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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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änderte. Wir sehen das in anderen Ländern
anhand von Vulkanen. In deren Umgebung ändern sich die Landschaften
allenthalben. Etwa zu Füßen des Vesuvs im Königreich Neapel. Dort sprechen die
Einheimischen seit Langem davon, dass unter alter erstarrter Lava eine ganze
antike Stadt verborgen liegt. Stellen Sie sich das vor! Und es gibt Beweise.
Immer wieder hat man Kunstwerke und alte Gegenstände entdeckt. Und vor etwa
einem Monat hat man endlich damit begonnen, sie systematisch auszugraben. Der
König von Neapel hat dies befohlen – übrigens auf Anregung seiner Frau,
Prinzessin Maria Amalia von Sachsen, die ja, wie Sie wissen, eine Tochter des
allergnädigsten sächsischen Kurfürsten ist. Auch diese Verbindung könnte
unseren König davon überzeugen, eine solche Forschung zu bewilligen.«
    »Aber Sie sprechen
von Neapel«, sagte Quantz. »Von Italien. Ist das nicht etwas ganz anderes? Wir
sind hier in Preußen. Hier gibt es weder Vulkane, noch gab es alte Römer.«
    La Mettrie stand
etwas abseits im Hintergrund, ein unergründliches Lächeln im Gesicht.
    »Aber auch hier gab
es alte Völker«, fuhr Sartorius fort. »Das Gebiet ist schon sehr lange
besiedelt. Und weiß man, welche Kräfte der Geologie auf diese Gegend hier
eingewirkt haben? Sie können erst Dinge wissen, wenn Sie sie gesehen haben. Von
Italien weiß man, welche Historie es besitzt. Aber das heißt nicht, dass es
eine solche glorreiche Vergangenheit nicht auch in unserem Lande gegeben haben
könnte. Verstehen Sie, Herr Kammermusiker?« Er griff nach Quantz’ Arm.
    Quantz verstand, was
er meinte. Allerdings war es einem König, der sich vor allem für französische
Kultur interessierte, wohl schwer beizubringen, eine solche Forschung zu
unterstützen. Aber das war nicht sein Problem.
    »Wir danken Ihnen«,
sagte La Mettrie, der jetzt wieder etwas näher gekommen war. »Sie sind sehr
überzeugend in Ihren Ausführungen, und ich werde sehen, was ich für Sie tun
kann. Selbstverständlich kann ich nichts versprechen.«
    »Natürlich, Herr
Kammerherr«, sagte Sartorius. »Ich bin schon zufrieden, wenn mir Seine Majestät
gestattet, einige Minuten vorzusprechen, damit ich meine Gedanken vortragen
kann. Sehr zufrieden sogar.«
    »Ich denke, das wird
sich einrichten lassen.«
    Der Professor
verbeugte sich. »Danke, dass Sie mich angehört haben. Ich werde nun noch einen
Besuch im Stadtschloss machen. Dort warten in den Archiven noch einige
Aktenstücke über die Stadtgeschichte auf mich.«
    »Tun Sie mir einen
Gefallen«, sagte La Mettrie. »Sorgen Sie bitte dafür, dass dieses Gespräch
unter uns bleibt. Am besten ist es, wenn es offiziell gar nicht stattgefunden
hat. Weder mich noch Herrn Quantz haben Sie hier gesehen. Das ist sicher auch
in Ihrem Sinne. Es gibt so viele Neider, gerade bei Hofe …«
    »Neider … Selbstverständlich,
verehrter Herr Kammerherr. Das verstehe ich. Nein, nein, keine Sorge. Alles
bleibt geheim und unter uns. Und noch einmal tausend Dank.« Er blickte Quantz
an: »Ihnen beiden natürlich.«
    Er verabschiedete
sich umständlich, packte seine Papiere zusammen und verließ die Kirche.
Schließlich war Quantz mit La Mettrie allein in dem großen, leeren Raum. Quantz
spürte ein Frösteln. Die dicken Steine strömten Kälte aus.
    »Ich denke, nun ist
einiges klar«, sagte La Mettrie.
    Quantz nickte. »Sie
glauben, eine architektonische Hinterlassenschaft aus den alten Zeiten, die der
Herr Professor heraufbeschworen hat, könnte den Grenadieren … geholfen
haben?«
    Der Franzose legte
den Zeigefinger an die Lippen. »Auch hier haben die Wände vielleicht Ohren«,
sagte er leise. »Aber ich muss Ihnen ein Kompliment machen, lieber Maître de
Musique. Sie haben es endlich verstanden.«
    ***
    Weyhe blickte
ungeduldig aus dem Seitenfenster. Wo war die Kutsche mit den Kammerherren und
diesem Voigt hin? Sie brachten Quantz doch zum König, oder nicht? Spätestens
auf der langen Strecke zum Brandenburger Tor müsste der große Viersitzer doch
zu sehen sein.
    Doch auf der langen
schnurgeraden Straße war nur das übliche Volk unterwegs. Dazu Boten, Reiter,
Karren, hin und wieder eine kleinere Mietkutsche.
    Keine Spur von den
Franzosen.
    Wahrscheinlich waren
sie ihm schon weit voraus. Zum Glück verlor er am Tor keine Zeit. Als ihn die
Wachen erkannten, winkten sie ihn durch.
    »Schneller«, rief
Weyhe nach vorn, und der Kutscher trieb die Pferde an. Es dauerte nur wenige
Minuten, da waren sie die Kurven hinaufgefahren und kamen an

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