Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
Vom Netzwerk:
Campbell:
    Mylady -
    Bitte verstehen Sie es nicht falsch, dass ich heute nicht erreichbar bin. Ich muss das Mechumbauprog-ramm von Tyson & Varney inspizieren. Es wäre bedauerlich, wenn eine bis dato ausgezeichnete und zuverlässige Firma durch Mangel an Überwachung nachlässig würde. Glauben Sie mir, ich freue mich darauf, mich heute Abend wieder mit Ihnen zu unterhalten, wenn die Arbeit des Tages getan ist.
    Respektvoll,
    Ezekiel Crow
    Er schickte die Nachricht ab, dann wusch er sich und zog sich an. Er trug die übliche einfache Zivilkleidung. Sie half ihm, unbemerkt zu bleiben und Schwierigkeiten zu vermeiden.
    Anschließend machte er sich auf den Weg zu Tyson & Varney, deren Fabrikleiter über den unange-kündigten Besuch des Paladins der Sphäre sichtlich erstaunt war. Trotzdem führte er Ezekiel Crow gerne durch die Halle, in der die nächste Generation für den Kampfeinsatz umgebauter ArbeitsMechs gefertigt wurde. Wie Crow - trotz der bewusst anderweitigen Andeutungen in seiner Nachricht an Tara Campbell - erwartet hatte, verlief alles in bester Ordnung.
    Nach der Inspektion leistete er dem Manager in der Vorstandskantine der Fabrik bei Tee und belegten Brötchen Gesellschaft und lobte ihn für Tyson & Varneys gute Arbeit. Er versprach dem Mann auch, bei der Präfektin ein gutes Wort bezüglich irgendwelcher Sorgen der Firma einzulegen. Der Manager strahlte im Glauben, gerade noch einmal davongekommen zu sein, vor Erleichterung und neigte zu losgelöster Gesprächigkeit.
    »Ein Glück, dass der Exarch Sie nach Northwind geschickt hat«, bemerkte er, »und nicht jemand anderen.«
    Crow fragte sich, ob der Direktor das auch dann glauben würde, wenn er wüsste, dass der Paladin, der ihm gegenüber saß, nur hier war, weil er Tara Campbell aus dem Weg gehen musste, bis er zu einer Entscheidung darüber gekommen war, ob er die Beziehung vertiefen oder davor weglaufen wollte. »Wirklich?«
    »O ja«, bekräftigte der Fabrikleiter. »Ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass auch Paladine nur Menschen sind. Wir hätten jemanden vorgesetzt bekommen können, dem es mehr darum geht, uns Einheimischen zu zeigen, wer das Sagen hat, als mit uns zusammenzuarbeiten, und das wäre eine Katastrophe gewesen, vor allem im letzten Sommer. Aber Sie und die Präfektin arbeiten zusammen, als wären Sie seit dem Kindergarten ein Team.«
    Zu Crows Überraschung trug diese beiläufige Bemerkung viel dazu bei, seine Gefühlslage zu klären. Er hatte Tara Campbell als mögliche Belastung betrachtet, aber wie der Direktor gerade - ohne es zu wissen - festgestellt hatte, war diese Einschätzung völlig falsch. Sie war ein eigenständiger Machtfaktor, eine Militärführerin, deren Stärken und Fähigkeiten seine eigenen ergänzten. Eine größere Nähe zu ihr würde seine Last nicht erschweren, sondern erleichtern. Gemeinsam würden sie wahrhaft eine Macht sein, mit der man rechnen musste.
    Er dankte dem Fabrikleiter für seine freundlichen Worte, dann verabschiedete er sich und machte sich in erheblich besserer Laune auf den Weg zurück zur Hauptstadt und zur Neuen Kaserne. Er war kein Mensch mit der Neigung zu öffentlichen Gefühlsausbrüchen, aber zumindest innerlich lächelte er, als er die Treppe zu seinem Quartier hinaufstieg. Er würde den Staub der Reise abwaschen und frische Sachen anziehen, dachte er. Und danach würde er mit Tara Campbell reden.
    Als er die Unterkunft betrat, lag ein dicker Briefumschlag auf dem Tisch. Er stutzte. Als er das Quartier verlassen hatte, hatte der Umschlag noch nicht dort gelegen. Jemand hatte mit schwarzem Filzstift seinen Rang und Namen darauf geschrieben, und eine Notiz mit blauer Tinte zeigte, dass ein Soldat unten am Eingang die Sendung in seiner Abwesenheit angenommen hatte. Offenbar hatte der Empfang den Umschlag dem Reinigungspersonal mitgegeben, das jeden Morgen den Boden wischte, die Betten machte und das Geschirr spülte.
    Er öffnete das Kuvert und fand einen zweiten Brief im Innern. Dieser trug eine andere Anschrift:
    LIEUTENANT JUNIOR GRADE DANIEL
    PETERSON
    CHANG-AN
    LIAO
    »Nein«, stieß er aus. »Nein.«
    Der kleinere Umschlag fiel ihm ungeöffnet aus den plötzlich kraftlosen Fingern. Er sank auf den Sessel und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Weinlokal >Jasminblüte<, Chang-An, Liao Präfektur V, Republik der Sphäre
    Oktober 3111, Sommer
    Er saß an einem Tisch in der hinteren Ecke, den Kopf in die Hände gestützt. Nah an seinem Ellbogen stand eine Weinflasche, nicht die

Weitere Kostenlose Bücher