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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Boden gewachsen
vor ihm standen.
    »Ist Er der Rat
Weyhe?«
    »Dumme Frage. Schert
Euch fort.«
    »Mitkommen«, sagte
der Soldat und trat ihm in den Weg.
    »Seid Ihr verrückt
geworden, mir Befehle zu geben?«
    Die Grenadiere
packten ihn. Weyhe versuchte, sich loszumachen, doch einer der Soldaten holte
aus und schlug zu.
    »Weg mit Euch! Was
fällt Euch ein? Ich bin Rat Weyhe! Der Vertraute des Königs! Ich bringe Euch
nach Spandau!« Er versuchte loszukommen. Der Stoff seines Rocks zerriss. Etwas
fiel zu Boden. Das Ledersäckchen.
    »Lasst mich. Da
liegt mein Geld! Wollt Ihr mich berauben?«
    Ein Zivilist in
grauem Rock trat hinter einer Linde hervor und bückte sich nach dem Säckchen.
Weyhe versuchte noch einmal, sich aus dem Griff der Soldaten zu entwinden. Der
Mann hatte schon einige Münzen aus dem Säckchen geholt.
    »Gulden«, sagte er.
»Ein ganzes Vermögen. Das passt.«
    Er gab den
Grenadieren einen Wink. Sie zogen den Rat davon. Eine Kutsche kam
herangefahren. Der Soldat öffnete den Schlag und schob Weyhe hinein. Der Rat
drehte sich um, und erst jetzt erkannte er das Gesicht des Zivilisten.
    Es war Samuel von
Cocceji. Der Justizminister des Königs.

27
    Eine Woche
später war der Frühling mit einer solchen Kraft aufgeblüht, dass man glauben
konnte, der Sommer beginne schon. Selbst die Nächte waren so mild, dass sie
Quantz an seine Zeiten in Italien erinnerten.
    Er stand an der
Seite Seiner Majestät auf der großen Schlossterrasse. Gemeinsam blickten sie
über die Blütenpracht des abendlichen Parks. Die Vögel lärmten in den hohen
Bäumen, die das Gelände weit hinten abschlossen.
    Vorsichtig tapsende
Schritte näherten sich auf dem Kies. Es waren die beiden Hunde Biche und
Alcmene.
    »Das System, das
dieser junge Lakai entwickelt hat, hätte die Technik der Chiffrierung in meinen
Kanzleien tatsächlich revolutioniert«, sagte der König. »Unglaublich, wie
begabt Freiberger gewesen sein muss.«
    »Begabt und mutig«,
fügte Quantz hinzu. »Und er glaubte wohl immer, die Menschen um ihn herum
müssten genauso begabt sein wie er. So stellte er uns auf seine Weise die
schwierigsten Aufgaben.«
    »Haben Sie den
Zettel noch, den er Ihnen schrieb?«
    »Selbstverständlich,
Majestät. Ich hüte ihn wie meinen Augapfel.«
    »Zweiunddreißig
Noten. Zwei Noten ergeben je einen Buchstaben. Sechzehn Buchstaben also. Buchstaben,
die es in sich haben.«
    »›Montag Mittag
JTor‹«, zitierte Quantz die Transkription. »Er muss eine Unterhaltung zwischen
Graf Bernes und Rat Weyhe belauscht und dabei Ort und Zeit der Übergabe der
Belohnung erfahren haben. Und da es in Potsdam nur ein Tor gibt, das mit J
beginnt …«
    »Gewesener Rat«,
korrigierte der König.
    »Sehr richtig.
Gewesener Rat.«
    »Es wird Zeit,
lieber Quantz. Gehen wir hinein. Sie wissen, heute gibt es etwas Besonderes.«
    »Ein neues Konzert,
Majestät. Nach so langer Zeit.«
    Friedrich lächelte.
»Nicht nur das. Ich habe mir erlaubt, eine kleine Überraschung vorzubereiten.«
    Sie betraten das
Musikzimmer von der Gartenseite her. Die Musiker standen schon an ihren
Plätzen. Es war die übliche Besetzung. Nur Carl Philipp Emanuel Bach hatte sich
beurlauben lassen. Ihn vertrat der zweite Hofcembalist Christoph Nichelmann –
ein schmaler, stets nervös wirkender Mann, der erst in dem Moment, in dem er zu
spielen begann, zur Ruhe kam.
    Quantz legte die
Noten auf das Pult und machte eine Verbeugung. »Majestät, es ist alles bereit.
Wenn Sie wünschen, können wir die neue Komposition probieren, die ich
mitgebracht habe.«
    »Einen Moment noch.«
    Der König winkte
einem Lakai zu, der die Tür öffnete. Drei Männer betraten den Saal: La Mettrie,
d’Argens und Algarotti. Hinter ihnen trugen Lakaien einen bequemen Sessel
herein, und eine weitere Person erschien: Friedrichs Schwester Amalia mit
Dreispitz und ausladendem Reifrock, dessen Seidenstoff raschelte. Sie durfte
als Einzige Platz nehmen. Alle bis auf Friedrich verneigten sich.
    Quantz staunte.
Gäste beim abendlichen Konzert des Königs! So etwas hatte es in Sanssouci noch
nie gegeben.
    Der Monarch nahm die
Begrüßungen entgegen und lächelte Quantz zu. Dann blickte er in die Runde. »Ich
ehre mit diesem Konzertabend einen meiner wertesten Lehrer und Berater«, sagte
er. »Einen Mann, dem in der letzten Zeit viel Unrecht widerfuhr. Dieses Unrecht
möchte ich nun wiedergutmachen. Herr Quantz hat mir über die Musik hinaus
gezeigt, dass auch ein König mitunter Schein und Sein verwechseln

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