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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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frei.
    Moser bot seinen Gästen einige Annehmlichkeiten. In den Bädern gab es riesige Badetücher und stets frische Seife. Außerdem lieferte ein nahe gelegenes Schnellrestaurant auch nach sechs Uhr abends und vor zehn Uhr morgens Mahlzeiten ins Haus.
    Und wenn er bei Barzahlung die Einnahme nicht immer der Steuer meldete, dann war das seine Sache.
    Die Bettwäsche war immer frisch, das Bad desinfiziert, und jede Tür hatte ein sicheres Schloß.
    Moser hatte den Sommer am liebsten, denn da hielten meistens Familien an seinem blinkenden »Zimmer-frei«-Schild. Und die hatten meistens nur den einen Wunsch, aus dem Auto direkt ins Bett zu fallen. Da brauchte er keine Angst zu haben, daß sie Bierflaschen an die Wand schmissen oder die Laken zerfetzten.
    Seit zwölf Jahren beobachtete er nun schon das Kommen und Gehen seiner Gäste und bildete sich viel auf seine Menschenkenntnis ein. Ein Pärchen auf Abwegen erkannte er auf den ersten Blick, und er wußte sofort, wann sich eine Frau vor einem rabiaten Kerl versteckte. Er erkannte die Verlierer und die Vagabunden, und er wußte, wann jemand auf der Flucht war.
    Der Gast auf Nummer 22 gehörte seiner Meinung nach in die letzte Kategorie.
    Geht mich nichts an, dachte Jack, als er den Hauptschlüssel vom Brett nahm. Der Kerl hatte in bar für drei Nächte im voraus bezahlt. Was kümmerte es ihn, daß er wohl Angst hatte und daß er sich ständig umdrehte, als ob er befürchtete, jeden Moment ein Messer zwischen die Rippen zu bekommen.
    Er hatte seine siebenundachtzig Dollar plus Steuer bezahlt und sich seitdem nicht mehr sehen lassen.
    Genau das war das Problem. Die drei Tage waren um, und laut Dottie, dem vollbusigen Zimmermädchen, war die Tür noch immer verschlossen und draußen hing: Bitte nicht stören.
    Jetzt würde er seinen Gast allerdings stören müssen, dachte Jack, als er über den Parktplatz auf die Reihe einheitlich grauer Türen zuging. Entweder zahlte Nummer 22 die Miete für einen weiteren Tag, oder er würde in hohem Bogen rausfliegen. Bei Jack Moser gab es keinen Kredit.
    Zuerst klopfte er laut an die Tür. Er empfand insgeheim immer eine tiefe Befriedigung, wenn er einen Gast zur Ordnung rufen konnte. »Hier ist der Manager«, rief er barsch und sah, wie Dottie ihren Kopf aus Nummer 27 steckte und ihn neugierig musterte.
    »Wahrscheinlich ist der stinkbesoffen!« brüllte sie ihm zu.
    Seufzend straffte Jack seine Schultern. »Kümmere du dich um deine Arbeit, Dottie. Ich erledige das schon.« Wieder klopfte er und sah nicht, daß sie ihm eine Grimasse schnitt. »Der Manager«, wiederholte er, dann steckte er den Schlüssel ins Schloß.
    Der Gestank, der ihm entgegenschlug, traf ihn wie ein Schlag. Sein erster Gedanke war, daß Nummer 22 sich eine Mahlzeit bestellt hatte, die ihm nicht bekommen war, und sein zweiter Gedanke, daß er wohl einen Kanister Lysol benötigen würde, um den Gestank wieder aus dem Zimmer zu vertreiben.
    Doch dann konnte er gar nichts mehr denken, als er den aufgetriebenen Körper sah, der über dem Tisch zusammengesunken war.
    Von diesem Anblick und dem Gestank betäubt, taumelte er aus dem Raum. Ein Schrei blieb ihm in der Kehle stecken, und er rannte nur weg, rannte sogar noch weiter, als Dottie ins Zimmer 22 huschte und gellend schrie.
     
    Als Rossi ins Motel kam, war die Leiche bereits in einen Plastiksack verpackt worden. Er verdankte es seiner Hartnäckigkeit und einem glücklichen Zufall, daß er überhaupt hier war. Normalerweise wurde er nicht bei jedem verdächtigen oder unnatürlichen Todesfall aufmerksam, aber der Name Fred Lipsky war ihm bekannt vorgekommen. Es war einer der Namen auf seiner Liste, den er noch nicht überprüft hatte.
    Jetzt schien er dazu die Chance zu bekommen.
    Die Pathologin, Dr. Agnes Lorenzo, packte gerade ihre Sachen zusammen. Rossi nickte der kleinen, stämmigen Frau mit den grau werdenden Haaren zu. »Mrs. Lorenzo.«
    »Hallo, Rossi! Ich dachte, das wäre Newmans Fall.«
    »Hängt mit einem von meinen zusammen. Wie weit sind Sie?« Er heftete sich seine Dienstmarke an und bahnte sich einen Weg durch die uniformierten Beamten, die man vor der geöffneten Tür postiert hatte.
    Der Plastiksack wurde gerade auf eine Trage gehoben. Zum Transport in die Leichenhalle. Verwesungsgeruch hing in der Luft, doch an solche Unannehmlichkeiten hatte Rossi sich längst gewöhnt. Prüfend blickte er sich in dem kleinen Zimmer um, registrierte das ungemachte Bett, die in eine Ecke geworfene Reisetasche,

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