Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
strikt leugnet.« Gabe suchte in seiner Tasche nach einer Zigarre, fand aber keine. »Aber er lügt.«
Rossi, der die Geste richtig deutete, holte ein Päckchen Zigaretten hervor und bot Gabe eine an. »Ich werde das überprüfen.«
»Tun Sie das, Lieutenant.« Gabes Augen funkelten im Licht des Streichholzes. »Und wenn Sie das tun, vergessen Sie eins nicht. Die Chancen, daß er Lipsky kannte, sind groß. Rich Slater ist der geborene Betrüger. Es macht ihm Spaß, auf unehrliche Weise zu gewinnen – und er muß gerade etwas gewonnen haben, er wirft nämlich mit Geld nur so um sich.«
»Ich werde versuchen, herauszufinden, wie er dazu gekommen ist.«
»Ich erinnere mich an ein Rennen, als ich noch ein Kind war. Ein Pferd aus diesem Gestüt trat gegen eines von Three Willows an.« Gabe sog gierig den Rauch ein und betrachtete nachdenklich die davonwehenden Rauchwölkchen. »Der Hengst von Three Willows stürzte und brach sich das Bein. Er mußte eingeschläfert werden. Und auch nach diesem Rennen schwamm mein Vater in Geld.«
»Das muß in Lexington gewesen sein, im Frühjahr’73.«
Gabe musterte sein Gegenüber durch den Rauch. »Ganz genau.«
»Komisch, daß Sie das nicht bereits früher erwähnt haben.«
»Damals hatte er Kelsey noch nichts getan.«
»Entschuldigung.« Matt Gunner näherte sich ihnen, das Haar noch immer vom Schlaf zerzaust. »Dem Pferd geht es gut, Gabe.«
»Wunderbar. Danke, daß du gekommen bist.«
»Keine Ursache.« Matt blickte fragend zum Haus. »Wie geht’s Kelsey?«
»Sie ruht sich aus. Der Arzt hat zwar empfohlen, sie ins Krankenhaus zu bringen, aber davon wollte sie nichts wissen.«
»Ich würde gern nach ihr sehen, wenn es ihr besser geht.«
»Kannst du gern tun. Gabe verabschiedete sich von Matt und wandte sich wieder zu Rossi. »Besser, Sie finden ihn, bevor ich es tue.«
»Sie haben keinen Beweis, daß Ihr Vater in einen dieser Vorfälle verwickelt ist.«
Gabe warf die Zigarette weg und trat sie aus. »Ich brauche keinen Beweis.«
Als Kelsey seine Schritte auf der Treppe hörte, setzte sie sich vorsichtig auf. Zwar hatten die Tabletten, die der Arzt ihr dagelassen hatte, den ärgsten Schmerz gelindert, doch sie wollte sich etwas schonen.
»Was ist mit Double?« fragte sie sofort, als Gabe ins Zimmer trat.
»Matt sagte, er ist okay.« Und er selbst hatte den Futtersack, den der Hengst nachts umgehängt bekam, ausgetauscht.
Seufzend entspannte sich Kelsey ein wenig. »Gott sei Dank! Ich habe hier gelegen und mir die schrecklichsten Dinge ausgemalt.«
»Du sollst dich ausruhen.« Gabe setzte sich behutsam auf das Bett. »Du hast ja schon wieder Schatten unter den
Augen.« Sanft fuhr er mit dem Daumen darüber. »Warum finde ich sie bloß so sexy?«
»Typisch Macho. Sucht immer nach Zeichen weiblicher Verwundbarkeit.« Kelsey lächelte. »Komm ins Bett. Vielleicht können wir beide noch ein paar Stunden schlafen, ehe wir aufbrechen.«
»Ich möchte, daß du hierbleibst, Kelsey. Nein, nicht hier«, berichtigte er sich. »Auf Three Willows. Du bist nicht in der Verfassung für eine Reise, und es wäre sicherer und klüger, wenn du bei Gertie bleibst. Rossi stellt ein paar Männer zu deinem Schutz ab.«
»Gabe.« Sie nahm sein Gesicht in beide Hände, berührte seine Lippen leicht mit den ihren und sprach klar und bestimmt weiter. »Das kommt überhaupt nicht in Frage.«
»Hör mir doch erst mal zu!«
»Das könnte ich tun«, stimmte Kelsey zu. »Ich könnte dir zuhören, und du könntest mir zuhören, und wir könnten uns bis zum Morgengrauen immer weiter im Kreis drehen. Trotzdem würde ich mitkommen. Also tun wir doch einfach so, als ob wir diese Diskussion schon hinter uns hätten.«
»Du handelst aus reinem Egoismus«, konterte er, erhob sich vom Bett und begann, sich auszuziehen. »Du willst um nichts in der Welt das Rennen verpassen, und deshalb ist es dir egal, daß ich mich weder darauf konzentrieren noch darauf freuen kann, weil ich mir Sorgen um dich mache.«
»Die Erklärung ist gut. Normalerweise reagiere ich sofort darauf, wenn man mir Schuldgefühle einimpft, aber diesmal nicht. Ob ich dabei bin oder nicht, du machst dir auf jeden Fall Sorgen, Gabe. Und ich werde dabei sein.«
»Störrisch wie ein Maulesel.«
»Das hilft dir auch nichts. Obwohl Beschimpfungen zu einem Streit gehören. Ich könnte dich dafür ja einen überfürsorglichen Idioten nennen, aber da ich eine Dame bin, verkneife ich es mir. Also . . .«, erschrocken hielt sie
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