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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Andreas zu tun
zu haben, denn seine Neigung zur Musik hat ihn immer wieder zu Ihnen geführt.«
    »Aber wer hat nun
Andreas in seiner Gewalt?«
    »Das ist logisch.
Derjenige, der von dieser Chiffrenmethode profitiert.«
    »Feinde des Königs?«
    » Der Feind überhaupt. Oder sagen wir korrekter: die Feindin.«
    »Die Kaiserin? Maria
Theresia von Habsburg?«
    »Höchstpersönlich.
Oder vielmehr die Enden der Fäden, die sie in diese Stadt im Zentrum des für
sie feindlichen Preußens gelegt hat, um hin und wieder daran zu ziehen.
Beziehungsweise, um jemanden daran ziehen zu lassen. Vergessen Sie nicht die
Desertionen. Die Flucht des Soldaten aus Ihrem Haus und der Tod des anderen
Soldaten. Ich bin sicher, es ist eine einzige Quelle, auf die all diese
Intrigen zurückzuführen sind.«
    Quantz wurde von
Schwäche ergriffen. Nun war er es, der sich in den Sessel setzen musste.
    »Wenn Sie recht
haben«, sagte er und spürte, wie sein Mund trocken wurde, »müssen wir das
sofort dem König melden. Ich werde dann hoffentlich rehabilitiert. Wenn wir das
alles aufdecken …«
    »Dazu fehlt uns aber
noch eine Kleinigkeit.« Der Franzose wandte sich wieder dem Stehpult zu. »Wir
wissen noch viel zu wenig. Lassen Sie uns erst entschlüsseln, was in der
Nachricht von Andreas steht. Wir werden ein wenig herumprobieren müssen.
Vielleicht sind es nicht die ersten, sondern die letzten beiden Noten eines
Taktes, die für einen bestimmten Buchstaben stehen. Und wir werden natürlich
überhaupt nichts herausfinden, wenn wir nicht wissen, welcher Buchstabe mit
welchem Notenpaar gemeint ist. Sie haben die Zettel doch der Reihe nach auf das
Pult gelegt, oder? Ich meine, so, wie sie innerhalb des großen Blatts sortiert
waren?«
    »Ich glaube schon«,
sagte Quantz vom Sessel her.
    »Dann gehe ich
einfach davon aus, dass sie in der Reihenfolge des Alphabets gelegen haben.
Schreiben Sie bitte die Noten in der richtigen Reihenfolge auf. Dann haben wir
das musikalische Alphabet, mit dem wir weiterarbeiten können. Wenn meine
Theorie stimmt.« Er rieb die Handflächen aneinander und ging zur Tür.
    »Wohin wollen Sie?«,
fragte Quantz. Die Bewegung mit den Händen hatte La Mettrie schon mehrmals
gemacht, aber jetzt schien noch etwas dazugekommen zu sein. Eine Art von
Nervosität, schien Quantz.
    »Nach Sophie sehen.
Es dauert nur einen Moment. Warten Sie, bis ich zurück bin.«
    ***
    Weyhe sah dem
Lakaien hinterher, der die Überreste des Mittagsmahles abgeräumt hatte. Er
wischte sich die Finger an der Serviette ab, die immer noch um seinen Hals
hing, öffnete den Knoten und legte das Tuch zur Seite. Jetzt war sein
Schreibtisch fast leer. Auf der Fläche lag nichts als ein versiegelter Brief,
der heute Vormittag aus Berlin gekommen war.
    Er brach ihn auf und
überflog die Zeilen.
    Es ging um den
Musikus Quantz. Man hatte ihn auch in Berlin beschattet. Bei der Post war heute
Morgen ein Schreiben abgefangen worden, das er an den Kantor Johann Sebastian
Bach in Leipzig geschrieben hatte.
    Der Brief war in den
Bericht aus Berlin eingelegt. Natürlich war er bereits geöffnet und begutachtet
worden.
    Weyhes Leute in
Berlin hielten das Schreiben laut Bericht für eine harmlose Anfrage eines
Musikers an seinen fachlichen Gewährsmann. Doch Weyhe wusste es besser. Er las,
was Quantz geschrieben hatte, legte den Brief weg und ging die anderen
Nachrichten aus der preußischen Hauptstadt durch.
    Bei Graf Bernes gab
es neue Entwicklungen. Dr. Eichel, sein Leibarzt, besuchte ihn in letzter
Zeit sehr häufig. Doch andere Mitteilungen besagten, dass sich der Graf
außerordentlicher Gesundheit erfreue. Er gehe oft aus, ließ sich sogar in der
Oper sehen und schien voller Kraft und Elan die Nächte mit Festen zu
durchleben. Weyhe überlegte, welche Schlüsse er dem König gegenüber ziehen
musste.
    Die Frage war,
welchen Aufgaben Graf Bernes’ Leibarzt nachging. Der Graf war verheiratet, doch
die Gräfin weilte seit Monaten bei einer Verwandten in der Nähe von Graz.
Familie hatte er keine.
    Es musste angenommen
werden, so hieß es in der Nachricht, dass der Graf einen unbekannten Gast
beherbergte, der die Dienste des Leibarztes benötigte.
    Weyhe nickte vor
sich hin. Er wusste, wer der unbekannte Gast des Grafen war. Und welche
Bedeutung diese Nachricht besaß. Denn Graf Bernes war ein wichtiger Mann. Ein
Mann, der Potsdam nicht betreten durfte, wie alle Gesandten und vor allem nicht
die Gesandten des Feindes.
    Graf Bernes war der
Botschafter der Kaiserin

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