Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
mehr nur irgendeine Frau, er wollte nur Kelsey.
Da die Sonne an Kraft gewann, setzte Gabe seine Sonnenbrille auf. Die Zeit verging, eigentlich wurde er dringend auf seinem Gestüt gebraucht, doch er blieb wartend am Rand stehen, bis Kelsey vom Pferd stieg.
»Sie hat ihre Sache gut gemacht«, freute sie sich und gab dem Jährling einen Kuß auf die Stirn, ehe sie die obligatorische Möhre hervorholte. »Kein bißchen Angst!«
»Ich möchte dich heute abend sehen.«
»Wie bitte?« Sie hatte die Wange noch immer an Honors schimmerndes Fell gepreßt und blinzelte ihn an.
»Ich würde dich heute abend gern ausführen. Mit dir essen gehen, dann ins Kino oder vielleicht durch die Gegend fahren. Du hast die Wahl. Ich möchte mich mit dir verabreden«, erläuterte er, als sie ihn fragend anschaute. »Mir scheint, daß ich dieses spezielle Ritual bei dir bisher versäumt habe.«
»Eine richtige Verabredung?« Kelsey überlegte einen Moment. »Du holst mich ab, wir gehen zusammen aus, und dann bringst du mich nach Hause und begleitest mich bis zur Tür?«
»So ungefähr hatte ich mir das vorgestellt.«
»Nun, das ist allerdings etwas anderes.« Nachdenklich neigte Kelsey den Kopf zur Seite. »Ich muß um fünf Uhr aus den Federn, also darf’s nicht zu spät werden. Ich habe nichts dagegen, ins Kino zu gehen, sagen wir, in die Sieben-Uhr-Vorstellung. Und danach gehen wir eine Pizza essen.«
Jetzt zögerte er. Einen derartigen Vorschlag hatte er von ihr nicht erwartet. »Gut, Kino und Pizza. Ich hole dich gegen sechs Uhr ab.« Er hob ihr Kinn leicht an und küßte sie flüchtig.
»Hey, Slater!« schrie sie ihm nach. »Darf ich den Film aussuchen?«
Ohne stehenzubleiben rief er über die Schulter: »Aber bitte keinen mit Untertiteln.«
»Bei der allerersten Verabredung?« lachte sie. »Für was für eine Frau hältst du mich eigentlich?«
»Für meine«, gab er schlagfertig zurück, und sie lachte nicht mehr.
An einer überfüllten Pizzeria voller kichernder Teenager war nichts Romantisches. Genau das hatte Kelsey beabsichtigt. Sie war entschlossen, das Treffen so unpersönlich wie möglich zu halten und ihn auf keinen Fall zu nahe an sich heranzulassen. Außerdem wollte sie herausfinden, was wirklich in Gabriel Slater vorging.
»Herrlich!« Sie ließ sich an einem Ecktisch nieder. »Ich hatte schon fast vergessen, daß es noch etwas anderes auf der Welt gibt außer Rennpferde.«
»Das geht uns allen so.« Gabe streckte die Beine aus. Er dachte belustigt, ausgerechnet er mußte eine Frau zum Essen einladen und sich dann mit ihr in einem Lokal wiederfinden, das mit Bildern grinsender Pizzas dekoriert war. »Du hast dich schnell und fast perfekt angepaßt.«
»Eines meiner Talente. Oder ein Fehler – je nachdem, wie man’s sieht. Wenn man etwas tut, soll man es ganz tun.« Entspannt stützte sie die Füße auf den Holm seines Stuhls. »So kommt man entweder zu Ruhm, oder man geht mit fliegenden Fahnen unter.«
»Ist es das, worauf du aus bist, Kelsey? Auf Ruhm?«
Sie lächelte. »Ich bringe die Begriffe Ruhm und Befriedigung immer durcheinander.« Dann blickte sie erst zur Kellnerin, ehe sie Gabe zuzwinkerte: »Such dir was aus. Ich esse alles.«
»Ich nicht. Bringen Sie uns bitte eine kleine . . .«
»Große «, verbesserte Kelsey ihn rasch.
»Große Pizza«, nickte er, »mit Peperoni, Schinken und Pilzen und dazu zwei Pepsi.«
»Wie konservativ«, bemerkte Kelsey, als die Kellnerin gegangen war.
»Ich möchte gern wissen, was ich esse.« Das stammte wohl noch aus der Zeit, als er gezwungen war, Reste zusammenzukratzen. »Wo wir gerade beim Thema sind: Hast du nicht erst vor knapp einer Stunde zwei Tüten Popcorn leergefuttert?«
Immer noch lächelnd spielte sie mit der schlichten Goldkette an ihrem Hals. »Was man im Kino ißt, zählt nicht, das gehört einfach dazu, genau wie die Titelmusik.«
»Hatte der Film eigentlich einen Titelsong? Weiß ich gar nicht mehr.«
»Ich bin wohl doch oberflächlich«, meinte Kelsey achselzuckend. »Ich liebe Actionfilme, hab’ sogar mal für einen Kurs an der Uni ein Drehbuch verfaßt. So eins, wo Gutes und Böses miteinander kämpften, wo wilde Autojagden und viele Schießereien stattfanden.«
»Was hast du damit gemacht?«
Abwesend ging sie den Rhythmus eines Songs, der aus der Musikbox dröhnte, mit den Fingern auf dem Tisch mit. »Ich habe die Note ›sehr gut‹ dafür bekommen und es dann in eine Schublade gesteckt. Erst wollte ich es bei einer
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