Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)
selbstzufrieden, trotz des Hauchs von Sorge in seiner Stimme. »Selbstverständlich bei Mercy.«
Bran lächelte, als er auflegte. Dann stand er auf und zog sich für die Fahrt an.
Er blieb vor Leahs geschlossener Tür kurz stehen, aber was zwischen ihnen nicht stimmte, konnte nicht verändert werden. Er wollte es nicht einmal ändern, er bedauerte nur, dass sie so oft gekränkt wurde. Am Ende ließ er sie in Ruhe.
Er hinterließ keine Nachricht; sie würde sich nicht dafür interessieren, wohin er ging oder warum.
Annas Hals schmerzte vom Weinen, als sie auf Charles’ kälter werdendem Körper lag. Ihr Gesicht war nass von
Tränen und Blut. Die Flüssigkeit gefror in der bitteren Kälte, und ihre Fingerspitzen brannten vom Schnee.
Er war tot, und das war ihre Schuld. Sie hätte erkennen müssen, dass die Blutung schlimmer war, als er sagte. Sie war nur ein paar Tage lang mit ihm zusammen gewesen.
Sie löste sich von ihm, setzte sich im Schneidersitz auf den kalten Boden und betrachtete sein exotisches, hübsches Gesicht. Er hatte zweihundert Jahre oder länger gelebt, und sie wusste so wenig von dieser Zeit. Sie wollte all die Geschichten hören! Wie war es gewesen, als Werwolf aufzuwachsen? Welchen Schabernack hatte er getrieben? Sie wusste nicht mal, was seine Lieblingsfarbe war. Grün, wie sein Schlafzimmer?
»Rot. Meine Lieblingsfarbe ist rot«, flüsterte seine Stimme in ihr Ohr und ließ sie aufschrecken.
Aber das war unmöglich, oder?
Sie griff zur Seite, um Charles zu berühren, aber sie hatte nur einmal geblinzelt und lag bereits flach auf dem Rücken unter einem Charles, der sehr lebendig war, obwohl die linke Seite seines Gesichts aussah, als hätte ihn eine Bestie gekratzt.
Sie hechelte, und ihre Hände taten weh, als sie sich langsam wieder in die Hände eines Menschen verwandelten. Hatte sie ihm wehgetan? Ihr Herz fühlte sich an, als hätte es stillgestanden und finge erst jetzt wieder an zu schlagen.
»Charles?«, brachte sie hervor.
Er bewegte das Gesicht nicht sonderlich, aber sie sah ihm die Erleichterung trotzdem an, und sie spürte, dass sein Griff sich entspannte.
Kurz drückte er das Gesicht an ihren Nacken und atmete gegen ihr Ohr. Dann zog er sich ein wenig zurück,
rollte von ihr herunter und sagte: »Du hättest nur zu fragen brauchen.«
Sie setzte sich hin und fühlte sich schwach und desorientiert. »Fragen?«
»Was meine Lieblingsfarbe ist.«
Sie starrte ihn an. Machte er einen Witz daraus? »Du warst tot«, sagte sie. »Ich bin aufgewacht, und da war all dieses Blut. Du hast nicht mehr geatmet. Du warst tot.«
Ein Knurren hinter ihnen erschreckte sie; sie hatte Walter vollkommen vergessen.
»Ich rieche es auch, Wolf«, sagte Charles, während die Kratzer an der Seite seines Gesichts schnell verheilten. »Hexerei. Hat die Hexe etwas von dir genommen, Anna? Haut, Blut oder Haar?«
Als der Wolf erschienen war, hatte Mary ihr Haar gepackt.
»Haar.« Ihre Stimme war so heiser, dass sie sie beinahe selbst nicht erkannte.
»Wenn man mit Hexen zu tun hat, ist es gut, sie auf Distanz zu halten«, sagte er. »Dein Haar hat ihr gestattet, in deine Träume einzudringen. Wenn du in diesem Traum gestorben wärest, wärest du wirklich tot gewesen.«
Sie wusste, dass das in einer Minute wichtig sein würde, aber jetzt noch nicht. Ein bisschen hektisch zog sie den Reißverschluss seiner Jacke auf. Er hielt ihre Hände fest und fragte: »Kann ich dir behilflich sein?«
Seine Hände waren so warm. »Ich muss deinen Rücken sehen.«
Er ließ sie los, zog die Jacke aus und drehte sich, immer noch auf den Knien, so dass sie die Streifen des Hemdes sehen konnte, die sie um seinen Oberkörper gewickelt hatte. Sie waren nicht blutig. Sie legte den Kopf an seine
Schulter und atmete seinen Geruch ein. Darunter konnte sie altes Blut und die heilende Wunde riechen.
Sie nahm das Hemd in beide Hände und versuchte, sich zu fassen.
»Es war also nur ein Albtraum?«, sagte sie, denn sie hatte immer noch Angst, es zu glauben. Angst, dass es die Wahrheit gewesen war und sie sich jetzt in einem Traum befand.
»Nein«, sagte er. »Es war die Summe deiner größten Ängste.« Er drehte sich in ihrem Griff und schlang beide Arme um sie, umschloss ihren kalten Körper mit seiner Wärme. Er flüsterte ihr ins Ohr: »Wir versuchten schon seit etwa einer Viertelstunde, dich zu wecken.« Er hielt inne, dann fügte er hinzu: »Du warst nicht die Einzige, die Angst hatte. Dein Herz hat aufgehört zu
Weitere Kostenlose Bücher