Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Knochen ins Fleisch gegraben. In seiner Raserei wirkte er beinahe menschlich.
Ohne daß es ihr bewußt wurde, kam Kelsey näher, fasziniert von diesem leidenschaftlichen Deckakt. Ihr Herz schlug wild vor Erregung, ihr Blut schien in den Adern zu kochen.
Unwillkürlich blickte sie Gabe an. Schweiß lief ihm über das Gesicht, die Muskeln spannten sich unterm T-Shirt. Er schaute ihr voll ins Gesicht. Zu ihrem Entsetzen sah sie an ihm ihre eigene Reaktion; die kurze Vorstellung, genauso wild und kraftvoll genommen zu werden wie die Stute.
Gabe lächelte, arrogant und anziehend zugleich. Er lächelte, durchfuhr es Kelsey, als ob er ihre Gedanken lesen konnte.
»Unglaublich, nicht wahr?« Ihre Mutter kam zu ihr. Die Braune war schon die dritte Stute, die an diesem Morgen gedeckt wurde, und Naomis ganzer Körper schmerzte vor Anstrengung.
»Tut ihr das . . .« Kelsey räusperte sich. »Tut ihr das weh?«
»Ich glaube, sie würde Schmerzen kaum bemerken.« Naomi zog ein blaues Tuch aus der Gesäßtasche und wischte sich damit den Schweiß ab. »Manche Hengste decken sehr vorsichtig, fast so wie ein scheuer Liebhaber.« Grinsend deutete sie auf die keuchenden Pferde. »Der da ist alles andere als sanft. Ein richtiger Draufgänger. Und welche Frau hätte nicht ab und zu mal gern einen Draufgänger.« Bei diesen Worten schielte sie zu Moses.
Ich muß mich beruhigen, dachte Kelsey, denn ihr Puls raste immer noch. Besser, und sicherlich klüger wäre es, sich auf den wissenschaftlichen Aspekt der Sache zu konzentrieren. »Nach welchen Kriterien sucht ihr denn den passenden Hengst für eine Stute aus?« fragte sie.
»Das kann vom Stammbaum, von den Erbanlagen, den Qualitäten, ja sogar von der Farbe abhängen. Wir erstellen eine Art genetisches Diagramm, und dann können wir nur noch die Daumen drücken. Herrjeh, ich weiß, daß ich in Klischees rede, aber ich könnte eine Zigarette vertragen. Laß uns an die Luft gehen. Hier gibt’s kaum noch etwas zu tun.«
Naomi kramte einen Streifen Kaugummi aus ihrer Hosentasche. »Möchtest du auch eins?«
»Nein, danke.«
»Ein armseliger Ersatz für Tabak.« Seufzend schob sie sich den Kaugummi in den Mund. »Aber jeder Ersatz ist irgendwie armselig.« Mit geneigtem Kopf musterte sie ihre Tochter. »Du siehst müde aus, Kelsey. Hast du schlecht geschlafen?«
»Das auch.«
Naomi seufzte erneut. Früher hatte ihre Tochter ihr alles anvertraut, was sie auf dem Herzen hatte, doch diese Zeiten waren vorbei – wie so vieles andere. »Wenn du mir nicht antworten willst, dann sag es, aber ich wüßte trotzdem gern, ob Philip gegen deinen Besuch hier ist.«
»Ich würde es so ausdrücken: Ihn hat meine Entscheidung, deiner Einladung Folge zu leisten, tief getroffen.«
»Verstehe.« Naomi blickte nachdenklich zu Boden, dann nickte sie. »Ich würde ja vorschlagen, mit ihm zu reden, um ihn zu beruhigen, aber ich fürchte, das würde die Sache nur noch schlimmer machen.«
»Das glaube ich allerdings auch.«
»Na gut. Dann wird er sich eben ein paar Wochen lang nicht wohl in seiner Haut fühlen.« Als sie wieder hochblickte, waren ihre Augen hart. Verdammt, sie hatte es verdient – einen kurzen Monat Zusammensein nach so vielen Jahren. »Aber er wird es überleben. Ich kann mich ja nicht totstellen, nur weil es einigen Leuten lieber wäre.« Sie sah zu Gabe hinüber, der gerade den schweißtriefenden Hengst aus dem Schuppen führte, und ihr Gesicht wurde weicher. »Meinst du, es hat geklappt?«
»Wenn nicht, liegt es jedenfalls nicht am mangelnden Einsatz.« Er klopfte dem Hengst auf den Hals, ehe er einem Stallburschen die Zügel übergab. »Das erste Fohlen von vielen, hoffe ich. Nun, Kelsey, für Sie war das eine interessante Einführung in das Leben auf einer Pferdefarm. Wenn Sie bis ungefähr Januar nächsten Jahres hierbleiben, können Sie das Ergebnis des heutigen Ereignisses laufen sehen.«
»Ereignis, das ist wohl eine ziemliche Untertreibung für das, was da drinnen vor sich gegangen ist. Die Stute schien dabei ja keine Wahl zu haben.«
»Er aber auch nicht.« Grinsend nahm sich Gabe eine Zigarre. »Bei so einem Urereignis hat keiner eine Wahl. Moses wird mir Bescheid geben, falls die Vorstellung wiederholt werden muß«, wandte er sich an Naomi, »aber ich hab’ so ein Gefühl, daß es nicht nötig sein wird.«
»Ich würde ja eine Wette darauf abschließen, aber diesmal
vertraue ich deinem Gefühl. Entschuldigt mich eine Minute, ich muß kurz nach der Stute
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