Schatten im Park
anders angesehen. Aber jetzt …
„Na, Benjamin, wovon träumen wir denn?“ Der Deutschlehrer war hinter ihm aufgetaucht. „Halloween ist vorüber. Jetzt geht’s wieder um den Ernst des Lebens, um die S-Schreibung!“ Benji wurde rot, ein paar lachten. Issi drehte sich um. Sie lachte wenigstens nicht. Auch Morz verzog keine Miene. Die Augen der meisten waren auf Benji gerichtet. Sie waren alle dankbar für die Ablenkung im Deutschunterricht. Er war wieder der zu klein geratene Benji aus schwierigen Verhältnissen, er musste sich wieder mit frechen Sprüchen behaupten und mit Angeberei Respekt verschaffen.
Aber er hatte sein Talent zum Angeben verloren.
Dieser öde Heimweg, was wartete denn zu Hause auf ihn? Das prachtvolle Herbstwetter verdüsterte Benjis Stimmung. Was sollte er an diesem langen Nachmittag alleine tun? Früher waren sie meistens zu viert im Park herumgelungert oder hatten auf den Wiesen jenseits des Flusses Fußball gespielt.
„Benji, warte!“ Issi! Überrascht blieb er stehen. Sein Herz klopfte. Schon hatte sie ihn eingeholt. „Was machst du heute am Nachmittag?“
„Ich? Weiß nicht. Nichts.“
„Ich will für zu Hause ein Herbstgesteck machen, als Dekoration, und brauche noch ein paar Blätter, Eicheln, Bucheckern und solches Zeug. Kommst du mit in den Wald?“
Benji stotterte beinahe: „Ich? Ja … gerne.“
„Super! Ich hol dich ab. Um halb drei?“ Benji nickte nur. Er hatte plötzlich keine Stimme mehr. „Okay, bis später! Ich freu mich!“ Dann war sie wieder weg. Eingebogen in eine Seitengasse.
Die Sonne wärmte Benjis Gesicht und Benjis Herz.
Ein großzügiges Projekt
„Meine Herren, ich denke, ich habe es geschafft!“ Eugen Hotter griff nach seinem Glas und prostete den beiden anderen zu. Sie saßen in Theos Sportcafé und tranken Wein.
„Wie du sicher gehört hast, haben auch meine Maßnahmen gegriffen …“, beeilte sich Otto hinzuzufügen.
Hotter unterbrach ihn: „Über deine Maßnahmen habe ich bedauerlicherweise nichts gehört. Ausschlaggebend war der Angriff auf den Buben, von der Lokalzeitung natürlich ausgeschlachtet. Der Angriff hat die Kinder endgültig aus der Nähe des Pavillons vertrieben. Aber trotzdem“, der Buchhändler blickte von Otto zu Joe, „hoffe ich sehr, war diese brutale Attacke nicht eure Idee.“
Otto stieß Joe mit dem Ellbogen an. Der wurde rot und schüttelte heftig den Kopf: „So etwas ist bei mir nicht drin. Hart anfassen ja, ein paar hinter die Ohren vielleicht, aber nicht zu Boden schlagen und umbringen wollen. Nein, das macht Joe nicht.“
Der Buchhändler nickte. „Gut. Ziemlich sicher ist, dass wir die alte Geschichte endlich überstanden haben. Und damit alles todsicher ist“, Eugen Hotter lächelte, „kommt jetzt mein großzügiges Angebot an die Gemeinde: Da die Dorfkinder keinen einzigen Spielplatz zur Verfügung haben, möchte ich auf dem Gelände des Pavillons eine Kletteranlage errichten lassen. In dem alten Betonfundament wird die Anlage verankert. Selbstverständlich übernehme ich auch die Abbrucharbeiten, dafür werde ich meine alte Werkstatt aufsperren und das Holz einmal zwischenlagern lassen. Die Leute sollen sehen, dass Eugen Hotter etwas für sie tut. Unter uns gesagt, möchte ich aber nicht, dass die Arbeiter zu neugierig sind. Es ist zwar unwahrscheinlich, aber es könnte jemanden interessieren, wozu dieses alte Fundament gut war. Nun: Ein Freund aus der Baubranche stellt ein Team zum Abreißen des Pavillons und für das Aufstellen der Kletteranlage zusammen. Jetzt kommt eure Aufgabe: Ihr seid mit dabei und lenkt von neugierigen Fragen ab. Ich hoffe, das stellt nicht zu hohe Anforderungen an euch. Das muss sauber und schnell gehen …“
„Da muss aber zeitlich alles zusammenpassen“, warf Otto ein. Er ärgerte sich über die Arroganz des Buchhändlers.
Der antwortete kühl: „Ich darf dich beruhigen, es wird alles zeitgerecht da sein. Das Timing lass nur meine Sorge sein.“
Otto unkte weiter: „Und das soll noch im Herbst passieren?“
Der Buchhändler beachtete den Einwurf nicht. Er hatte den Blick auf einen weit entfernten Punkt gerichtet. „Endlich was Gescheites für die Kinder tun: Das war schon immer mein Ziel. Und so kann ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, wenn ihr versteht, was ich meine.“
„Eugen, der Kinderfreund! Wie rührend!“, spottete Otto.
„Übernimm dich nicht!“, fauchte der Buchhändler. „Du sitzt mit im Boot, und das Sagen habe ich.
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