Schatten Der Versuchung
Vikirnoff verschwendete keine Zeit damit, zu zögern oder sich noch einmal zu seinem Gegner umzudrehen. Er riss Natalya in seine Arme und landete mit ihr auf dem ersten Steinquader, der im Moment durch die Eiswand vor den Schattenkriegern und Vampiren verborgen wurde.
»Es brennt«, sagte Natalya und versuchte, nach ihrem Knöchel zu langen.
Vikirnoff hinderte sie daran, den größer werdenden Fleck anzufassen. »Lass das«, befahl er schroff. »Öffne den Boden!«
»Es brennt sich in meine Haut.« Natalya schluckte jeden weiteren Protest hinunter und konzentrierte sich auf das Muster, das sie mittlerweile entschlüsselt hatte. Sie ging voran, indem sie von einem Stein zum nächsten hüpfte und sich dabei verzweifelt bemühte, nicht daran zu denken, dass sich so etwas wie der blutige Abdruck einer Hand durch ihre Kleidung hindurch in ihre Haut einbrannte. »Ich kann meinen Rucksack nicht hier zurücklassen.« Sie hielt ihn mit beiden Händen fest, um sich daran zu hindern, ihren Knöchel anzufassen. Es fiel ihr schwer nachzudenken, wenn sie das Gefühl hatte, dass ein Brandzeichen in ihr Fleisch gedrückt wurde.
Ringsum zerbarsten die Eiswände zu großen Blöcken und scharfen Speeren. Vikirnoff hielt seine Arme schützend über Natalyas Kopf, als sie, einem bestimmten Muster folgend, von einer Platte zur nächsten traten, und schirmte ihren Körper mit seinem ab. Dabei parierte er den Angriff, indem er die Feuerpeitsche noch einmal Flammen über die Vampire werfen ließ und sie so zurückdrängte. Die Schattenkrieger, die immer noch gegen die Klone der Untoten kämpften, ignorierten den Feuerregen.
Der Boden unter Natalyas Füßen bebte. Eine große Steinplatte glitt zur Seite und gab den Blick auf eine Treppe frei, die tiefer ins Erdinnere führte. Natalya zögerte. Sie führt nach unten, nicht nach oben. Was ist, wenn irgendwo da unten der Trollkönig lauert?
Wir haben keine andere Wahl. Das hier ist der einzige Weg aus der Kammer, der uns bleibt. Wir müssen ihn nehmen. Er strich mit seinem Daumen Tränen von ihrem Gesicht.
Natalya hatte nicht einmal gemerkt, dass sie weinte. Das Brennen in ihrem Bein war schlimm, aber schlimmer war die Vorstellung, dass dieses unbekannte Ding irgendwie mit ihr verbunden war, genauso wie Maxim, dem es gelungen war, in ihr Bewusstsein zu schlüpfen. Es war ein demütigender Gedanke, dass der Vampir in ihr Inneres eingedrungen war, und Vikirnoff, nicht sie selbst, ihn vertrieben hatte. Und jetzt klebte irgendein Parasit an ihrem Bein und bohrte sich in ihr Fleisch.
Sie drehte sich zu den Kriegern um, um ihnen einen letzten Befehl zu erteilen. »Hört auf meinen Befehl, auch wenn ich fort bin. Bleibt stark, haltet stand!« Sie salutierte kurz vor den Schattenkriegern und wünschte, sie könnte ihnen Frieden schenken und sie an ihre Buhestätten zurückschicken.
»Wir müssen jetzt gehen«, drängte Vikirnoff.
Natalya wandte sich von der chaotischen Szene ab und lief die schmalen, ins Eis gehauenen Stufen hinunter, die unter die Kammer des dunklen Magiers führten.
Vikirnoff folgte ihr, schloss dabei den verborgenen Eingang hinter ihnen und errichtete starke Schutzschilde für den Fall, dass es den Vampiren gelingen sollte, den Schattenkriegern zu entkommen. Sowie die Bodenplatte sich schloss, fiel ein fahler Lichtschimmer auf die gewundene Treppe. Sie war sorgfältig aus dem Eis herausgeschlagen, mit sehr schmalen Stufen, die kein Ende zu nehmen schienen.
Mehrere Minuten liefen sie die lange Treppe hinunter. Es war seltsam still, als wären sie die einzigen lebenden Wesen auf der Welt. »Ich glaube nicht, dass sie uns auf diesem Fluchtweg folgen können, oder?«, fragte Natalya und blieb unvermittelt stehen.
»Nur wenn Maxim stundenlang Zeit hat, die Schutzbarrieren aufzuheben, die ich errichtet habe.«
»Dann nimm dieses Ding von meinem Bein«, sagte Natalya. »Ich ertrage den Gedanken nicht, dass es auf meiner Haut klebt.«
Vikirnoff hätte beinahe über ihren energischen Ton gelächelt. Sie vertraute völlig darauf, dass er es entfernen konnte und würde. »Setz dich hin und ruh dich aus. Ich schaue es mir mal an.«
»Lass dir ruhig Zeit! Es brennt mir zwar bloß ein Loch ins Bein und macht mich krank, aber was soll's! Schau es dir einfach mal an!« Natalya warf ihm einen finsteren Blick zu.
Sein dunkler Blick wanderte über ihr Gesicht und ließ sie frösteln. Sie biss sich auf die Lippe. »Tut mir leid. Wenn ich nervös bin, werde ich gern ein bisschen
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