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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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eine schöne Frau. Du siehst sie, dein Herz entbrennt zu ihr, und alles, was du dir mühsam erworben hast, zerfällt zu Asche, deine Tugenden und Ziele schwinden wie Rauch. Um sie zu besitzen, wagst du alles, wenn sie dich nicht erhört, leidest du Höllenqualen. Wenn du sie dann besessen hast und erwachst aus deinem Rausch, dann erkennst du deinen tiefen Fall und wirst von Reue zerfressen. Doch inmitten heftigster Selbstvorwürfe steht sie plötzlich wieder vor dir, und deine neuen guten Vorsätze zerspringen wie ein Krug aus Ton.«
    Sinan schüttelte verächtlich das Haupt. »Ich bin Rashnu, der Löwe. Wenn ich brülle, werden die Frauen mich fürchten und sich von mir fernhalten.«
    »Das werden sie nicht. Sie werden dir schmeicheln und deine Nähe suchen.«
    Sinan schnaubte verächtlich. »Niemals werde ich dulden, dass mich eine Frau von meinem Weg abbringt. Keine Frau und kein schlechter Christ. Sie alle werden in meinem Feuer verbrennen.«
    Der Meister spürte die Leidenschaft, die von Sinan ausging. Wer so hitzig von Verbrennen sprach, der würde auch ungestüm lieben. »Möge Mithras deine Worte in Stein meißeln. Aber denke daran: Du begibst dich unter die Wölfe. Wenn du auf deinem Weg strauchelst und fällst, dann ist dir die Rückkehr in den Schutz des Tempels auf immer verwehrt. Weder Mithras noch Christus werden dir eine Heimstatt sein.«
    »Ja Meister. Ich werde an deine Worte denken.«
    »Gut. Und vergiss niemals: Um den Weihegrad des Löwen zu vollenden, musst du am Ende die Bestie überwinden, denn erst das macht dich zu einem Menschen, der des Lichtes würdig ist: zum glänzenden Parsen, zu Ranush, dem Gerechten.«

Emanuel bei den Franziskanern
    Emanuel bahnte sich mit wachsender Verzweiflung einen Weg durch die verwinkelten Gassen hinter St. Columba. In diesem Teil der Stadt vom Hahnentor bis hinauf zur Marzellenstraße, wo das Judenviertel begann, war der im Heiligen Köln allgegenwärtige Gestank noch beißender. Den Saum seiner weißen Tunika bis zu den Knien gerafft, konnte er dennoch nicht verhindern, dass die Brühe aus Essensresten, Unrat, Tierkadavern, Kot und Urin ihm bis zur Hüfte spritzte. Seine Sandalen waren auch nicht das geeignete Schuhwerk, bis zu den Knöcheln versank er mit ihnen im Morast der Gosse, wo sich der Abfall türmte. Manchmal rutschte er auf einer toten Ratte aus oder stolperte über Schweine, die in Essensabfällen wühlten. In schweigendem Grimm kämpfte er sich vorwärts, das Fluchen war ihm natürlich untersagt, doch das hieß nicht, dass ihm keine gotteslästerlichen Verwünschungen eingefallen wären. Das große und mächtige Köln – hatte er sich das so vorgestellt?
    Er stolperte an schmalbrüstigen Fachwerkhäusern mit steilen Dächern vorüber, deren Fassaden sich bedrohlich neigten und sich manchmal zu schmalen Durchgängen verengten, in denen nur magere Hunde und Katzen einander begegnen konnten, ohne sich zu berühren. Obwohl es um die Mittagsstunde war, ließen die vorkragenden Stufengiebel kaum einen Sonnenstrahl durch.
    Rauch aus unzähligen Kaminfeuern hing zwischen den Häusern, und aus offenen Türen überfielen Emanuel die stechend riechenden Dunstschwaden von gekochtem Kohl und angefaulten Rüben. Überall bleckte die Armut ihre Zähne, griff mit schmierigen Fingern nach ihm. Emanuels wohlbehütetes, geordnetes Dasein wurde von allen Seiten bedroht und angegriffen. Niemals hätte er solche Zustände in einer christlichen Gemeinde für möglich gehalten.
    Vor den Türen hockten Greise mit gelblicher Haut, die stumpf vor sich hin stierten, als warteten sie nur noch auf den Tod. Wenn er an ihnen vorüberging, entblößten sie blöde grinsend ihre gelben Zahnstümpfe. In den Türen und Hofdurchgängen lehnten magere Frauen mit Säuglingen auf den Armen. Emanuel schenkte ihnen keine Beachtung, um die Feindseligkeit in ihren abgezehrten Gesichtern nicht schauen zu müssen. Was waren das für Menschen? Er hatte geglaubt, Gottesdiener würden überall herzlich willkommen geheißen. Zerlumpte Kinder wurden ihm vor die Füße gespült, zupften dreist an seinen Kleidern, und nicht einmal die Jüngsten hatten Ehrfurcht vor seinem Habit. Sie streckten ihre mageren Hände aus und bedachten ihn, weil er nichts geben konnte, mit unverschämten Worten. Weshalb hatte ihm Abt Bruno nicht verraten, dass Sodom und Gomorrha sich in einem Kölner Stadtviertel erhalten hatten? Und inmitten dieses Elends hatten sich diese Franziskaner niedergelassen? Verdammte

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