistig in Berührung zu kommen, während sie Informationen austauschten. Sie konnte es nicht ertragen, die Vergangenheit noch einmal mitzuerleben.
»Das Verschwinden meiner Schwester war für mich lange Zeit der Grund, auf der Erde zu bleiben. Ich dachte, wenn ich erst einmal wüsste, was mit ihr passiert ist, würde ich das Morgengrauen suchen, doch jetzt muss ich wissen, was aus ihren Kindern geworden ist.«
»Mein Vater ist tot«, antwortete Natalya. »Xavier hat ihn umgebracht. Was aus meinen Tanten geworden ist, weiß ich nicht. Es waren Drillinge, zwei Mädchen und ein Junge. Mein Vater war überzeugt, dass seine Schwestern tot waren. Er sprach kaum jemals von ihnen.« Natalya presste eine Hand auf ihr Muttermal, das plötzlich zu brennen anfing, und sah nervös zu ihrem Gefährten. »Vikirnoff? Sie kommen.«
»Wer kommt?«, fragte Falcon, der neben Sara saß, und stand auf.
»Vampire«, erwiderte Dominic, der seine Hand auf die Stelle legte, wo er das gleiche Mal wie Natalya trug. »Der Drache brennt. Sie sind bereits hier.«
Mikhail schob Raven hinter sich und spähte aus dem Fenster. »Ich kann ihre Gegenwart nicht spüren.«
»Ich auch nicht«, erklärte Falcon, der aus dem gegenüberliegenden Fenster schaute.
»Ich kann sie nur durch Natalya spüren«, sagte Vikirnoff. »Das geht schon einige Zeit so und muss irgendwie mit dem Zeug zusammenhängen, das sie ihrem Blut beifügen, was es auch sein mag.«
Die erste Explosion ließ das Haus erbeben und einen Schauer aus Holz und Schutt auf sie hinabregnen. Ein feuerroter Ball schoss durch das Dach und das obere Stockwerk und an ihnen vorbei in den Boden. Überall, wo er aufschlug, loderten Flammen auf. Gleich darauf trafen mehrere Feuerbälle aus allen Richtungen das Gebäude, und eine Explosion nach der anderen erschütterte nicht nur das Haus, sondern ließ den Boden beben. Flammen züngelten an den Wänden empor und tanzten über die Decke. Boshafte Fratzen erschienen in den feurigen Wogen. Die Decke brach ein, und große, brennende Balken stürzten hinab.
Vikirnoff zog Natalya hastig auf den Boden, schirmte sie mit seinem Körper ab und schuf rasch einen schützenden Kokon mit genügend Sauerstoff für sie beide. Mikhail, Raven, Falcon und Sara drückten sich eng aneinander, während Manolito und Dominic eine ähnliche Barriere aufstellten. Natalyas Atem entwich zischend ihren Lungen, als sie keuchend gegen Vikirnoffs Gewicht ankämpfte. Sie stieß mit beiden Händen nach ihm und versuchte verzweifelt, an ihre Waffen heranzukommen.
»Mikhail lässt ein Vakuum entstehen, indem er die Luft um uns herum absaugt, um das Feuer zu ersticken. Halt dich ganz still!« Vikirnoff packte sie an den Schultern und drückte sie mit der angeborenen Kraft seiner Spezies auf den Boden.
»Verdammter Idiot, nächstes Mal warnst du mich gefälligst! Ich hätte dich für einen Feind halten und dir die Kehle aufschlitzen können!«, fuhr Natalya ihn an. Ihr Herz hämmerte. Ringsum stand alles in Flammen. Das Feuer rauschte so laut, dass es ihr in den Ohren wehtat, und die verzerrten Gesichter in dem Flammenmeer verzogen ihre Lippen zu gellendem Gelächter. Die Tigerin wollte sich nicht bändigen lassen. Jeder Überlebensinstinkt war wach und kämpfte unerbittlich um Freiheit.
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