Schatten Der Versuchung
Muster über den Boden huschten. Hastig spähte sie zu Vikirnoff. Sie spürte, wie das Licht an ihrem Fleisch fraß und in ihren Augen brannte, aber für ihn musste es Millionen Mal schlimmer sein. Fluchend gab sie ihren Plan auf und kämpfte sich an seine Seite zurück. Innerlich verwünschte sie sich für ihre Dummheit. Der Schattenkrieger gewann mit jeder Bewegung an Kraft, während sie allmählich müde wurde. Der Jäger würde ohnehin sterben. Es war dumm, dumm, dumm von ihr, um sein Leben zu kämpfen!
Ihre Klinge, die den Krieger hätte enthaupten sollen, durchschnitt leere Luft. Sein Abwehrschlag verfehlte knapp ihre Taille und ritzte ihren Arm, als sie den Hieb ablenkte. Natalya packte mit einer Hand die Überdecke und warf sie über Vikirnoff, um ihn vollständig abzudecken.
Der Schattenkrieger, angezogen vom Geruch des Jägers, folgte der Bewegung der Decke. Sein tödliches Schwert stieß durch den Stoff, und eine Fontäne von Blut sprudelte hervor. Natalya ließ ihren Atem in einem zornigen Zischen durch ihre zusammengebissenen Zähne entweichen und stürzte sich auf den Krieger, um ihn mit der Schulter abzudrängen, aber sie fiel durch ihn hindurch. Sie taumelte, fand ihr Gleichgewicht wieder und fuhr zu ihm herum.
Lass Herz und Lungen stillstehen! Ihr Befehl an Vikirnoff war mit einem starken geistigen Druck unterlegt. Ihre Angst um ihn wuchs sich zu panischem Entsetzen aus. Immer wieder prallte ihre Klinge auf das Schwert des Kriegers und verhinderte so einen neuerlichen Angriff auf den Jäger.
Ihr sank der Mut. Sie waren beide so gut wie tot. Sie war zu überzeugt von sich selbst gewesen und hatte damit Vikirnoffs Tod verschuldet. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie wusste, welche Wirkung Sonnenstrahlen auf Karpatianer hatten. Auf ihrer Haut bildeten sich bereits Blasen. Vikirnoff würde verbrennen, obwohl er dem Tageslicht nur einen kurzen Moment ausgesetzt gewesen war. Und ihre Kräfte ließen langsam, aber sicher nach. Sie konnte nicht ewig gegen den Schattenkrieger kämpfen.
Du musst die Tür öffnen. Mit dem letzten Rest Energie, der ihm geblieben war, gebrauchte Vikirnoff telekinetische Kräfte, um die Schlösser der Balkontür zu öffnen und sie weit aufzustoßen. Dein Plan ist gut. Das Glück des Kriegers sei mit dir.
Die Worte waren Natalya als formelles Ritual unter Jägern bekannt. Aus irgendeinem Grund gaben sie ihr Kraft und ermöglichten ihr, wieder klar zu denken. Sie begann, den Krieger mit schnellen, geschmeidigen Bewegungen zu umkreisen, und lockte ihn von Vikirnoff weg zur offenen Tür. Ihre Stimme wurde zu einem leisen Murmeln, als sie sich auf ihr Erbe berief, auf die Macht von Erde, Wind und Geist. Sie brauchte Glück, nein, mehr als das. Sie brauchte ein Wunder.
»Höre mich, dunkler Krieger, der du aus deinem Grab gerissen wurdest, wenn ich Erde, Wind, Feuer, Wasser und Geist rufe.«
Der Schattenkrieger ließ sein Schwert sinken und hielt zum ersten Mal, seit er erschienen war, inne.
»Ich beschwöre jedes dieser Elemente und binde es an mich. Ich rufe das Recht des Schattenreichs aus. Das Blut des dunklen Magiers fließt in meinen Adern. Höre, was ich sage. Ich befehle dem Wind« – sie warf ihre Arme in die Höhe und ließ den Wind heulend hereinkommen – »zu mir zu kommen und meinen Krieger nach Hause zu bringen.«
Der Schattenkrieger verharrte regungslos mit dem Schwert in der Hand, die glühenden Augen auf Vikirnoff gerichtet. Immerhin hatte sie seine Aufmerksamkeit geweckt. Sie kannte viele Zauberformeln, Tausende davon. Sie hatte zufällig die richtige Kombination erwischt.
Natalya drehte sich zu dem Krieger um und schien dabei zu wachsen. Ihr Haar sprühte Funken, als sie ihre Arme nach der schattenhaften Gestalt ausstreckte. Die meisten Dinge waren durch Blut gebunden. Sie konnte es schaffen, wenn sie keinen Fehler machte. »Im Namen des Schattengesetzes und durch das Blut meiner Ahnen beanspruche ich das Recht, das mir durch das Blut des Magiers gegeben ist.«
Der Krieger fuhr zusammen, als hätte sie ihn geschlagen. Sein feuriger Blick löste sich vom Bett und wandte sich vollständig ihr zu. Natalyas Puls beschleunigte sich dramatisch. Sie wollte seine Aufmerksamkeit auf sich lenken, aber er war wirklich unheimlich. Ihre Hand schloss sich fest um das Heft ihres Schwertes, als sie in den uralten Beschwörungen nach den Worten suchte, die den Schattenkrieger erlösen könnten. »Was gegeben wurde, gebe ich jetzt durch die Macht von Luft und Feuer
Weitere Kostenlose Bücher