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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Arm. »Ich habe Herrn Quantz
gemeint. Los, aufheben! Ansehen! Was glauben Sie, was das ist?«
    Quantz ignorierte
das Zerren in seinem Rücken, als er sich hinunterbeugte. Der Stapel war zwei,
drei Finger dick. Er erkannte seine eigene Schrift, auch die des Königs.
    »Ist es nicht
seltsam«, knurrte Friedrich mit kaum unterdrückter Wut in der Stimme, »dass der
Kerl unsere Noten aufbewahrt, wo eigentlich sein Nachtgeschirr sein sollte? Wir
wollen doch nicht hoffen, dass er sich mit unseren musikalischen Werken den
Hintern säubern wollte?«
    »Es ist ein Skandal,
Majestät«, stammelte Quantz, dem die schlechte Luft zu schaffen machte. Am
liebsten hätte er jetzt sein eigenes Nachtgeschirr benutzt.
    »Sehr richtig, Herr
Quantz. Und der Skandal ist, dass es sich um Noten handelt, die ich bei Ihnen
unter Verschluss wähnte. Meine Kompositionen, die Sie als mein Lehrer und
Mentor durchzusehen hatten. Ich frage mich, wie diese in die Hände dieses
Freiberger kommen, der darüber hinaus auch noch entlaufen ist.«
    Quantz schluckte.
»Er muss sie gestohlen haben, Majestät.«
    »Sehr richtig. Doch
wie konnte er das? War er in Ihrem Haus?«
    »Ich kann es mir
nicht erklären.«
    »Ich wiederhole mich
ungern. War er in Ihrem Haus? Eine Antwort, mein Herr, wenn es keine Umstände
macht.«
    »Ja«, brachte Quantz
hervor. »Aber nur kurz. Und ich habe nicht gemerkt, dass er –«
    Friedrich unterbrach
ihn mit einer Armbewegung. »Ich wusste es. Wir werden die Untersuchung
fortsetzen. Mitkommen.«
    Im Marmorsaal
standen die Flügeltüren offen, und ein milder Wind wehte herein. Das Grün der
Parklandschaft begann zu leuchten, der Himmel hatte sich vom Grau des frühen
Morgens ins Bläuliche verfärbt.
    »Ah, da ist Rat
Weyhe«, sagte der König, als ein Mann vom Vestibül hereintrat.
    Er war noch etwas
kleiner als Friedrich und ganz in schlammfarbenes Braun gekleidet. Er verbeugte
sich vor dem Monarchen, und als er sich wieder aufrichtete, konnte ihm Quantz
ins Gesicht sehen. Die Haut wirkte glänzend wie Wachs, und sie war wie von
Narben zerfurcht. Unter seiner Nase ließ der Rat Weyhe sich ein dünnes
Oberlippenbärtchen wachsen, das auch bei den Soldaten in Mode war. Quantz hatte
es bisher selten an Zivilisten gesehen.
    »Weyhe, Sie wissen,
was zu tun ist. Herr Quantz wird Ihnen alles sagen, was er weiß. Wir haben zu
tun.«
    Ohne ihn noch einmal
anzusehen, ging der König davon. Fredersdorf folgte. Die Tür wurde geschlossen,
und nun stand Quantz mit dem kleinen braunen Mann allein im Raum.
    »Seine Majestät
überlässt es in seinem Sinn für Zeitersparnis uns selbst, einander
vorzustellen«, sagte er. »Rat Weyhe – vom Kriminalkollegium in Berlin. Sie sind
der Herr Musikus Quantz, das weiß ich bereits.«
    Jetzt, wo der König
gegangen war, ließ die Anspannung in Quantz nach. »Das Kriminalkollegium widmet
sich einem entlaufenen Lakaien?« Er kannte diese Behörde. Sie war dem
Justizdepartement und damit dem Staatsrat unterstellt. An der Spitze stand ein
besonders gefürchteter Mann der königlichen Verwaltung – Großkanzler Samuel von
Cocceji, dem gleich nach dem König das Justizwesen des gesamten Staates
unterstand. Unglaublich, welches Aufgebot man dem kleinen Andreas widmete.
    »Ist er denn das?«,
fragte Weyhe kühl. »Ein Lakai? Lediglich?«
    »Natürlich.«
    Weyhe schien die
Antwort zu belustigen. »Er ist Ihr Freund, oder?«
    »Freund? Aber nein!«
    »Nicht? Aus welchem
Grund haben Sie ihn denn bei sich empfangen, wenn Sie doch nicht dienstlich mit
ihm zu tun hatten? Und das hatten Sie nicht, das weiß ich bereits.«
    »Freundschaft …«,
begann Quantz. Er brach ab und setzte erneut an. »Andreas ist ein seltsamer
Mensch. Er geht seine eigenen Wege. Als Freund würde ich ihn nicht bezeichnen.«
    »Wie ist Ihre
Einstellung zum König?«
    »Wie bitte? Zu
Seiner Majestät? Wieso fragen Sie mich das? Selbstverständlich stehe ich Seiner
Majestät absolut loyal gegenüber. Ich bin sein Untertan.«
    »Auch das ist doch
eine Art von Freundschaft, oder? Ist der König Ihr Freund? Moment – antworten
Sie nicht gleich. Denken Sie erst nach. Sie haben viel mit Seiner Majestät
zusammen erlebt. Sie haben Geheimnisse mit ihm geteilt, als Sie ihn in seiner
Zeit als Kronprinz im Flötenspiel unterrichteten. Gegen den Willen des strengen
Vaters, der von den musikalischen Interessen nichts wissen durfte, weil er
seinen Sohn für das Militär begeistern wollte. Er schreckte bekanntlich auch
vor drakonischen Strafen nicht

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