Schatten im Park
drauf.“ Er stieß Moritz an. „Bei uns hat so ein Idiot Fleisch ins Schlafzimmer meiner Eltern werfen wollen. Ist aber im gekippten Fenster hängen geblieben. Der teure Teppich, alles versaut.“
Moritz tippte sich an die Stirn. „Bei euch auch? Bei uns ist ein Fleischstück direkt im Klo gelandet. Eine schöne Schweinerei. Ein paar Verdächtige hätte ich schon.“ Issi traute ihren Ohren nicht. Also war sie nicht das einzige Fleisch-Opfer gewesen. Ob es da einen Zusammenhang gab?
Micha stand plötzlich auf. „Wer sind denn die?“ Ein Mann und eine Frau standen vor dem Pavillon, zu weit weg, um sie zu erkennen. Beide verschwanden im alten Lusthaus.
„Sollen wir?“ Moritz war neugierig.
„Nein, Morz, zu auffällig. Hier ist der beste Beobachtungsplatz. Stopp einmal, wie lange sie da drin herumschnüffeln.“
Moritz sah gehorsam auf seine Uhr.
„Wer soll das sein?“ Issi hatte die beiden noch nie gesehen.
„Mitglieder einer Bande vielleicht, die etwas aus dem Pavillon holen wollen, bevor er abgerissen wird. Jedenfalls glaubt das Benji.“
„Und das machen sie am helllichten Tag? Kann ich mir nicht vorstellen. So blöd sind die nicht. Die kommen vielleicht von irgendeinem Bauamt.“ Sie warteten. Oben beim Pavillon rührte sich nichts. Micha flüsterte: „Das dauert. Vielleicht haben sie wirklich gefunden, was sie gesucht haben.“
Da tauchten die zwei wieder auf. Sie kamen den Weg herunter, mit leeren Händen, und verließen rasch den Park. Moritz las seine Uhr ab. „7 Minuten 40 Sekunden. Sollen wir ihnen nachgehen?“
„Die haben doch nichts gefunden. Wenn sie was versteckt haben, kommen sie wieder.“
Issi stand auf. „Das müssen wir Benji erzählen.“
Micha schnippte mit den Fingern. „Dem wird das jetzt schnurzegal sein.“
Was ist die Ewigkeit?
„Isabella! Benji wird sich freuen, dass du ihn besuchst. Es geht ihm nicht gut. Er will nicht einmal hinausgehen, obwohl es draußen so schön ist.“ Frau Illek schloss die Wohnungstür und nahm Issi die Jacke ab.
„Schau einmal, wer gekommen ist!“ Benjis Mutter ließ die beiden allein.
Benji saß auf seinem Bett, er machte große Augen und zupfte verlegen an der Bettdecke herum.
„Hi, Benji.“ Issi wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Sie setzte sich auf einen Sessel, er schob seine Zeitschriften weg. „Und? Alles okay?“ Er nickte. „Du, wir haben heute gesehen, dass wieder jemand beim Pavillon war.“
Benji war das egal. „Der Hofer?“
„Nein, eine Frau und ein Mann. Sie sind für ein paar Minuten drinnen verschwunden. Wir haben sie vom Wartehäuschen beobachtet.“
Benji ging zum Fenster. Hier hatte er einen guten Ausblick auf die Pension Huber. „Der Fledermausmann und seine Freundin vielleicht. Die sind noch immer da.“
„Wer?“
„Ich hab euch von ihnen erzählt. Sie sind angeblich hier, um die Schlafplätze der Fledermäuse in der kalten Jahreszeit zu erforschen. Mich interessiert das Ganze nicht mehr besonders.“ Benji blinzelte nach draußen. Er hätte sich freuen sollen, dass Issi ihn besuchte. Das war noch nie passiert. Sie stand doch auf Micha, da hatte er keine Chance. Er fragte beinahe unfreundlich: „Warum bist du nicht bei den anderen?“
Issi sah enttäuscht zur Seite. „Ich hab geglaubt, dich interessiert diese Neuigkeit. Ich wollte … ich wollte dir nur eine Freude machen. Weil du so viel durchgemacht hast.“
„Entschuldige“, brummte Benji verlegen. Er öffnete das Fenster. Ein eigentümlicher Geruch strömte ins Zimmer. Es roch nach Herbst, nach faulen Blättern und doch sonderbar frisch.
Issi stellte sich neben ihn und atmete tief ein, dann sagte sie leise: „Bei uns im Hügelland ist der Herbst am schönsten.“ Sie stieß Benji unabsichtlich mit dem Ellbogen an. „Entschuldige.“ Issi lächelte.
Er nickte, weil ihm nichts dazu einfiel. Am liebsten wäre er für immer hier am Fenster gestanden, mit Issi, und hätte in die Herbstlandschaft hinausgestarrt. Für immer? Plötzlich fiel ihm Jack O’Lantern wieder ein. Die schöne Stimmung war verflogen. „Ich muss dich etwas fragen, aber lach mich nicht aus.“ Issi nickte ernsthaft: „Ehrenwort. Versprochen.“
„Hast du einmal darüber nachgedacht, was das heißt: für immer?“
Issi wurde ein wenig rot. Die feinen blonden Haare tanzten leicht vor ihrem Gesicht. Sie war wunderschön, und Benji hatte sich rettungslos verliebt. Er dachte: „So soll es für immer bleiben.“ Schon wieder: immer! Er sah zur Seite und
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