Schatten eines Gottes (German Edition)
trafen. Weiter ging es in nördlicher Richtung. Die nächste größere Stadt war Perugia.
Sinan beobachtete das Zelt des Papstes von einer kleinen Anhöhe aus. Dazu hatte er sich von den anderen entfernt, angeblich, um in der Abgeschiedenheit zu beten. Das Zelt wurde streng bewacht. Es waren zu viele, um sie in einem Überraschungsangriff niederzumachen. Auch als Mönch durfte er sich nicht dem Zelt nähern, ohne sich verdächtig zu machen, denn er hatte dort nichts zu suchen. Aber selbst, wenn es ihm gelänge, mit einem Trick zum Papst vorzudringen, so müsste er ihn schon im Schlaf erwischen, denn Innozenz, Mithras verfluche ihn, trug, wie er wusste, tagsüber ein Kettenhemd unter seiner Kleidung. Er musste also auf irgendeinen Zwischenfall warten und ihn dann nutzen. Zwischenfälle auf Reisen waren häufig, und die gewohnte Aufmerksamkeit wurde dann oft vernachlässigt.
Keinen Zwischenfall, aber eine Veränderung gab es einige Meilen vor Perugia. Irgendetwas war im Gange, Reiter sprengten hastig vorbei, die Kutschen der Kardinäle schlossen auf, der Abstand zu den Mönchen vergrößerte sich. Die päpstlichen Soldaten schirmten den Tross gegen jedermann ab, als sei der Geleitzug zu einer Festung geworden, die man verteidigen musste. Bauern und Handwerker, die ihnen begegneten, wurde befohlen auszuweichen und einen anderen Weg zu nehmen. Sinan war plötzlich von jeder Information abgeschnitten. Die Mönche um ihn herum wussten auch nicht mehr, außerdem waren sie sehr schweigsam. Nur hin und wieder machten Gerüchte flüsternd die Runde. Sinan gab nichts auf Gerüchte. Aber jeder seiner Vorstöße in Richtung auf die päpstliche Kutsche schlug fehl. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Sache weiter zu beobachten und sich in Geduld zu fassen.
Der Papst und sein Geleitzug nahmen in einem Kloster Quartier, das etwa drei Meilen von Perugia entfernt in einer einsamen Gegend lag. Das war seltsam. Was hatte es mit diesem unscheinbaren Kloster auf sich? Weshalb marschierten sie nicht die restlichen Meilen bis Perugia, wo alle eine weitaus komfortablere Unterkunft gefunden hätten? Denn es würde in dem kleinen Kloster recht eng und ungemütlich für die hohen Herrschaften werden. Hatten Nathaniel und die mit ihm befreundeten Kardinäle hier ihre Hand im Spiel?
Die Mönche hatten ihr Nachtlager in einem Wäldchen aufgeschlagen, und weil sie ebenfalls verunsichert waren, beteten sie viel. Sinan ging ihr ständiges Gemurmel auf die Nerven. Aber noch mehr verdross es ihn, dass er hier weit ab vom Geschehen war. Er erfuhr rein gar nichts, was im Kloster geschah. Er hatte auch nicht die Gelegenheit, etwas zu beobachten. Am nächsten Morgen beschlossen die besorgten Mönche, jemanden vorzuschicken, um Auskünfte einzuholen. Sinan erklärte sich sofort dazu bereit. Als er aus dem Wald heraustrat und auf einen kleinen Hügel stieg, sah er die Klosteranlage unter sich liegen. Außer einer ungewöhnlich großen Anzahl von bewaffneten Wächtern war niemand zu sehen. In der Nacht mussten aus den umliegenden Ortschaften noch weitere Männer eingetroffen sein, er erkannte es an ihren Farben. Die Kutschen standen alle auf einem Platz, die Pferde befanden sich offensichtlich in den Stallungen. Niemand machte Anstalten aufzubrechen.
Sinan kehrte wieder zu den Mönchen zurück und erstattete Bericht. Die Situation erschien bedrohlich. Marschierte ein Feind auf sie zu? Aber dann hätten sie sich in Perugia besser verschanzen können. Die Mönche waren bedrückt und beteten noch eifriger, Sinan war verärgert, doch seine Sinne hellwach. Er wollte noch ein wenig abwarten, dann würde er den Mönch mit einem der Wachposten tauschen müssen. Er musste es tun, wenn sie allein oder zu zweit auf Wache standen.
Zwei Tage vergingen, und es hatte sich noch keine günstige Gelegenheit ergeben. Im Kloster rührte sich immer noch nichts. Am dritten Tag jedoch schien sich etwas verändert zu haben. Sinan, der nun täglich seinen Beobachtungsposten einnahm, bemerkte, dass die Mönche, die das Kloster bewohnten, sich häufiger auf dem Gelände aufhielten, offensichtlich, um ihren täglichen Beschäftigungen nachzugehen. Und auch die Kardinäle zeigten sich. Sie schritten in kleinen Gruppen umher, und an ihren Gesten erkannte Sinan, dass sie angeregte Gespräche führten. Nathaniel konnte er aus dieser Entfernung nicht unter ihnen ausmachen. Auch ein allgemeiner Aufbruch war nicht zu erkennen. Und noch eins hatte Sinan sofort erkannt. Die Mönche
Weitere Kostenlose Bücher