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Schatten im Park

Schatten im Park

Titel: Schatten im Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Thorwartl
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am Fluss, gleich neben den Bahngeleisen kennen, das leer steht. Das war sein begehrtes Objekt. Nun, bis heute wohnt noch immer niemand drin. Jonsch jedenfalls hat das Häuschen nie gekauft. Er hat nur geprahlt – und auf einmal war fort. Der letzte Mensch, der ihn im Ort gesehen hat, soll Frau Hofer, die Frau des Gemeindearbeiters, gewesen sein. Jonsch, so erzählte sie gleich nach seinem Verschwinden, war durch den Park gehüpft wie ein Bub, in den Pavillon hineingegangen und hatte drinnen getanzt und gesungen. Als sie nach einiger Zeit wieder aus dem Fenster gesehen hatte, war Jonsch weg gewesen. Zwei Tage später hätte er beim Riederbauern helfen sollen, tauchte aber nicht auf. Wie ich dir schon gesagt habe, hat er einmal dort, einmal da geschlafen, je nach Laune. Der Riederbauer ging ihn suchen. Er war ärgerlich, er hätte ihn dringend gebraucht. Und arbeiten konnte Jonsch, das musste man ihm lassen. Die Suche wurde ausgedehnt, aber vom Jonsch keine Spur. Schließlich ging auch jemand im Pavillon nachschauen. Gefunden hat man Jonsch nicht, nur etwas Blut auf dem Geländer. Die Untersuchungen haben ergeben, dass das Blut von ihm stammte. Zu wenig Blut für einen Mord.“
    „Echt, Blut?“, unterbrach Micha seine Mutter.
    „Ja, Blut. Keine Schleifspuren. Nur die Abdrücke seiner derben Schuhe. Jonsch war ein großer, schwerer Mensch. Wenn ihn jemand hier getötet hätte, wäre es unmöglich gewesen, seine Leiche ohne Aufsehen wegzuschaffen. Merkwürdig war, dass Frau Hofer erzählt hat, sie habe Jonsch später doch noch gesehen. Er sei die obere Straße entlanggegangen. Aber sie war sich nicht sicher, die Entfernung war zu groß. Irgendwann wurden die Untersuchungen geschlossen. Trotzdem hat sich hartnäckig dieses dumme Gerücht gehalten: Jonsch ist im Pavillon umgekommen und geistert dort herum.“ Seine Mutter sah Micha an. „Nun, zufrieden?“
    Micha war begeistert von dieser Geschichte. „Mama, warum weißt du alles so genau darüber?“
    Frau Pachern stand auf und sah auf seine Uhr. „So, jetzt muss ich gehen, die Arbeit ruft. Warum ich das alles so genau weiß? Weil ich zu dieser Zeit in unserem Dorf Gemeinderätin war.“

Einladung
    „He, Issi. Ich weiß eine Geschichte, bei der du glatt abschnallst.“ Micha wartete an der Ecke.
    Issi blieb nicht stehen. „Ja? Vielleicht ein anderes Mal. Ich hab Karin versprochen, mit ihr vor der Stunde noch einmal Mathe durchzugehen.“ Issi schlug ein rascheres Tempo an.
    Micha ging ein paar Schritte mit. „Du, die Geschichte ist echt steil. Es geht um den Spinner vom Pavillon! Und außerdem ist sie wahr.“
    „Aha“, sagte Issi, ohne ihn anzusehen. Jetzt erst bemerkte er, wie abweisend sie war. Zickig, einfach zickig. Seit Halloween war sie völlig anders geworden. Warum? Er hatte nicht den blassesten Schimmer. Das war vielleicht ein saublödes Fest gewesen, dieses Halloween. Es hatte alles verdorben. Micha zuckte mit den Achseln. Na, wenn schon, morgen war vielleicht wieder alles anders. Wenn Issi seine Geschichte nicht hören wollte, dann musste eben Moritz herhalten. Er fing ihn vor dem Schuleingang ab: „Hi, Morz! Hast du’s gesehen? Jetzt sind sie dabei, den Pavillon einzuzäunen! Jetzt, wo sich sowieso niemand mehr für die Bruchbude interessiert.“
    Moritz hielt Micha eine Hand hin. „Komm, greif mich an. Spür mal, wie mich das kalt lässt. Irgendwer hat gesagt, sie wollen die alte Hütte niederreißen, weil auf den Platz was anderes hinkommen soll. Eine Kletteranlage für Kinder oder so was Ähnliches.“
    Micha ließ nicht locker: „Ich hab meine Mutter gefragt …“
    Da hatte ihn Moritz schon stehengelassen. Micha gab auf. Dann würde er die Geschichte eben für sich behalten.
    Issi saß neben Kathi, zwei Reihen vor Benji. Er starrte ihren Rücken an und hoffte, sie würde sich einmal zu ihm umdrehen. Er wollte ihr nur zuzwinkern, mehr nicht. Und er wollte ihr sagen, dass sie ihn wieder besuchen sollte.
    Immer mehr erkannte Benji, was für ein Feigling er eigentlich war. Er hatte den großen Spion spielen wollen – und war fast umgebracht worden. Gut, dass sie den Pavillon einzäunten. So brauchte er nicht mehr beweisen, wie mutig er war. Seine dummen Ideen hingen ihm beim Hals raus. Von wegen Verbrecher und vergrabener Schatz! Und jetzt verließ ihn jedes Mal der Mut, wenn er Issi ansprechen wollte. Gestern war er um ihr Haus geschlichen, hatte sich aber nicht getraut, anzuläuten. Früher war das anders gewesen. Früher hatte er Issi

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