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Schatten Der Versuchung

Titel: Schatten Der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Luft einatmete. Dichte Nebelschwaden hingen über ihnen, aber weiter unten war der Himmel frei von übernatürlichen Warnzeichen. Sie spähte über die Schulter zu Vikirnoff und erschrak. Hier draußen im Freien konnte sie den Schaden sehen, den die Vampire angerichtet hatten, die unzähligen Schnitte und Risse ihrer scharfen Krallen, die Verbrennungen und die schreckliche klaffende Wunde an seinem Hals, die durch die Verätzung schwarz von verbranntem Fleisch und getrocknetem Blut war. Seine Brustwunde hatte sein Hemd rot gefärbt, und seine Haut war aschfahl.
    »Du siehst furchtbar aus.«
    »Sehen wir zu, dass wir vor Tagesanbruch im Gasthof sind«, antwortete er.
    »Kannst du uns dorthin bringen? Der Tiger könnte dich tragen, doch es ist ein weiter Weg.«
    Die Sonne würde innerhalb weniger Minuten aufgehen. Sie waren beide sehr erschöpft und brauchten so bald wie möglich einen Unterschlupf. »Ich kann uns hinbringen. Komm her.«
    Natalya hatte sich ein Stück von ihm entfernt und lief ruhelos hin und her, während sie verzweifelt versuchte, sich an die schattenhafte, kaum greifbare Gestalt im Inneren des Berges zu erinnern, die Person, die eine Vorliebe für Muster hatte und sich an Natalyas Gehirn zu schaffen gemacht hatte, damit sie sich an einen Großteil ihrer Kindheit nicht mehr erinnern konnte. Xavier.
    Ungebeten tauchte ein Gedanke auf. Hatte sich der dunkle Magier vielleicht als Jäger verkleidet und ihren Bruder ermordet? Wieder huschte ihr Blick zu Vikirnoff. Sie war in seinem Bewusstsein gewesen und hatte die Dunkelheit gesehen, die dort lauerte, die endlosen düsteren Jahre im Dienste seines Volkes, aber auch die Freude darüber, sie gefunden zu haben. Seine Verwirrung, wer und was sie war, ebenso wie die Erkenntnis, dass sie ganz und gar nicht das war, was er erwartet hatte. Das tat weh. Es tat wirklich weh. Und ihr behagte die Vorstellung nicht, dass sie Vikirnoff nahe genug an sich herangelassen hatte, dass er ihr wehtun konnte.
    Er nahm sie in seine Arme und erhob sich in die Lüfte. Vikirnoff wollte sie beide von hier fortbringen, fort von dem Berg und fort von jenem unbekannten Wesen, das das Mal an Natalyas Knöchel benutzte, um sie aufzuspüren. Was ist los ? Du bist auf einmal so still, und das sieht dir gar nicht ähnlich.
    Sie war ihm so nahe. Er schirmte sie beide vor fremden Blicken ab, da er seinem geschundenen Körper die Strapazen einer Formwandlung ersparen wollte. Wärme strömte von seinem Körper in ihren. Seine Brust war hart, und seine Schenkel hielten sie fest. Sie spürte, wie sich ihr eigener Körper entspannte und noch enger an seinen schmiegte. Verlangen regte sich in ihr, unerwartet und heftig und völlig fehl am Platz. Sie wurde gegen ihren Willen in seine Welt hineingezogen, und das brachte sie völlig aus der Fassung.
    Er murmelte etwas in seiner Sprache, Worte, die leise und sinnlich ihre Haut streiften. Sie war sehr empfänglich für seine Stimme, seinen Akzent, für seine Lippen, die über ihre Kehle strichen.
    Was ist los? Sagst du es mir?
    Natalya bewegte sich ein wenig in seinen Armen, gerade genug, um ihre Arme um seinen Hals zu legen und ihre Finger in seinem Haar zu vergraben, während sie ihm die Wahrheit sagte.
    Ich habe in dein Bewusstsein geschaut, Vikirnoff. All das Zeug über Gefährten des Lebens, das du ständig wiederkäust, ist kompletter Quatsch. Etwas in ihr, jener verräterische, einsame und sehr weibliche Teil ihres Wesens wünschte sich verzweifelt, es wäre wahr. Du willst June Cleaver. Oder Donna Reed. Das wünschst du dir. Ein adrettes kleines Frauchen mit Cocktailschürze, das deine Mahlzeiten kocht und ständig ›Aber ja, Liebster‹ sagt. Stattdessen hast du ... Natalya legte den Kopf zurück, um ihm in die Augen zu schauen. Sie wusste, dass sie preisgab, wie verletzt sie war. Aber darauf kam es jetzt nicht an. Sie brauchte es, irgendwohin zu gehören, sei es auch nur für einen Augenblick. Er wollte eine Gefährtin des Lebens, aber er wollte nicht sie. Ohne den Blick von ihm zu wenden, fuhr sie fort: Du hast Xena erwischt, eine Kriegerin, die du nicht willst und die du nicht verstehst.
    Sie spürte seine Verwirrung und Ratlosigkeit. Seine Augen veränderten ihre Farbe, wurden noch eindringlicher und dunkler und spiegelten eine derartige Intensität an Gefühlen wider, dass es ihr den Atem verschlug. Ich kenne diese Frauen nicht, Natalya. Ich höre keine Eifersucht, sondern Schmerz, und der Gedanke, dir wehzutun, ist mir unerträglich.

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