Schatten Der Versuchung
Gedanke war unerträglich.
Ein Teil von ihr wollte die Bitte zurücknehmen, eine witzige Bemerkung machen und sie beide zum Lachen bringen, aber das Grauen war zu nahe und zu überwältigend. Er würde sie verlassen, und sie würde wieder allein sein.
»Nur Mutter Erde kann diese Wunden heilen, Natalya«, sagte er mit Bedauern in der Stimme.
»He, wir wollen aber nicht vergessen, dass Mutter Erde auch den Trollkönig beherbergt. Was, wenn er beschließt, sich durch die Erde zu deinem Ruheplatz durchzubuddeln, und ich nicht da bin, um mal wieder deinen Hintern zu retten?« Ihre Fingernägel bohrten sich in seinen Arm. Ihre Bemühungen, ihn zu halten, waren wirklich peinlich.
»Ich will dich nicht verlassen, ainaak enyém, aber noch kannst du nicht mit mir kommen und unseren verjüngenden Schlaf schlafen.«
»Wie kann ich für immer dein sein, wenn dich der Trollkönig im Schlaf entführt und in seine Höhle schleppt?« Sie würde ihn nicht noch einmal bitten zu bleiben, auf gar keinen Fall! »Ich komme mit und mache es mir auf deinem Ruheplatz bequem.«
Vikirnoff schüttelte den Kopf. »Das geht nicht, und das weißt du auch. Ich liefere dich nicht gern den Qualen aus, die die Trennung von mir, deinem Gefährten des Lebens, mit sich bringt, aber ich habe keine andere Wahl.« Eine Hand legte sich auf ihren Nacken, während er mit dem Daumen zärtlich ihr Kinn streichelte und seinen Kopf noch näher zu ihr beugte.
»He, ich komme auch gut allein klar«, gab Natalya zurück und straffte unwillkürlich die Schultern. Sein Mund war ihrem so nah, dass er eine reine Versuchung darstellte. Vikirnoff begehrte sie, das wusste sie. Sein Körper war hart und erregt. Sein Verlangen verriet sich in jedem Schlag seines Herzens, in seinem angespannten Körper und vor allem in seinen Augen, die wie Diamanten glitzerten, wenn er sie anschaute. Die erotischen Bilder, die sie in seinem Bewusstsein wahrnahm, raubten ihr den Atem. Er war kein zurückhaltender Liebhaber, sondern alles, was die Tigerin in ihr ersehnte und erträumte. Es würde nicht schwer sein, ihn umzustimmen und ihn hier zu halten. Der Gedanke kam wie von selbst, ließ sie aber nicht mehr los. Sie wollte nicht, dass er ging.
Vikirnoff senkte den Kopf, um sie zu küssen. Eine kleine Kostprobe nur, um ihm die Trennung zu erleichtern, ein leichtes Streifen ihrer Lippen, doch seine Willenskraft schmolz dahin, als plötzlich ein Feuersturm durch seine Adern jagte und seine harte Erektion sich schmerzhaft an den Stoff seiner Hose presste. In seinen Ohren rauschte es, und jede Verletzung, die sein Körper erlitten hatte, jeder noch so kleine Schmerz konzentrierte sich auf seine Lenden. Er brauchte Natalya. Er hungerte nach ihr. Er konnte nicht mehr denken, nur noch fühlen, Lust und Schmerz empfinden, die sich vermischten, bis er sie nicht mehr unterscheiden konnte. Bis er wusste, dass diese Frau in seinen Armen ihm gehören musste, ihm trotz ihrer Abwehr schon jetzt gehörte. Niemand sonst, nur Natalya.
Sein Mund presste sich rau und fordernd auf ihren, seine Zähne streiften ihre Unterlippe, und seine Zunge nahm sie hungrig in Besitz. Sie erkannte, dass er die Trennung genauso wenig wollte wie sie selbst und mehr als bereit war, der Versuchung zu erliegen. Obwohl er verwundet war und Schmerzen litt, würde er alles geben, um ihren Körper zu erobern und ein Teil von ihr zu werden. Der Hunger schien unersättlich zu sein, ihr Hunger, seiner –, sie konnte es nicht mehr unterscheiden, wusste nur noch, dass sie ihre Finger in seinem Haar vergrub und den Kopf zurücklehnte, um seinen Kuss noch tiefer aufzunehmen.
Als er sie noch enger an sich zog, stieß ihr Arm an seinen Hals. Vikirnoff verspannte sich, sein Körper erschauerte und war sofort mit winzigen Blutstropfen bedeckt, die ihm wie Schweiß aus der Haut traten. Natalya stieß sich von ihm ab, lehnte sich an die Wand und presste ihren Handrücken an ihre geschwollenen Lippen. »Das ist Wahnsinn! Du machst mich wahnsinnig. Geh, Vikirnoff, und zwar sofort! Die Sonne steigt höher, deine Augen brennen, und als Nächstes steht womöglich deine Haut in Flammen.«
Ein schwaches Lächeln spielte um Vikirnoffs Mundwinkel. Es fühlte sich jetzt schon so an, als züngelten Flammen auf seiner Haut, doch Natalya hatte recht. Er war geschwächt und brauchte Blut und heilende Erde. Nur der Umstand, dass er ein Karpatianer vom alten Stamm war und große Erfahrung mit schweren Verletzungen hatte, erlaubte ihm, sich auf den
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