Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
nichts, absolut nichts sollte ihm jetzt noch dazwischenkommen. Er mußte ein Darlehen zurückzahlen, mit dem er beinahe in Verzug geraten wäre. »Du hast dein Geld bekommen, Slater. Wir sind fertig miteinander.«
Rich spitzte die Lippen und leerte genüßlich sein Glas. »Findest du nicht, daß du dich ziemlich unfreundlich verhältst, Billy?«
»Was hast du in meinem Haus verloren?«
»Kann ein alter Kumpel nicht mal auf einen Sprung vorbeischauen?« Rich bedachte ihn mit einem herzlichen Lächeln. »Deine niedliche kleine Wärmflasche, die mich reingelassen hat, schien sich über meinen Besuch weit mehr zu freuen. Sagte, sie wolle noch einen kleinen Einkaufsbummel machen.« Er kicherte vergnügt.
»Marla«, sagte Cunningham mit soviel Würde, wie er aufbringen konnte, »ist meine Frau.«
»Das darf nicht wahr sein!« Rich klatschte sich mit der Hand aufs Knie, ehe er aufstand, um sich einen weiteren Drink zu genehmigen. »Hast du dich tatsächlich von einer an die Kette legen lassen? Ich gratuliere, Billy Boy. Du bist ein noch größerer Idiot, als ich dachte.«
Und die größte Dummheit, die er je begangen hatte, dachte Cunningham grimmig, war die, sich wieder mit
Rich Slater einzulassen. Aber von jetzt an ging alles ganz legitim zu. Das Geschäft, das er soeben mündlich besiegelt hatte, war tatsächlich so ertragreich, wie Rich meinte. Es war höchste Zeit, wenn nicht schon zu spät, sich von gewissen Leuten zu lösen. Und zwar für immer.
»Ich muß dich bitten, jetzt zu gehen, Rich. Wir zwei sind ein für allemal quitt, und es ist besser für uns beide, wenn wir nicht zusammen gesehen werden.«
»Außer uns ist keiner im Haus.« Rich winkte ab und ließ sich wieder in den Sessel sinken. Er konnte Cunningham die Gedanken geradezu von der Stirn ablesen. Billy Boy gab sich dem Irrglauben hin, er brauche den guten alten Rich nicht mehr. »Jetzt laß dir mal keine grauen Haare wachsen. Ich habe nicht die Absicht, dich anzupumpen, falls du das befürchtet hast.«
Cunningham beruhigte sich ein wenig. »Was willst du dann?«
»Einen kleinen Gefallen, weiter nichts. Nur eine Gefälligkeit von einem alten Freund und ehemaligen Geschäftspartner. Da gibt es ein Pferd, um das man sich kümmern sollte, Bill.« Rich hob sein Glas und drehte es so, daß das Sonnenlicht sich in den Kristallrauten brach.
»Damit will ich nichts zu tun haben.«
»Was du willst und was du bekommst, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.« Richs Blick heftete sich fest auf Cunningham. »Ich werde mich ein bißchen mit dem Hengst meines Sohnes befassen, Billy. Und du wirst mir dabei helfen.«
»Du bist ja verrückt.« Entsetzt wischte sich Cunningham die feinen Schweißtröpfchen von der Stirn. »Du bist verrückt, Rich, und ich will damit nichts zu schaffen haben.«
»Darüber bekommst du noch näher Bescheid«, lächelte Rich.
Kelseys ordentlich gepackte Koffer standen aufgereiht neben denen von Gabe an der Schlafzimmertür. Um Punkt sieben Uhr morgens würden sie nach New York aufbrechen.
Noch sechs lange Stunden, dachte sie, als sie träumend aus dem Fenster über ihrem Bett schaute.
Seufzend drehte sie sich um und kuschelte sich enger an Gabe. Immer noch berührte es sie seltsam, ihn neben sich im Bett vorzufinden, warm, fest und sicher. Er gehörte zu ihr. Dieser Körper. Kelsey strich mit den Fingerspitzen sanft über seine Brust. Dieses Gesicht. Noch immer schlug ihr Herz schneller, wenn er sie anschaute.
Und das war nur sein Äußeres.
Ein anziehendes Äußeres, zugegeben, dachte Kelsey, während sie mit den Fingern der Linie seines Kinns folgte. Aber was darunter verborgen lag, war gleichermaßen beeindruckend. Die Kraft, die Liebenswürdigkeit, der starke Wille. Wie oft schon hatte er das Schicksal herausgefordert und besiegt, hatte sich aus dem Elend, in das er hineingeboren worden war, befreit und war seinen eigenen Weg gegangen.
Und zur gleichen Zeit stand in seinem Stall ein Pferd, das über dieselbe Kraft und denselben Mut verfügte. Zusammen würden sie in die Geschichte eingehen.
»Hat keinen Zweck«, murmelte sie, die Lippen an seinen Hals gepreßt.
»Hmm?« Automatisch fuhr er mit der Hand ihren Rükken entlang. Schon eine ganze Weile hatte er ihr zartes Streicheln genossen.
»Ich kann nicht schlafen. Bin viel zu aufgekratzt.«
»Na gut.« Stets bereit, ihr entgegenzukommen, griff er nach ihr und zog sie über sich. Ich stehe dir zur Verfügung.
Kichernd machte Kelsey sich los. »Daran habe ich
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