Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
Vom Netzwerk:

in Richtung Kellertor.
    »Sie haben dem Rat
einen Streich gespielt?«, fragte Quantz.
    D’Argens nickte.
»Ja, und was für einen.«
    »Aber warum? Wollen
Sie mich wirklich zu Seiner Majestät bringen? Wir fahren eine ganz andere
Strecke. Was haben Sie vor?«
    »Keine Sorge. Es
geht nicht zum König, sondern zu einem Freund. Einem Freund von Ihnen und einem
Freund von uns. Einem gemeinsamen Freund von uns allen.«
    »Wer? Etwa La
Mettrie?«
    »Voilà«, sagte der
Marquis. »Er hat uns Ihre Lage geschildert. Und wir haben uns so prächtig
amüsiert, als Sie neulich in die Tafelrunde des Königs platzten … Wir
haben uns gedacht, dass wir Ihnen ein wenig unter die Arme greifen müssen. So
weit das in unserer Macht steht.«
    »Aber was geschieht
nun?«
    »Lassen Sie sich
überraschen.«
    Sie folgten dem
Kanal, dann ging es wieder in Richtung des Hauses, wo Brede seine Fahrzeuge und
seine Pferde stehen hatte.
    Die Kutsche hielt.
Der Offizier, der Quantz gegenübersaß, öffnete den Schlag. »Sie gestatten?«
    »Sind Sie wirklich
Hauptmann?«, fragte Quantz.
    Wieder Gelächter.
D’Argens legte ihm die Hand auf das Knie. »Je weniger Sie über unseren kleinen
Streich wissen, desto besser. Machen Sie das Beste daraus. Wir wünschen Ihnen
Glück.«
    Quantz blieb vor
Bredes Remise stehen und blickte sich um. Als das Gepolter der Kutsche in der
Ferne verklungen war, kam La Mettrie gemütlich um die Ecke spaziert.
    »Ich freue mich, Sie
so wohlbehalten wiederzusehen, mein lieber Maître de Musique.«
    »Monsieur La
Mettrie, was soll das alles? Wieso haben Sie mich herbringen lassen?« Quantz
sah sich um. Jeden Moment konnten Grenadiere auftauchen. Der kleine Weyhe würde
die Niederlage sicher nicht auf sich sitzen lassen.
    »Hat man Ihnen das
in der Kutsche nicht erklärt?«, fragte der Kammerherr ruhig. »Ah, ich verstehe,
die Zeit war zu kurz.«
    »Wie kommen Sie
überhaupt so schnell hierher? Waren Sie nicht im Opiumrausch versunken?«
    Als hätte er alle
Zeit der Welt, wiegte der Franzose langsam den Kopf hin und her. »Ich war
tatsächlich ein wenig … sagen wir … müde. Aber der kurze Rausch ist rasch
verflogen. Das Zeug wirkt bei mir nicht mehr so gut, ich hätte dringend
Nachschub gebraucht. Nun ja, jedenfalls dachte ich darüber nach, wohin Sie
verschwunden sein könnten, und dann hatte ich ein paar Ideen. Zum Beispiel die,
dass Sie unfehlbar in eine Falle laufen, wenn Sie zu Brede gehen. Ich bin Ihnen
gefolgt und habe mitbekommen, wie Weyhes Männer Sie hier ertappten. Dieses
militärische Gehabe wiederum brachte mich auf die Idee, Sie mit Hilfe meiner Freunde
zu befreien. Genial, nicht? Der Hauptmann, der in der Kutsche saß, ist
natürlich gar kein Soldat. Er ist Algarottis Kutscher. Die Uniform hat
Algarotti eigens für eine Opernaufführung erworben. Wir hätten natürlich nie
gedacht, dass sie auch in Wirklichkeit eine so verblüffende Wirkung haben
würde. Wissen Sie, lieber Maître de Musique, ich habe manchmal den Eindruck,
unser lieber König übertreibt es ein wenig mit dem Militär. Man braucht nur
diese bunte Kleidung zu tragen, und schon strahlt man eine Autorität aus, die
alle anderen lähmt. Vor allem, wenn die anderen dem vermeintlichen Rang des
Uniformträgers unterlegen sind. Halten Sie es für eine gute Sache, wenn ein
Staatswesen auf dieser Art von Einschüchterung basiert? Ich frage mich, ob es
nicht eines Tages einmal jemandem gelingt, in einer Offiziersuniform, die ihm
gar nicht gehört, etwas wirklich Kriminelles zu tun …«
    Quantz hatte das
Gefühl, auf Nadeln zu sitzen. »Monsieur, könnten wir die Diskussion über das
preußische Staatswesen vielleicht verschieben? Lassen Sie uns verschwinden. Am
besten, wir gehen gleich zum König. Ich sollte mich ihm zu Füßen werfen und ihm
alles sagen, was wir herausgefunden haben. Stattdessen bringen Sie Ihre Freunde
dazu, mich hier bei Bredes Haus abzusetzen, wo ich mich doch erst recht
verdächtig mache. Rat Weyhe glaubt doch, ich hätte mit Brede Verrat oder gar
einen Mord begangen.«
    »Heißt das, Sie
danken mir Ihre Rettung gar nicht? Wie unhöflich von Ihnen!« La Mettrie rümpfte
die Nase, als verbreite sich plötzlich ein unangenehmer Geruch.
    »Aber
selbstverständlich, Monsieur«, sagte Quantz. »Verzeihen Sie. Ich danke Ihnen.
Ich danke Ihnen sogar sehr. Aber wir müssen noch durch die ganze Stadt, um zum
Brandenburger Tor zu gelangen. Und dort wird man uns sicher erkennen. Ich werde
die Stadt gar nicht verlassen können.

Weitere Kostenlose Bücher