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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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selbst, mein Freund.«
    Schritte waren zu
hören. Vom Kellertor her näherte sich eine Patrouille. La Mettrie sah den Kanal
hinunter. »Ah, wieder mal die königlichen Aufpasser. Ich frage mich, warum man
tagsüber so einfach durch diese Stadt flanieren kann, aber in der Nacht, wo es
viel mehr Spaß macht, nicht. Vielleicht wird es mir der König eines Tages
erklären.«
    Quantz klopfte an
die Tür. Sophie musste schon lange gehört haben, dass er sich unten auf der Straße
unterhielt. »Ich denke, unsere Unterhaltung ist beendet«.
    »Nur für den Moment.
Ich werde Sie morgen früh aufsuchen. Bis dahin werden Sie hoffentlich zugeben
können, dass Sie meine Hilfe brauchen. Ich werde es Ihnen auch beweisen.«
    »Beweisen?«
    »Morgen. Bei einer
Gelegenheit, die Sie nicht verpassen dürfen. Gehen Sie schlafen, lieber Maître
de Musique. Die Nacht wird kurz sein. Bonne nuit .«
    La Mettrie
verschwand in der Dunkelheit. Endlich öffnete Sophie. Sie stand in Nachthemd
und Nachthaube da und wollte etwas sagen, doch Quantz war nicht mehr nach Reden
zumute. Er ging wortlos an ihr vorbei, hinauf in seine Schlafkammer. Dort
kleidete er sich aus und legte sich hin. Das Glockenspiel der Garnisonkirche
sandte seine silbrige Melodie über die Stadt. Es musste ein Uhr sein.
    Fetzen des Gesprächs
mit dem König gingen ihm im Kopf herum. Und immer wieder mischte sich La
Mettries hohe schneidende Stimme dazwischen.
    Der Franzose wollte
ihm helfen? Was verbarg sich hinter dem Angebot? Eine Falle?
    Aber was wollten sie
denn noch? Quantz war beim König erledigt. Er wurde in den Ruhestand geschickt.
Vielleicht zahlte ihm der König eine Pension. Oder auch nicht. Das lag allein
im Ermessen Seiner Majestät.
    Quantz konnte das
Haus verkaufen. Sich kleiner stellen. Vielleicht privat unterrichten. Doch wer
wollte schon von einem Musiker etwas beigebracht bekommen, den der König selbst
vom Hof gejagt hatte?
    Schweiß bildete sich
auf seiner Stirn, als ihm klar wurde, dass diese Zukunftsvision noch das
angenehmere Szenario von den vielen Möglichkeiten war. Seine Majestät hatte ihm
klipp und klar gesagt, dass er die Behörden ohne eigene Einmischung den Tod von
Andreas Freiberger untersuchen ließ. Wenn Quantz auch nur der Schatten einer
Schuld traf, musste er mit viel Schlimmerem rechnen, als nur von einer
kümmerlichen Pension aus eigenem Vermögen leben zu müssen.

19
    »Sie haben
Besuch«, sagte Sophie. »Sie wüssten schon Bescheid, hat er gesagt.«
    Quantz war bereits
aufgestanden und dabei, seinen Rock zuzuknöpfen. Sein Kopf fühlte sich seltsam
an. Als trage er einen zu engen Helm, der von allen Seiten drückte.
    »Wer ist es?«
    »Monsieur La
Mettrie.«
    »Hat er gesagt, was
er will?«
    »Sie hätten eine
Verabredung.«
    »Sag ihm, ich komme
gleich. Serviere uns dann Kaffee. Frag ihn aber erst, ob er welchen will.«
    Sophie machte einen
Knicks und wirkte distanziert, als hätte das gestrige Gespräch gar nicht
stattgefunden. Sie schien auch gar nicht neugierig zu sein, wo Quantz heute
Nacht gewesen war und warum sich nun der Franzose, über den sie gestern noch so
ausführlich gesprochen hatten, in seinem Haus befand.
    »Kaffee ist mir
recht, mein lieber Herr Quantz«, sagte La Mettrie, der in der Tür stand – in
einen tiefblauen Rock gekleidet. »Entschuldigen Sie, dass ich so hereinplatze.
Ich hatte vergessen, Ihrer reizenden Magd zu sagen, dass unser Termin um halb
zehn im Schloss stattfindet und wir uns vorher noch ein wenig unterhalten
sollten. Sie sehen übernächtigt aus. Aber ich richte mich natürlich danach, was
der Hausherr sagt. Ich gehe schon einmal hinüber.«
    Der Franzose
entfernte sich aus dem Türrahmen. Sophie ging hinterher.
    Aufwallender Ärger
über La Mettries ungehobelte Art brachte Quantz’ Kreislauf in Gang. Würde es
ihm der Philosoph jetzt nicht heimzahlen? In seinen Arbeitsunterlagen
herumwühlen? Und wenn schon. Der Rundschädel wird dort nichts finden.
    Kurz darauf betrat
er die Stube, in der La Mettrie bequem im Sessel saß, Noten vor sich auf dem
Schoß. Er machte nicht den geringsten Versuch, sie verschwinden zu lassen, als
Quantz hereinkam.
    »Guten Morgen,
Maître de Musique«, sagte der Franzose. »Ich habe mir erlaubt, diese Dokumente
durchzusehen. Es sind Hinterlassenschaften des unglücklichen Andreas
Freiberger, wenn ich nicht irre.«
    Quantz erkannte die
seltsamen Tabellen, die der Lakai bei seinem letzten Besuch hinterlassen hatte.
»Woher wissen Sie das?«
    »Andreas hat sie mir
auch

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