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Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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behandelte Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung von den Folgen des Stahlwolf-Angriffs Anfang Sommer. Im Studio kommentierte ein Experte von der Universität New Lanark die Statistiken.
    11.56. Barton, Glynis. Verbrennungen zweiten Grades an der rechten Hand, von heißem Öl in der Friteuse der Kombüse. Sterilen Verband angelegt, für zwei Tage leichten Dienst vorgeschrieben.
    In den Trividnachrichten folgte der Wetterbericht und eine Meldung über frühe Schneefälle in den Rockspire Mountains, die einen harten Winter erwarten ließen. Es folgten die Vorhersagen für die einzelnen Regionen. Für die südliche Oilfields Küste, an der Balfour-Douglas 47 lag, kündigte der Sender für die Nacht Mindestwerte um 22° Celsius an, und für den kommenden Tag Höchstwerte um 36°.
    15.20. Calloway, Tim. Muskelschmerzen und Fieber unbekannter Ursache. Behandelt mit Acetaminophen, zurück ins Quartier geschickt mit Anweisung, sich auszuruhen und reichlich Wasser zu trinken.
    Die Mediennachrichten meldeten Pläne der lokalen Sender Northwinds, durch den Zusammenbruch des HPG-Netzes ausgefallene Serien durch zusätzliche Eigenproduktionen zu ersetzen: »Zu diesem Thema ein Interview mit Produzent Brett...«
    Das Licht ging aus, und der Monitorschirm wurde schwarz. Stille senkte sich über Büro und Sprechzimmer. Selbst das leise Summen und Ticken der elektronischen Ausrüstung war abrupt verstummt.
    Stromausfall, dachte Murchison.
    Jetzt hörte er Lärm: Schwere Schritte hämmerten über die Stahlplatten der Decks. Unten auf Deck C gellte eine Alarmsirene, ein durchdringendes metallisches Kreischen. Der Alarm hatte eine separate Batterie. Einmal ausgelöst, würde er stundenlang durch die Plattform hallen, bis ihn jemand von Hand abschaltete.
    Murchison hatte eine Taschenlampe in der rechten Schreibtischschublade. Sie hatte eine rote Linse, damit er sie auch in Notfällen benutzen konnte, ohne seine Nachtsicht zu verlieren. Außerdem lag rechts neben der Tür unter den Kleiderhaken ein Seesack mit Erste-Hilfe-Material. Er schaute auf das Leuchtzifferblatt der Armbanduhr. Er würde fünf Minuten warten, ob der Strom wiederkehrte oder jemand in sein Büro kam, um ihn über die Lage zu informieren. Dann würde er sich selbst auf die Suche machen.
    Wieder hörte er Lärm. Ein schrilles Pfeifen, das sich mehrmals wiederholte. Das Prasseln metallischer Einschläge, eine lange Serie von Schlägen, unterbrochen von leiseren, dumpferen Geräuschen. Brüllen - Worte, aber unverständlich -, dann ein Aufschrei.
    Diesen Klang kannte Murchison. Jemand war verletzt.
    Er holte die Taschenlampe aus der Schublade, griff nach dem Seesack und machte sich auf den Weg.
    Zumindest auf diesem Deck regte sich nichts. Das Büro des Stationsmanagers war um diese Nachtzeit ohnehin verlassen. Das Konferenzzimmer wurde nur bei offiziellen Besuchen benutzt. Die Tür des Sicherheitsbüros stand halb offen, aber das Zimmer schien leer. Die Monitorzeilen, die alle lebenswichtigen Räume und Maschinen von Balfour-Douglas 47 überwachten, waren außer Betrieb.
    Murchison stieg hinab aufs nächste Deck. Seine Schritte hallten laut auf den Metallstufen. Auf der Treppe hielt er die Ohren offen und war nicht mehr überrascht, als er irgendwo unter sich eine Pistole mehrmals feuern hörte. Ihm wurde bewusst, dass er die Schüsse zählte und mit der Besatzungsliste der Bohrplattform verglich. Zumindest unterbewusst war er bereits zu dem Schluss gekommen, dass hier gerade etwas wirklich Schlimmes vorging.
    Er fragte sich, ob er weitergehen oder nicht doch lieber bleiben sollte, wo er war. Falls die Lage so ernst war, wie er befürchtete, hatte es keinen Sinn, sich in seinem Büro zu verkriechen. Sobald sie ihn fanden -wer auch immer »sie« waren -, war er vermutlich ohnehin so gut wie tot. Und wenn er schon sterben musste, dann wenigstens in Erfüllung seiner Pflicht.
    Er öffnete die Tür zur nächsten Ebene, auf der sich die Unterkünfte für die Arbeiter und die Einzelkabinen des Verwaltungsstabs befanden. Diesmal schälte der rote Lichtkegel der Taschenlampe mehrere am Boden liegende Körper aus der Dunkelheit.
    Zahlreiche Verletzte, dachte er. Das zwang ihn zu einer Triage. Er war der einzige MedTech auf B-D 47, und Hilfe war, falls sie überhaupt kam, noch Stunden entfernt. Falls er irgendetwas von Wert erreichen wollte, war er gezwungen, sich als Erstes an die unangenehme Arbeit zu machen, die Verletzten in drei Kategorien zu sortieren: diejenigen, deren

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