Schatten Der Versuchung
ursprüngliche Wunde wucherten. Sie zappelten wie kleine Würmer, und der Bereich rund um die Wunde wirkte entzündet und geschwollen. Er hatte so etwas schon einmal gesehen. Destiny, die Gefährtin seines Bruders, war mit den gleichen Mikroorganismen infiziert worden. Der Abdruck der Hand hatte sich tief in Natalyas Haut eingebrannt, und um die knochigen Finger herum bildeten sich Blasen.
Die Parasiten versuchten, vor dem weißen Licht, das seine heilende Energie ausstrahlte, wegzulaufen oder sich zu verstecken, aber Vikirnoff ließ nicht locker, bis er jeden einzelnen vernichtet hatte, und ließ sich dabei mehr Zeit, als er und Natalya eigentlich hatten. Er musste sich einfach vergewissern, dass ihr Blutkreislauf und jede ihrer Zellen frei von den Mikroorganismen waren. Erst als er absolut sicher war, jeden Eindringling zerstört zu haben, wandte er sich der eigentlichen Wunde zu. Von welcher Beschaffenheit war das Zeichen, das sich bei Natalya in Haut und Knochen eingebrannt hatte? Er war überzeugt gewesen, ihre Verletzungen vollständig geheilt zu haben, aber die tiefe Bisswunde in ihrem Knöchel war wieder aufgebrochen.
Obwohl er kein Meisterheiler war, hätte er es schaffen müssen, die Schäden an ihrem Körper zu reparieren, und Natalya selbst müsste außerordentlich starke Schutzschilde gegen Vampire und bis zu einem gewissen Grad auch gegen ihn haben, doch sie war angreifbar. Das alles ergab keinen Sinn. Irgendetwas Wichtiges entging ihm, und das könnte sie beide das Leben kosten. Wieder heilte er ihren Knöchel, wobei er dem Gewebe besondere Beachtung schenkte und sorgfältig überprüfte, dass die Wunde nach Beseitigung der Infektion sauber und gut geschlossen war.
Das Brandmal schien eine Art Eingang für weitere Mikroorganismen zu sein, aber er konnte sich nicht erklären, wie es funktionierte. Was hier passierte, war sehr komplex und ließ sämtliche Alarmglocken in seinem Inneren schrillen. Maxim oder einer seiner Brüder mochte den Verstand haben, etwas Derartiges auszuarbeiten, doch Vikirnoff bezweifelte, dass sie die Geduld dazu hatten. So etwas erforderte langes Experimentieren und Zeit, sehr viel Zeit. Jemand hatte in einem Labor gearbeitet und uralte Magie mit moderner Wissenschaft kombiniert.
Die Verbrennung auf Natalyas Haut zu heilen, erforderte mehr Zeit und Energie als das Beseitigen der Parasiten. Die Blasen und Brandwunden verschwanden bald, doch das Mal selbst blieb hartnäckig bestehen und weigerte sich, dem weißen Licht zu weichen. Letzten Endes schaffte Vikirnoff es lediglich, einen kleinen Teil des rostroten Handabdrucks zu entfernen.
Schwankend vor Erschöpfung kehrte er in seinen Körper zurück. Natalya musterte seine sorgenvolle Miene und schaute auf ihr Bein. »Es ist immer noch da, oder? Was genau ist es?«
»Ich denke, die ursprüngliche Bisswunde ist der Wirt der Parasiten. Das Brandmal fungiert als Eingang für winzige Mikroorganismen. Sie sind schwer auszumachen, und irgendetwas ist seltsam an ihnen. Jemand hat sie entwickelt, in einem Labor kultiviert und dafür gesorgt, dass sie mutieren, um sie als eine Art Chemikalie zu verwenden.«
Natalya erstarrte. »Chemikalie? Die Parasiten sind mit einer Chemikalie versetzt und so etwas wie eine chemische Waffe?« Sie rieb sich die Schläfen und schüttelte den Kopf.
»Was ist denn, Natalya?«
Die Zärtlichkeit in seiner Stimme wärmte sie. Er sah so müde aus. Feine Linien hatten sich in sein Gesicht gegraben, und seine Haut war fahl. Sie fuhr mit den Fingerspitzen über sein Kinn. »Eine meiner unvollständigen Erinnerungen, an die ich gerade denken musste. Es geht um irgendein Experiment, aber ich kann mich nicht erinnern, was ich gemacht habe.«
»Und du bekommst wieder Kopfschmerzen.«
Sie lächelte ihn an. »Nur ein paar Schmerzen mehr. Danke. Ich weiß, dass es nicht leicht war, diese Dinger aus mir rauszukriegen.«
»Wir werden alles, was eventuell noch vorhanden ist, so bald wie möglich entfernen, Natalya. Und wir werden einen Weg finden, dein Gedächtnis wiederherzustellen. Die Methode, sich mit Parasiten zu kennzeichnen, ist relativ neu und scheint von Vampiren angewandt zu werden, um einander zu identifizieren.« Er vergrub seine Hand in ihrem Haar und strich mit den Fingern über die seidigen Strähnen. Einen kurzen Moment lehnte er seine Stirn an ihre. »Wir kommen hier raus. Das weißt du doch, oder?«
Natalya blieb bei ihm, Haut an Haut, ihre Hand an seinem Gesicht, seine Hand in ihrem Haar. Sie
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