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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Vorstellung reicht’s.«
    »Ich freue mich
schon auf das Gesicht vom Rat Weyhe, wenn wir ihm den Vorfall schildern«, sagte
Michael.
    »Ist das denn
wichtig?«
    »Das muss der Rat
entscheiden. Außerdem: Hast du nicht gehört, was der Herr dort gerufen hat? Er
hält den Herrn Musikus für einen Verräter. Das ist doch verdächtig, oder?«
    Jetzt tat sich oben
am Fenster etwas. Quantz war herangekommen und öffnete es. Er hatte einen Eimer
Wasser in der Hand.
    »Das ist nicht
wahr«, sagte der junge Kilian.
    »Ich fürchte doch.«
    Unten auf der Straße
stand immer noch der schimpfende La Mettrie. Er schien den Wassereimer nicht zu
sehen. Quantz drehte ihn, und der Inhalt, ein riesiger Wasserschwall, der sich
auf dem Weg nach unten länglich verformte, klatschte La Mettrie auf den Kopf.
Die Passanten brachen in Lachen aus. Der Franzose trampelte vor Wut auf der
Stelle herum.
    »Das haben Sie nicht
umsonst getan«, schrie er nach oben und ließ ein ganzes Wörterbuch
französischer Ausdrücke folgen. Sofort stapfte er wieder die Stufen hinauf und
verschwand im Haus, wobei er eine nasse Spur hinterließ.
    »Siehst du?«, sagte
der ältere Kilian. »Ich wusste es.«
    »Was wusstest du?«
Johannes sah seinen Bruder erstaunt an.
    »Das ist
Schwerkraft.«
    ***
    »Haben Sie es?«,
fragte La Mettrie und wischte sich mit einem Tuch das Gesicht ab.
    »Allerdings. Es hat
unter der Fensterbank gesteckt. Unglaublich, wie Sie das von unten erkennen
konnten.«
    Der Franzose legte
das Tuch weg und tippte sich an die Stirn. »Man muss seinen Verstand benutzen,
dann geht alles ganz einfach. Und man darf sich nicht auf Eingebungen von oben
verlassen, sondern man muss von dem ausgehen, was man sieht, fühlt, schmeckt, hört
– kurz, was man wahrnimmt. Der Mensch ist ständig Wahrnehmungen ausgesetzt.
Aber er muss sie verarbeiten, sonst …«
    Der Franzose brach
seine gelehrten Ausführungen ab, denn Quantz nahm das gefaltete Blatt. Er
öffnete es und fand weitere Zettel darin eingelegt – einen größeren mit krumm
gezogenen Notenlinien und Noten darauf und viele kleinere. Auf jedem der
kleineren waren jeweils zwei Noten zu sehen. Auf dem großen stand ein kleines
einstimmiges Musikstück.
    »Und? Was meinen
Sie?«, fragte La Mettrie.
    »Sehr interessant … Einen
Moment.« Quantz suchte alles zusammen, was er an Schriftstücken von Andreas
besaß: die Tabelle, die wenigen Noten, die er bei seinen Besuchen geschrieben
hatte. Ein Vergleich zeigte deutlich, dass die Zettelchen, die unter der
Fensterbank gesteckt hatten, tatsächlich seine Handschrift trugen.
    »Es ist von ihm«,
sagte La Mettrie. »Aber was ist es? Eine Idee für eine Komposition? Ist es ein
guter Einfall?«
    »Das habe ich eben
gemeint, als ich sagte, das Schriftstück sei interessant. Die Melodie ist
nämlich – um es mal so auszudrücken – originell.«
    »Wollen Sie mir sie
vorsingen?«
    »Da weiß ich etwas
Besseres.« Quantz öffnete die Flötenschatulle, baute das Instrument zusammen
und spielte ein paar Probetöne. Dann trug er vor, was auf dem Zettel stand.
    La Mettrie hörte
andächtig zu. »Ein Flusslauf, der einige unerwartete Wendungen nimmt. So würde
ich die Melodie beschreiben«, sagte er.
    »Kein schlechter
Vergleich. Die unerwarteten Wendungen sind wirklich etwas Besonderes. Wenn ein
Kompositionsschüler von mir mit einem solchen Thema käme, würde ich aufhorchen.«
    »Verrät es Talent?«
    »Das wird man erst
erfahren, wenn man dem Schüler andere Aufgaben gibt und dann prüft, wie er sie
löst. Allein dieser Einfall hier wirkt, als würde der Komponist sein Publikum
mit allen Mitteln davon zu überzeugen versuchen, wie originell er ist.«
    »Und worin besteht
dieser Versuch? Verzeihen Sie, lieber Maître de Musique, so sehr bin ich in die
Tiefen der Tonkunst nicht eingedrungen.«
    Quantz deutete auf
das Blatt. »Ganz einfach. Gefällige Melodien haben einen gewissen einheitlichen
Aufbau. Denken Sie an die Lieder, wie sie die Ammen an der Wiege, die Frauen
beim Spinnen der Wolle oder die Bauern auf dem Felde singen. Denken Sie an Tänze
auf den Festen – egal, ob auf dem Lande beim einfachen Volk oder in den Sälen
der Fürsten. Einfache Melodien haben gewöhnlich acht Takte, wobei die ersten
vier und die zweiten vier gleich beginnen und sich nur in der Schlusswendung
unterscheiden.«
    La Mettrie blickte
auf die Noten und runzelte die Stirn. »Und dies hier sind auch acht Takte. Aber
wenn ich die Noten darin miteinander vergleiche …«
    »Dann

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