Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
auf sie gewartet.
»Nein, danke«, lehnte sie frostig ab.
»Kelsey.« Moses hielt eine Flasche hoch. »Ich konnte meine Friedenspfeife nicht finden.«
Widerwillig gab sie nach und nahm die Flasche. Warum sollte sie den Schmutz und Schweiß nicht mit einem Bier hinunterspülen?
Moses’ Augen wurden schmal, als er den schillernden Bluterguß auf ihrem Oberarm bemerkte. »Wie ist denn das passiert? Hat Pacer nach dir geschnappt?«
»Richtig geraten. Und?«
»Du schaffst es ja doch nicht, mir lange böse zu sein. Ich bin viel zu charmant.«
Kelsey trank einen Schluck. »Ansichtssache.«
»Bei deiner Mutter funktioniert das«, brummelte Moses. »Jetzt hör mir mal gut zu. Ich war der Meinung, daß du Mist gebaut hast, und das habe ich dir auch gesagt. Und jetzt sage ich dir, daß du gut gearbeitet hast, und zwar nicht nur heute, sondern fast immer.«
»Fast?«
»Genau. Du lernst schnell und machst denselben Fehler nicht zweimal, aber trotzdem muß dir noch jemand auf die Finger schauen. Dein Problem ist dein Hitzkopf, aber an Temperamentausbrüche sind wir hier ja gewöhnt, sowohl bei den Pferden als auch bei deiner Mutter.«
»Meiner . . .« Kelsey blieb vor Erstaunen fast der Mund offenstehen. »Meiner Mutter?«
»Je nach Stimmung kann sie so störrisch wie ein Maulesel sein. Allerdings geht sie heute nicht mehr so leicht in die Luft wie früher. Manchmal bedaure ich das.« Nachdenklich betrachtete Moses seine Stiefel. »Macht mich verdammt traurig. Ich will nicht behaupten, daß man sie im Gefängnis gebrochen hat, aber sie hat sich verändert. Schätze, sie ist härter geworden, hat gelernt, sich zusammenzunehmen. Ich hab’ dich heute eher ihretwegen als wegen deiner Arbeit zusammengestaucht.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Es würde sie umbringen, wenn du sie jetzt im Stich ließest. Sie wäre zwar bestimmt nicht einverstanden damit, daß ich dir das sage, aber ich tu’s trotzdem. Naomi bedeutet mir mehr als alles andere auf der Welt, und ich will um jeden Preis verhindern, daß sie verletzt wird.«
»Ich lasse sie weder im Stich, noch will ich sie verletzen, auch wenn’s dir schwerfällt, das zu glauben. Ich wünschte, du würdest das verstehen.«
»Weißt du, ich neige dazu, jedem zu vertrauen, der von einem Pferd gebissen wird und nicht gleich nach einem Sanitäter schreit. Ich seh’ dich dann morgen früh.«
»Klar.« Kelsey drehte sich um, dann blickte sie noch einmal über ihre Schulter. »Schöner Abend heute.«
»Stimmt.«
»Frauen gehen gern im Mondschein spazieren.«
»Hab’ ich auch schon gehört.«
»In ein paar Stunden gibt’s davon reichlich.« Zufrieden mit sich und der Welt ging Kelsey zum Haus zurück. Sie hatte ihren Job gut erledigt, und jetzt würde sie Gertie bitten, ihr alles aufzutischen, was die Küche zu bieten hatte, und sich dann den Luxus eines ausgedehnten heißen Bades gönnen.
Eine Stunde später döste sie in der Wanne vor sich hin, umgeben von duftendem Badeschaum. Ihre Welt war wieder in Ordnung. Als sie wohlig gähnte, öffnete sich die Tür.
»Gabe!« Erschrocken fuhr sie hoch, wobei das Wasser fast über den Wannenrand schwappte. »Was machst du denn hier?«
»Gertie sagte mir, daß ich dich hier oben finden würde.« Gabe hängte die Daumen in seine Gürtelschlaufen und genoß einen Augenblick lang ihren Anblick. »Ich wollte dich eigentlich abholen und mit zu mir nehmen, aber ich fürchte, dafür bist du nicht passend angezogen.«
»Ich habe die schlechte Angewohnheit, nackt zu baden.«
»Wie wär’s denn, wenn ich dir den Rücken und andere schwer erreichbare Zonen wasche?«
»Danke, ich komme schon allein klar.« Kelsey strich sich das Haar aus dem Gesicht und widerstand dem Wunsch, ihre schaumbedeckten Brüste mit den Armen zu verdecken. »Ich schlage vor, du wartest unten, bis ich fertig bin.«
Er überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf und begann, sein Hemd aufzuknöpfen. »Abgelehnt. Ich komme lieber zu dir rein.«
»Das wirst du schön bleiben lassen. Wir befinden uns im Haus meiner Mutter, falls du das vergessen hast.«
»Die ist nicht da.«
»Darum geht es gar nicht.« Entschlossen schüttelte Kelsey ihre Ponyfransen. »Laß das Hemd an, Slater. Gertie ist unten.«
»Dort wird sie auch bleiben müssen. Für drei ist in der Wanne beim besten Willen kein Platz.« Gabe warf sein Hemd auf den Boden und setzte sich, um seine Stiefel auszuziehen.
»Ich meine es ernst. Das gehört sich einfach nicht.«
»Ich brauche dich,
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