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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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allemal verdienen, da hatte Octavien keine Bedenken. Nur, wohin sollte er sich wenden? Am Ende kam ihm doch noch ein Gedanke, den er für vielversprechend hielt: Agnes’ Mutter. Natürlich! Wohin wendet sich ein heimatloses Kind? Und Sponheim war nicht so weit entfernt wie Lübeck oder Rom. Wenn er Agnes dort nicht antraf, hatte er zumindest keine halbe Weltreise unternommen. Sobald Octavien dieser Einfall gekommen war, ließ er auch schon sein Pferd satteln. Seiner Mutter sagte er nichts. Während noch die Morgennebel über den Wiesen lagen, machte er sich auf den Weg in Richtung Pfalz. Der Name von Agnes’ Mutter war Johanna vom Annenhof, wo sie ein Gasthaus für Fuhrleute betrieb.
    ***
    Der hübsche Junker mit dem teuren Tuch und dem Schwert an der Seite war kein alltäglicher Gast im Annenhof. Auch einen so herrlichen Rappen mit einem Fell wie Seide bekam man hier nicht häufig zu sehen. Octavien hatte sich abseits von den übrigen Gästen an einen leeren Tisch gesetzt, wobei er die blankgescheuerte Bank extra mit einem mitgeführten Tuch abwischte, bevor er sich setzte. Johanna runzelte leicht die Stirn, aber so vornehmen Gästen musste man manche Marotte nachsehen. Sie war neugierig, was ihn in diese Gegend geführt hatte. Deshalb scheuchte sie Gretlin, ihre Dienstmagd, die dem neuen Gast sofort zu Diensten sein wollte, in die Küche. Den Mann bediente sie selbst. »Gott zum Gruße, edler Herr«, begrüßte sie ihn, während sie mit einem großen Tuch gründlich den Tisch abwischte, auf dem ebenfalls kein Krümel zu sehen war. Aber der Gast sollte hier nicht selbst putzen müssen, auch wenn ihm das offensichtlich ein Bedürfnis war. »Was darf es sein? Wir haben Hirschbraten in Rotweinsoße mit Mehlklößchen oder Rostbraten vom Schwein, dazu eine süßsaure Soße …«
    »Bringt mir erst einmal ein kaltes Bier, gute Frau.«
    »Natürlich. Selbstverständlich. Es ist ja auch schon recht warm, obwohl wir erst Mittag haben. So ein Ritt macht natürlich durstig. – Gretlin!«
    Das Mädchen eilte herbei, den Kopf bescheiden gesenkt, aber den Blick verstohlen auf den Fremden gerichtet. Johanna bemerkte, dass sie rot wurde, und musste lächeln. »Bringe dem edlen Herrn ein Bier.«
    Gretlin knickste und lief davon. »Ich darf Euch nach dem Hauptgericht unsere Eierspeise empfehlen«, fuhr Johanna eifrig fort, während sie überlegte, wie sie den Gast auf höfliche Weise ausfragen konnte. Dann nahm sie seinen Blick gewahr, mit dem er sie recht freimütig musterte, als wolle er nicht ihr Essen, sondern sie selbst verspeisen. Sie errötete wie ihre Dienstmagd, gleichzeitig ärgerte sie sich über seine Dreistigkeit.
    »Ich nehme den Hirschbraten und die Eierspeise«, erwiderte Octavien freundlich. »Ihr seid Johanna, die Wirtin?«
    Wofür hält er mich denn sonst?,
dachte sie.
Aber immerhin, ein wohlerzogener Bursche ist er. Redet mich mit ›Euch‹ an, dabei ist er sicher ein Ritter.
Sie nickte. »Kann ich Euch irgendwie behilflich sein?«
    »Das hoffe ich. Bitte, nehmt doch Platz bei mir. Ich habe mit Euch zu reden.«
    Johanna sah ihn erstaunt an. Was hatte so einer mit ihr zu bereden? Dennoch – der Wunsch eines Gastes war Befehl. Sie setzte sich.
    »Ihr habt eine Tochter – Agnes.«
    Johanna spürte, wie ihre Brust sich zusammenzog. Also doch kein freundlicher Mann, einer, der die alte Sache aufrühren wollte. Zwei Männer waren auf der Burg gewesen, hatten Fragen gestellt, und dann waren Konrads Männer bei ihr aufgetaucht. Ob sie wisse, wo ihre Tochter sei. Nein, sie habe keine Nachricht von ihr. Zum Glück hatten die Männer ihr geglaubt und waren wieder gegangen, doch nun war noch einer gekommen und wollte ihr den Frieden rauben. Ihre Miene wurde abweisend. »Ja, aber Ihr braucht nicht weiter zu fragen, ich weiß nicht, wo sie ist.«
    Der Anflug einer Enttäuschung glitt über sein Gesicht. Dann fügte er, wie es schien hastig, hinzu: »Ich bin Octavien de Saint-Amand. Agnes und ich, wir sind einander versprochen.«
    Aha! Noch so ein Herr Hochwohlgeboren wie jener Kuno von Eibenau, der ihre Agnes ausnutzen wollte. Johannas Miene wurde eisig. »So? Und weshalb sucht Ihr sie dann bei mir? Ist sie Euch etwa weggelaufen?« Der Spott in ihrer Stimme war unüberhörbar.
    Octavien nickte. »Das ist sie tatsächlich. Wir hatten Streit, Agnes trug daran keine Schuld. Es war meine Mutter. Nun bin ich auf der Suche nach ihr.«
    Johannas Augen wurden zu Schlitzen. »Um sie zu heiraten?«
    »Ja gewiss.«
    Johanna

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