Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Filmgesellschaft einreichen, aber dann hätten die es komplett umgeschrieben, und es wäre nicht mehr mein Text gewesen.« Die Kellnerin servierte ihnen ihre Drinks in riesigen roten Plastikbechern. »Ich wollte ja auch nie Schriftstellerin werden.«
»Was dann?«
»Ach, alles mögliche.« Sie zog die Schultern hoch und beugte sich vor. »Das hing ganz von meiner Stimmung ab. Was ich alles für Kurse belegt habe!« Ein leises Lächeln zog über ihr Gesicht. »Darin bin ich ganz groß, Kurse zu besuchen. Wenn du jemanden suchst, der von allem ein bißchen versteht, dann bist du bei mir richtig.«
»Das paßt doch gut, schließlich bist du bei einem Universitätsprofessor aufgewachsen.« Er hob seinen Becher: »Wissen ist Macht.«
»Und nichts wissen macht nichts. Aber Spaß beiseite, ich hoffte immer, wenn ich nur genug ausprobiere, finde ich irgendwann mal das Richtige.«
»Und hast du es gefunden?«
»Ja«, seufzte sie. »Meine Familie würde jetzt sofort sagen, daß ich das schon öfter behauptet habe, aber diesmal ist es anders – auch das habe ich schon öfter gesagt«, murmelte sie. »Aber es stimmt. Noch nie erschien mir das, was ich getan habe, so richtig und natürlich wie jetzt. Und so . . . so echt. Gott weiß, daß ich noch nie in meinem Leben so hart gearbeitet habe.«
Und als wollte sie sich davon überzeugen, blickte sie auf ihre Hände, die von Tag zu Tag kräftiger wurden. Ihr gefiel die Idee, daß sie selbst gleichzeitig mit ihnen auch immer stärker wurde.
»Wie steht’s mit dir? Hast du schon gefunden, was du gesucht hast?«
Seine Augen ruhten unverwandt auf ihr, und einen kurzen Augenblick lang glaubte sie, ein Geheimnis darin zu entdecken, einen Hunger.
»Vielleicht.«
»Siehst du eine Frau immer so an, als . . .?«
Seine Lippen zuckten ganz leicht, aber der Ausdruck seiner Augen blieb unverändert. »Das hat mich noch niemand gefragt.« Er legte eine Hand um ihren Knöchel, der auf dem Holm seines Stuhles lag, und begann ihn zu streicheln. »Aber da du es selbst erwähnst, könnten wir den Abend doch so beschließen.«
Die Kellnerin brachte die Pizza und zwei weiße Plastikteller, wünschte stereotyp: »Guten Appetit«, und eilte davon.
»Ich mag die Atmosphäre hier.« Vorsichtig zog Kelsey ihren Fuß zurück und setzte sich gerade. »Aber jetzt habe ich den Faden verloren. Was ist mit deiner Farm? Hast du dort gefunden, was du gesucht hast?«
Gabe nahm ein Plastikmesser, um die Pizza zu zerteilen, dann legte er ein Stück auf ihren und eines auf seinen Teller. »Es gefällt mir da.«
»Warum?«
»Weißt du, Kelsey, ich glaube, es war ein Fehler, das Schreiben aufzugeben. Du wärst eine hervorragende Journalistin geworden.«
»Wenn man keine Fragen stellt, bekommt man auch keine Antworten.« Sie biß in ihre Pizza, und die scharfen Peperonistücke brannten ihr auf der Zunge. »Zumindest von manchen Menschen nicht. Hast du was gegen Fragen, Slater?«
Er überging diese Frage, indem er die vorherige beantwortete: »Es gefällt mir da, weil alles mir gehört.«
»So einfach ist das?«
»Nein, so kompliziert. Aber du wirst dir doch nicht den Abend mit meiner Lebensgeschichte beschäftigen wollen. Das verdirbt dir den Appetit.«
»Mein Magen hält einiges aus.« Sie leckte sich genüßlich Sauce vom Finger. »Du kennst meine Geschichte, Gabe. Zumindest einige Höhen und Tiefen. Und du hast bei mir keine Chance, wenn ich nicht wenigstens ein bißchen weiß, mit wem ich es zu tun habe.« Ungerührt aß sie weiter, obwohl er sie stirnrunzelnd musterte. »Das ist kein Ultimatum und auch keine Garantie, sondern einfach nur eine Tatsache. Ich fühle mich zu dir hingezogen, und ich bin gern mit dir zusammen. Aber ich kenne dich nicht.«
Und wenn das der Fall wäre, würden sich ihre Gefühle wahrscheinlich drastisch ändern, dachte er. Sein Risiko. Nun er war schon öfter Risiken eingegangen, wenn der Preis hoch genug war. »Laß mich erst einmal ein paar Worte über dich sagen. Du bist das einzige Kind eines liebevollen Vaters. Behütet. Verwöhnt.«
Zwar nagte die letzte Bemerkung an ihr, doch sie konnte nicht leugnen, daß es stimmte. »Zugegeben, ich habe als junges Mädchen fast alles bekommen, was ich mir wünschte. Sowohl materiell als auch emotional. Vermutlich wollte man mich dadurch für das Fehlen der Mutter entschädigen. Aber mir fehlte nichts.«
»Ein großes Haus in einem Vorort«, spann er den Faden weiter. »Gute Schulen, Ferienlager, Ballettstunden.«
Falls er
Weitere Kostenlose Bücher