Schatten der Wahrheit
gewinnen lassen!«
»So ein schlaues Mädchen. Du hast es erkannt. Und jetzt gebe ich gleich den Befehl, den Korridor dicht zu machen. Also beweg dich.«
Bishop rannte. Der Infanterietrupp mit der Brechausrüstung sah sie kommen, drehte um und rannte ebenfalls. Mit über hundert Stundenkilome-tern Geschwindigkeit brauchte sie bis zu ihren Linien auf der anderen Seite der Stadt nicht lange, vom Raumhafen aus gesehen.
Und den ganzen Weg über hörte sie Jack Farrells Gelächter.
Februar 3134, Winter
Will Elliott hatte in seinem Leben schon viele Bilder von Castle Northwind gesehen. Das wuchtige graue Bauwerk war ein beliebtes Motiv für Poster und Hochglanzbildbände über die malerischen Landschaften Northwinds. Die Touristen, die er durch die nördlichen Rockspires geführt hatte, waren oft genug furchtbar enttäuscht gewesen, als sie hörten, dass die fotogene Burg, wegen der sie so weit gereist waren, mitten in einem riesigen Privatgrund lag und nicht zur Besichtigung freigegeben war. Er hatte sicher nicht erwartet, jemals an einem Tisch im Kleinen Saal der Burg zu sitzen, mit dem Kapitän seiner Kompanie und den anderen Unteroffizieren Tee zu trinken und auf eine Nachricht von der Countess zu warten.
Lexa Mclntosh schien es ebenso zu gehen. Sie goss sich frischen Tee aus der silbernen Kanne in ihre Porzellantasse und nahm mit der silbernen Zuk-kerzange einen Zuckerwürfel. »Ein weiter Weg von Barra Station bis in eine Burg in den Bergen. Das Leben ist schön.«
»Mit nur drei Zügen?«, fragte Jock Gordon. »So schön auch wieder nicht.«
Will schüttelte den Kopf. »Mit drei Zügen können wir alle Kundschafter abwehren, bis die Hauptstreitmacht eintrifft.«
»Alles schön und gut«, meinte der Kapitän. »Aber nur für den Fall, dass das schöne Leben ein paar hässliche Überraschungen für uns zurückhält, möchte ich alles, was man von hier aus sieht, mit Sprengladungen versehen. Angefangen von den Klippen an der Auffahrt bis hinunter zur öffentlichen Straße.«
Lexas Blick wanderte, während der Kapitän das sagte, hinüber zu den Fenstern, und Will sah, wie ihre Augen sich verengten. Er folgte ihr em Blick. Vor dem Fenster war ein kurzes Stück der langen Auffahrt zum Haupteingang der Burg zu sehen, doch als er hinausschaute, sah er nichts Ungewöhnliches, weder auf der Fahrbahn noch in den Schneewehen zu beiden Seiten.
»Was war?«, fragte er. Lexa hatte den Blick einer Scharfschützin und ihr entging nichts. Falls sich auf der Straße etwas bewegt hatte, hatte sie es gesehen.
»Ein Bote«, erklärte sie. »Auf einem schnellen Motorrad. Kein dussliges Schweberad.«
»Hört sich an, als wäre das schöne Leben vorbei«, bemerkte der Kompaniechef. Er stellte die Teetasse ab. »Ich schätze, Sie drei sollten nachsehen gehen, was der Postbote heute für uns hat.«
Will und seine beiden Freunde hasteten hinunter zum Vordereingang der Burg und trafen rechtzeitig ein, um nebeneinander auf den Granitstufen zu warten, als das Motorrad auf den letzten Serpentinen der steilen Auffahrt in Sicht kam. Das Rad donnerte mit überhöhter Geschwindigkeit heran und legte sich so flach in die Kurven, dass es schien, als geschehe dies parallel zum Boden. Der Fahrer trug eine Highlander-Uniform.
»Nachricht für den Kompanieführer«, meldete der Bote.
»Haben wir uns schon gedacht«, bemerkte Lexa. Sie hatte ihn in der letzten Kurve mit dem Lasergewehr anvisiert und setzte es jetzt ab, als sie antwortete: »Geben Sie her, wir bringen sie hoch.«
Der Bote holte einen mit einer Kordel versiegelten Umschlag aus der Innentasche der Jacke. »Ich soll auf Antwort warten.«
»Wir sorgen dafür, dass Sie eine bekommen«, versprach Will. Er nahm den Umschlag in Empfang. »Warten Sie hier. Jock, Lexa - ihr bleibt bei ihm .«
Er brachte den Umschlag durch den Großen Saal der Burg zurück zum Kleinen Saal, wo der Kapitän wartete. Er stand am Fenster, schaute hinaus auf die schneebedeckten Gipfel der Berge und rührte seinen Tee um.
»Ein Bote vom Hauptquartier.« Will salutierte.
»Danke, Hilfstruppführer.« Der Kapitän erwiderte den Gruß. Er öffnete den Umschlag, las den Text im Innern und legte ihn beiseite. »Bitte rufen Sie die anderen Hilfstruppführer herein. Und schicken Sie der Countess und Brigadegeneral Griffin folgende Antwort: >Wir verstehen<«
»Sir.« Will salutierte noch einmal und ging.
Wenige Minuten später kehrte er mit Jock und Lexa zurück. Der Kompaniechef, der wieder hinaus auf die
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