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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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unbeantwortete Frage: »Niemandem ist etwas herausgerutscht, keine Bemerkung, die Sie sich damals vielleicht nicht erklären konnten?« Der Schmerz schoss ihm in den Rücken, dann ins Genick, schließlich eine kleine Explosion unter der Hirnschale. Er verzog das Gesicht.
    »Was ist?«, fragte Detmold. »Sie haben Schmerzen, ich sehe das.«
    »Arthritis«, sagte Stachelmann und winkte ab. Er fand es selbst nicht überzeugend. Solche Schmerzen lassen sich nicht überspielen. Er fand die Diclofenactabletten und schluckte zwei, die er mit Saft hinunterspülte.
    »Wollen Sie sich hinlegen?«, fragte die Frau.
    Stachelmanns Augen schmerzten, als schnitte ein Messer hinein. Er schloss sie.
    »Ich habe gerade in der Fachpresse gelesen, man glaubt es kaum«, plauderte der Arzt, der nun, sofern es nicht längst geschehen war, endgültig seine Selbstsicherheit zurückgewonnen hatte, »also Viagra sei auch ein überraschend wirksames Arthritismedikament. Vielleicht versuchen Sie das einmal.«
    Stachelmann öffnete die Augen und sah, wie der Arzt wieder so auf seine Uhr schaute, dass Stachelmann es merken musste. Die Frau war aufgestanden und schob eine Liege mit Auflagepolster neben Stachelmanns Stuhl. »Legen Sie sich einen Augenblick darauf«, sagte sie. Er sah, sie hatte Angst. Stachelmann quälte sich auf die Liege, aber dann tat es gut, sich auszustrecken. »Wovor haben Sie Angst?«, fragte er.
    »Ich habe keine Angst«, sagte sie und schaute weg.
    Trotz des Schmerzes spürte Stachelmann sich erleichtert. Endlich hatte er etwas gefunden. Er musste noch überlegen, aber er hatte an einem Zipfel gezogen, und es hatte etwas daran gehangen. Was dies genau war, er würde es herausbekommen. Eines aber verwirrte ihn, nämlich dass Detmold immer selbstsicherer geworden war, während sie Angst bekommen hatte. Vielleicht hast du die ersten Pokerrunden auch nicht gewonnen, vielleicht wollte er dir das Gefühl vermitteln, du hättest gewonnen. Und vielleicht schickt er dich auf eine falsche Fährte.
    Plötzlich bekam er Angst. Wenn die beiden nun in Lebensgefahr gerieten, weil er sie besucht hatte? Schön, dass du auch daran denkst, verspottete er sich. Hättest du früher drauf kommen können. Jag dich nicht selbst ins Bockshorn, die Brettschneider ist bei einem alltäglichen Autounfall gestorben, Frau Schmelzer ist alt und hat ein schwaches Herz. Ob sie noch lebt? Und Adi, wo war Adi? Vermutlich noch im Krankenhaus. Wie nannte er sich nun? Stachelmann wusste es nicht. Dummkopf, schalt er sich. Du hättest im Krankenhaus anrufen können. Dann sah er seine Umgebung wie durch einen Schleier. Als wäre der Dunst des Neckars auf die Terrasse gezogen. Er wusste nicht mehr, ob die Zeit verging.
    »Trinken Sie das«, sagte Detmold. Er hockte plötzlich neben der Liege, mit einem Glas in der Hand.
    Stachelmann wollte sich erst wehren, aber dann nahm er das Glas und trank. Es war ihm gleichgültig. »Lasst mich in Ruhe«, murmelte er. Dann schlief er ein. Er träumte von einem Arzt im weißen Kittel, der ihm einen Giftbecher reichte. Die sokratische Methode. Er sah Ossi, der sich etwas in den Mund sprayte. Dabei tippte er mit der freien Hand immer wieder auf eine Akte. Da ist die Wahrheit drin, sagte Ossi. Du musst nur genau hinsehen. Schau hin, du Blindfisch! Ich habe doch schon alles vorbereitet. Du musst nur begreifen.
    Als er aufwachte, hockte Detmold immer noch neben der Liege. Seine Frau schaute über seine Schulter auf Stachelmann. »So was nennt man einen Sekundenschlaf«, grinste Detmold.
    »Wie spät ist es?«, fragte Stachelmann. Die Sonne schien rot durch den Dunst.
    »So gegen halb sieben«, sagte Detmold ruhig. »Wenn es Ihnen wieder einigermaßen geht, sollten Sie nach Hause fahren und sich ausruhen. Sie sind erschöpft, und das liegt nicht nur an den Schmerzen.« Der Mann hatte eine sonore Stimme, warum merkte er das erst jetzt? »Wenn man ausgepowert ist, dann nimmt man Dinge wahr, die es nicht gibt.«
    »Sie meinen die berühmten Gespenster.«
    »Genau. Die sind immer unterwegs und suchen sich Menschen, die erschöpft sind oder verzweifelt, verängstigt. Leute wie Sie.«
    Stachelmann wollte erst widersprechen. Aber dann schwieg er. Der Mann hatte ja Recht.
    »Wie hieß Ihre Gruppe? Revolutionäre Garde?«
    Detmold lachte. »Ganz bestimmt nicht. Die hat es hier doch nie gegeben. Und woanders wahrscheinlich auch nicht.«
    »Aber von denen stammt ein Bekennerbrief.«
    »Nicht der einzige, glaube ich. Dass es Leute gibt, die sich

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