Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
die ihren Liebhaber in einem leeren Haus empfing. Sie nahmen einen Drink, schmusten miteinander. Dann fingen sie an zu streiten. Die Frau war eifersüchtig, daran gab es nach der Szene im Klub keinen Zweifel. Sie ging nach oben, ihr Liebhaber folgte ihr, um sich zu entschuldigen und sie versöhnlich zu stimmen, sie vielleicht sogar zu verführen. Vor Eifersucht rasend, griff
die Frau dann zur Waffe und erschoß ihn. Milicent gab mir weitere fünftausend Dollar in bar und versprach, mich weiterzuempfehlen.«
Mit aschfahlem Gesicht rutschte Kelsey von ihrem Hokker, hielt die Hand gegen ihren rebellierenden Magen und verschwand eilig auf die Toilette.
Gabe sah ihr nach. Unwillkürlich hatte er unter dem Tisch die Fäuste geballt. »Sie sind ein widerlicher Typ, Rooney. Für ein paar tausend Dollar und einige Angehörige der feineren Gesellschaft auf der Klientenliste haben Sie tatenlos bei einer versuchten Vergewaltigung zugesehen und hinterher mitgeholfen, das Opfer hinter Gitter zu bringen.«
»Meine Geschichte ist noch nicht zu Ende«, sagte Rooney leise, »warten wir auf Kelsey.«
»Verraten Sie mir eins. Warum haben Sie sich plötzlich entschlossen, uns die Wahrheit zu sagen?«
»Mir wird der Boden hier zu heiß. Und ich gerate nicht gern zwischen die Fronten.« Rooney zog die Schultern hoch. »Wenn das alles rauskommt – und es wird rauskommen – dann ist mein Ruf ruiniert. Also gehe ich ein paar Jahre früher als geplant in Rente, und da kann ich vorher auch reinen Tisch machen.«
»Ich überlege gerade«, begann Gabe mit betont ruhiger, beherrschter Stimme, »ob ich Sie jetzt zusammenschlagen oder ob ich Sie mit Ihrer Schuld leben lassen soll.«
Rooney nahm sein Glas und nippte langsam an dem geschmolzenen Eiswasser. »Jeder Mensch trifft seine eigenen Entscheidungen. Sie sind ein Spieler. Gerade Sie müßten wissen, daß man manchmal blitzschnell einen Entschluß fassen muß.«
»Es gibt Spiele, auf die man sich gar nicht erst einläßt.« Gabe erhob sich, als Kelsey zurückkehrte. »Mir geht’s schon wieder gut. Tut mir leid.« Sie war noch immer ein bißchen weiß um die Nase, aber ihre Hände zitterten nicht mehr.
»Laß dir noch eine Minute Zeit.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Rooney zu. »Fahren Sie fort.«
»Was ich noch zu erzählen habe, wird Ihnen nicht gefallen. Milicent Byden hat mich nicht nur engagiert, um ein Dossier über Sie anzulegen, Slater. Das kam erst später. Sie hat schon Monate vorher mit mir Kontakt aufgenommen, sofort nachdem Kelsey sich mit Naomi Chadwick in Verbindung gesetzt hat.«
Kelsey kniff die Lippen zusammen und wünschte, daß sich ihr Magen beruhigen möge. »Ich verstehe nicht ganz.« Doch sie verstand sehr wohl, und diese Erkenntnis jagte ihr große Angst ein.
»Geradeheraus gesagt«, fuhr Rooney fort, »sie wollte nicht, daß Sie dort sind, wollte verhindern, daß Sie und Naomi eine Beziehung aufbauen.«
»Und wie wollte sie das verhindern?«
»Nun, da sich Naomi nichts hatte zuschulden kommen lassen, seit sie aus dem Gefängnis gekommen war, ging Milicent einfach in die Vergangenheit zurück. Nachdem Alec Bradley erschossen worden war, übergab ich ihr meine Akten. Darin standen viele Details, nicht nur über Naomi. Ich bin gründlich, wissen Sie. Ich hatte Informationen über Bradley und seinen Freund gemacht, über die Manipulation des Rennens und meinem Verdacht über eine Beteiligung von Cunningham. Als sie versuchte, sie zu stoppen, Kelsey, Sie aber trotzdem nicht zur Vernunft kamen, da benutzte sie diese Informationen.«
»Wie?« Kelsey schlang die Arme um ihren Körper. »Am besten, Sie erzählen mir alles.«
»Ich sollte Bradleys alten Freund ausfindig machen und ihn unter Versprechung eines Jobs in diese Gegend zurücklocken. Sie hat mir zwar nicht gesagt, um was für eine Art Job es sich dabei handelte, aber das war nicht schwer zu erraten, wenn sich die Ereignisse wiederholen sollten. Ein manipuliertes Rennen, ein totes Pferd. Die Gerüchte und Verdächtigungen kreisten um Naomi und um Sie.« Er wies mit dem Finger auf Gabe. »Milicent wollte Sie nicht in der Nähe ihrer Enkelin dulden. Kelsey sollte mit eigenen Augen sehen, welche Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit
beim Pferderennsport herrschten, und sie sollten sich dann nach Hause flüchten.«
»Nur daß ich das nicht getan habe.« Hinter Kelseys Augen brannten Tränen, aber sie würde sie zurückhalten, solange es ging. »Wollen Sie mir weismachen, daß meine Großmutter
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