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Schatten im Park

Schatten im Park

Titel: Schatten im Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Thorwartl
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fragte noch einmal: „Was heißt das: für immer?“
    Issi hatte sich gefasst. „Warum willst du das wissen?“
    Benji hatte einen trockenen Hals, seine Stimme klang rau: „Ich hab über die Ewigkeit nachgedacht. So wie wir das in der Volksschule im Religionsunterricht gehört haben. Ewigkeit bedeutet immer und immer und immer und danach immer weiter, einfach immer. Glaubst du daran?“
    Issi runzelte die Stirn. „So hab ich an die Ewigkeit noch nie gedacht. Aber wenn sich zwei Menschen ewige Liebe schwören, dann hoffen sie, dass die Liebe lange, sehr, sehr lange dauert. Sie können sich gar nicht vorstellen, dass ihre Liebe aufhört. So denk ich mir das.“ Jetzt war Issi wirklich rot geworden. Rasch drehte sie sich vom Fenster weg.
    Was Issi da sagte, machte Benji die Brust eng. „Was ist nach dem Leben?“, fragte er leise. „Nach dem Leben beginnt die Ewigkeit?“
    „Was meinst du damit?“, fragte Issi überrascht.
    Benji flüsterte beinahe: „Ich hab Angst vor der Ewigkeit. Ich will nicht so enden wie … wie der Mann mit der Rübe.“ Dann begann er zu erzählen, erzählte ihr seine Begegnung mit Jack O’Lantern, erzählte ihr von seiner Angst, bis in alle Ewigkeit den untoten Hufschmied begleiten zu müssen, erzählte ihr von seiner Angst vor den eingebundenen Bäumen und Sträuchern und von den vergangenen drei Nächten, in denen er nicht richtig hatte schlafen können. Issi unterbrach ihn kein einziges Mal. Am Ende seiner Erzählung schämte Benji sich plötzlich furchtbar: Warum hatte er all das gesagt? Was dachte Issi jetzt von ihm, dem furchtlosen Angeber?
    Es war ganz still. Draußen war ein wunderschöner Herbstnachmittag.
    Einige Sekunden vergingen, dann sagte Issi ruhig: „Ich glaube nicht, dass du dich vor diesem Jack O’Lantern fürchten musst. Das ist doch nur eine Geschichte. Aber deine Angst ist so groß geworden, weil der Knochenmann dich vielleicht umbringen wollte. Das macht mir auch Angst.“
    Benji blickte sie beinahe erleichtert an. Dann stotterte er: „Ich, ich habe es niemandem erzählt außer dir. Und du sagst auch niemandem was?“
    Issi lächelte traurig. „Was glaubst du denn? Natürlich sag ich nichts.“ Sie stand langsam auf und sah zum Fenster hinaus. „Ich denke, ich werde jetzt wieder gehen. Aber ich halte zu dir, okay?“

Jonsch
    Das warme Novemberwetter hielt an. Die Ereignisse um Halloween verblassten langsam, und bald sprach niemand mehr davon.
    Auch der Pavillon hatte an Bedeutung verloren. Es gab niemanden mehr, der die jungen Leute fortjagen musste, die interessierten sich für die Bruchbude nicht mehr. So dämmerte das Lusthaus seinem Verfall entgegen.
    Überhaupt steckten Issi, Micha, Moritz und Benji, nicht mehr so zusammen wie früher. Halloween war ein Knackpunkt für ihre Freundschaft geworden.
    „Mama, jetzt sind sie dabei, den Pavillon einzuzäunen! Eine Tafel haben sie auch schon aufgestellt: BETRETEN VERBOTEN!“
    Micha platzte in die Mittagsruhe seiner Mutter, die sich auf der Couch ausgestreckt hatte. Sie hatte einen anstrengenden Vormittag in der Kanzlei hinter sich. „Das wurde auch Zeit. Und euch interessiert der Pavillon nicht mehr, oder?“ Sie streckte die Arme von sich und gähnte.
    Micha winkte ab: „Die Geschichte vom Toten im Pavillon war eigentlich nur etwas für Benji. Aber seit er im Park überfallen worden ist, macht er einen großen Bogen um das Lusthaus.“
    Seine Mutter setzte sich auf. „Jetzt hast du mich endgültig munter gemacht … Hat Benji etwas von diesem Überfall erzählt?“
    „Die Polizei hat ihn befragt, mehr weiß ich nicht. Er ist ja nicht verletzt worden. Benji übertreibt, es hat ihm sicher nur einer von den älteren Schülern eine Abreibung verpasst, weil er so ein freches Mundwerk hat.“
    „Trotzdem ist das keine Kleinigkeit.“
    „Mama, was ist eigentlich dran an der Geschichte mit dem Toten im Pavillon?“
    Frau Dr. Pachern schüttelte lächelnd den Kopf: „Du gibst wohl nie auf. Also, bei uns im Dorf ist vor zirka zehn Jahren ein Mann verschwunden. Ein Außenseiter, der sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser gehalten hatte. Jonsch hat er geheißen. Er hat einmal dort und einmal da geschlafen und war ein wunderlicher Einzelgänger, der gerne Selbstgespräche führte. Die Umstände seines Verschwindens waren merkwürdig. Wenige Tage zuvor hatte er in den Gasthäusern herumerzählt, er würde sich ein Häuschen kaufen. Jetzt habe er endlich das Geld dazu. Du wirst sicher das alte Haus im Süden,

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