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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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Stachelmann.
    Der zögerte, das Pokerspiel ging in die zweite Runde, die erste hatte er gewonnen. »Ich bin mir nicht sicher. Jedenfalls noch nicht sicher genug, um zur Kripo zu gehen.«
    Detmolds Augen weiteten sich. »Glauben Sie, dass der Überfall auf Sie etwas zu tun hatte damit?«
    »Welcher Überfall?«, fragte die Frau. Sie war verwirrt und versuchte vergeblich, es zu verbergen.
    »Als ich Notdienst hatte, wurde ich in die Altstadt gerufen, und dieser Herr war der Patient. Zwei Schläger sind über ihn hergefallen.«
    Die Frau schaute Stachelmann an, sagte aber nichts.
    »Mord verjährt nicht«, sagte Stachelmann. »Wer immer Lehmann auf dem Gewissen hat, er wird dafür bezahlen müssen.«
    Der Arzt nickte bedächtig. Etwas ging in seinem Kopf vor. »Sind Sie deshalb nach Heidelberg gekommen?«
    »Ja.«
    »Nach fast dreißig Jahren.«
    »Nach fast dreißig Jahren.« Warum sollte er dem Mann etwas erzählen über Ossis Abgang und die Akte? Über die merkwürdigen Dinge, die geschehen waren, seit er in Heidelberg war?
    »Haben Sie diesen Lehmann gekannt?«, fragte die Frau.
    »Nein«, sagte Stachelmann, »aber Ihr Mann hat ihn gekannt.«
    Der dachte nach. Dann sagte er: »Ich kann mich gut an ihn erinnern. War ein Genosse in unserer Gruppe. Heute würde man sagen, wir seien so eine Art Psychosekte gewesen, Marx, Freud, Reich und dieses und jenes. Verrückt. Die Gesellschaft ist krank, nicht die Kranken. Und bevor die Gesellschaft nicht zerschlagen ist, werden die Menschen nicht gesund. Das klingt zwar widersinnig, ist es auch, aber wir haben daran geglaubt. Eigentlich haben wir alle Gesunden auch für krank gehalten, sie haben es nur nicht gemerkt. Die Gesellschaft ist das Böse, wenn man es ausbrennt, wird alles gut.« Er lachte trocken, dann hustete er, als hätte er sich verschluckt. Mitten im Husten hielt er inne. »Dem Lehmann wurde nachgesagt, er habe was mit dem Verfassungsschutz gehabt, sei ein Verräter gewesen.«
    Die Pokerrunde lief gut. Stachelmann musste Detmold nur vortäuschen, er wisse viel und vor allem auch etwas, das der Arzt wissen musste, wenn er Lehmann gekannt hatte. Wenn Detmold schwieg, musste er fürchten, sich verdächtig zu machen bei Stachelmann. Es war ein Gefühl wie damals, als er den Blick Leopold Kohns gesehen hatte und Anne nichts aufgefallen war. Aber ihm. Detmold hatte schlechte Nerven, er war unter Druck und merkte nicht, dass er selbst am Schraubstock drehte. Und das, weil Stachelmann kaum etwas sagte.
    »War er es?«, fragte Stachelmann, als der Arzt eine Weile geschwiegen hatte.
    »Weiß ich nicht. Sie wissen doch selbst, wie schnell man in Verschiss war. Gerüchte gab es immer, und selten hat eines gestimmt.«
    »Hat denn jemand Lehmann beobachtet bei einem Kontakt zum Verfassungsschutz? Es muss doch etwas gegeben haben, das Leute darauf brachte, er sei ein Spitzel.«
    »Da muss es nichts gegeben haben. Das war oft das Ergebnis phantasievoller Spekulation am Biertisch. Es war doch ohnehin eine Zeit wilder Konstrukte, und schuld war der Kapitalismus oder der Sozialimperialismus oder der Maoismus.«
    »Wie gut hast du Lehmann gekannt?«, fragte die Frau. »Mir hast du nie von ihm erzählt.«
    »Ein Freund war er nicht, aber ein Genosse.«
    Stachelmann überlegte, ob er es schon fragen konnte. Dann tat er es: »Kennen Sie noch andere Leute, die in Ihrer Gruppe waren?«
    Wenn er nein sagte, machte er sich weiter verdächtig. Wenn er es bejahte, brachte er Stachelmann weiter. Der Arzt war ein intelligenter Mann, und die Schweißperlen hatte ihm nicht nur die Hitze auf die Stirn getrieben. »Wie meinen Sie das? Ob ich noch Kontakt habe?«
    Stachelmann triumphierte innerlich. Diese dumme Frage stellte er nur, um Zeit zu gewinnen. Aber es nutzte ihm nichts. Stachelmann schwieg, schaute in den Dunst über dem Neckar, fand die Schwüle nicht mehr bedrückend und lächelte kaum sichtbar.
    »Ich habe heute keinen Kontakt mehr«, sagte der Arzt.
    »Namen«, sagte Stachelmann.
    »Es ist ewig her.«
    »Soll ich Ihnen die Namen der Leute nennen, mit denen ich damals zu tun hatte?«, fragte Stachelmann. »Ich könnte sie alle aufzählen, und wenn ich zeichnen könnte, würde ich Ihnen ihre Porträts in Serie fertigen.« Er hoffte, der andere würde seine Aufregung nicht spüren.
    »Ich versuch's. Esau Kipper. Der ist Rechtsanwalt hier in Heidelberg, ich habe ihn ein-, zweimal zufällig getroffen. Reimund Zastrow. Der ist aber tot, Lungenkarzinom. Schwarzer Krauser. Detlef Köhler, war

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