Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
inne. »Um Gottes willen, was ist denn mit deinem Rücken passiert?«
Gabe drehte den Kopf, konnte jedoch den in allen Farben schillernden Bluterguß an seiner Schulter nicht sehen. »Ich hab’ einen Tritt abgekriegt.«
»Wann? Der war doch vorher noch nicht . . .« Sie brach ab, als ihr klar wurde, wann und wo er sich die Verletzung zugezogen hatte. »Und du bist doch ein Idiot! Indianerherz kennt keinen Schmerz, was? Der Arzt war eben da. Er hätte das versorgen können.«
»Das hat mit falsch verstandenem Heldentum gar nichts zu tun. Ich war beschäftigt.« Vorsichtig bewegte er seine Schulter. Das Stechen hatte etwas nachgelassen, aber der hämmernde Schmerz war mehr als unangenehm. »Da muß bloß ein bißchen Salbe drauf.«
»Trottel!«
Gabe war drauf und dran, ihr eine passende Antwort zu geben, doch dann gab er sich seufzend geschlagen. »Ich liebe dich auch.« Er schlüpfte zu ihr ins Bett und schmiegte sich eng an sie.
»Was hast du denn vor?«
»Noch ein Weilchen zu schlafen. Ich will mich alle paar Stunden davon überzeugen, daß es dir gutgeht, und viel mehr Zeit haben wir sowieso nicht.«
»Die Salbe . . .«
»Später. Jetzt möchte ich dich einfach nur im Arm halten.«
Damit gab sie sich zufrieden. Behutsam strich sie ihm das Haar aus dem Gesicht. »Gabe, ich komme mit dir.«
»Ich weiß. Versuch jetzt zu schlafen.«
23
Niemand ließ zu, daß sie bei der Arbeit half. Während der ersten zwei Tage in New York wurde Kelsey mit allen Tricks von der Rennbahn ferngehalten, und jeder, angefangen von Gabe bis zum kleinsten Stallburschen, bemühte sich, ihr jeden Handgriff abzunehmen. Anscheinend hatte sie mit der Durchsetzung der Reise ihren einzigen Sieg errungen.
Also hatte sie viel Zeit zur Verfügung, die sie meistens allein verbringen mußte. So blieben ihr zwei Möglichkeiten, entweder sie drehte langsam durch oder sie nutzte diese ihr aufgezwungene Untätigkeit als kurzen Urlaub.
Sie entschied sich für den Urlaub.
So ging sie jeden Morgen in den Pool des Hotels und schwamm einige Runden, damit die Muskeln, die sie in den letzten paar Monaten entwickelt hatte, nicht wieder erschlafften. Sie unternahm ausgedehnte Einkaufsbummel, trainierte im Fitneßclub und kämpfte ständig gegen die Langeweile an.
Die Party, die Gabe am Vorabend des Belmont im Ballsaal des Hotels geben wollte, war da die richtige Beschäftigung. Kelsey mußte sämtliche Details ausarbeiten und mit Floristen und Zulieferern des Hotels den Abend planen. Gabe hatte angesichts der ellenlangen Listen einen Rückzieher gemacht und ihr allein die Organisation überlassen.
Eine größere Freude hätte er ihr nicht machen können.
Stundenlang diskutierte sie mit dem Manager und dem Küchenchef darüber, was machbar war und was nicht, erwog und verwarf verschiedene Möglichkeiten. Da Gabe ihr kein Limit gesetzt hatte, entschied sie sich dafür, daß alles machbar war, und sie machte sich daran, auch das Personal davon zu überzeugen.
»Wenn ich nur einen Funken Verstand gehabt hätte,
dann hätte ich dir eine Mistgabel in die Hand gedrückt und dich die ganze Woche lang Ställe säubern lassen.« Gabe gönnte sich einen Kaffee auf die Schnelle und sah zu, wie Kelsey die Menüliste noch einmal durchging. »Dabei hättest du wahrscheinlich mehr Ruhe bekommen.«
»Reg dich nicht auf, schließlich hast du damit angefangen.«
»Ich hielt die Party für eine gute Idee.« Gabe ging zu ihr hinüber, stellte sich hinter sie und knetete ihre Schultern, während sie in die Papiere vertieft war. »Eine Kleinigkeit zu essen, etwas Musik, Getränke. Aber ich habe nicht damit gerechnet, eine Steven-Spielberg-Produktion zu finanzieren.« Seine Augen wurden schmal. »Wieviel Champagner hast du bestellt?«
»Verschwinde.« Sie rollte wohlig die Schultern. »Du trinkst ja doch nichts davon. Außerdem hast du mir freie Hand gelassen, Slater, und das nutze ich aus. Sieh du nur zu, daß du um acht Uhr deinen Smoking anhast.«
»Du klingst wie ein General«, brummelte er.
»Und du wie ein genervter Lieferant. Lauf zu deinen Reportern.«
»Ich kann keinen Reporter mehr sehen.«
»Du bist ja nur eifersüchtig, weil nicht du, sondern Double auf der Titelseite von Sports Illustrated ist.«
»Und mir hat man dafür eine ganze Doppelseite in People gewidmet«, konterte er und begann, an ihrem linken Ohrläppchen zu knabbern. »Die Stelle gefällt mir«, murmelte er, und machte weiter. »Ich könnte ja meiner augenblicklichen Stimmung nachgeben
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