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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Häuserzeilen.
Die Dreifaltigkeitskirche.
    Am Portal blieb
Quantz wieder stehen. Ihm pochte der Herzschlag in den Ohren.
    Er brauchte eine
Strategie. Das war das Einzige, das gegen eine Hofintrige half. Und eine
Hofintrige war es, in die er geraten war. Nicht nur die Musiker, auch die
französischen Philosophen, die der König neuerdings um sich scharte, waren
darin verstrickt. Eine neue Zeit brach an in Potsdam, mit neuen Ideen, die
einem ordentlichen Christenmenschen das Blut in den Adern gefrieren ließen.
    Ob Andreas’
Verschwinden damit zusammenhing?
    Der Lakai war auch
für La Mettrie unterwegs gewesen. Vielleicht hatte er auf seinen Botengängen
Dinge erfahren, die er nicht hätte erfahren sollen.
    Quantz’ Gedanken
drehten sich im Kreise. Das hatte er alles schon einmal gedacht. Schon einmal durch dacht.
    Er schrak aus seiner
Grübelei auf, als er das kalte, metallische Klappern einer Kutsche hörte.
Morgen musste er in aller Frühe nach Potsdam zurückkehren. Dort würde er Sophie
wiedersehen. Und bis dahin würde er hoffentlich klar denken können. Wahrscheinlich
war Angriff die beste Verteidigung. Er würde La Mettries Einladung, den
Franzosen in der »Goldenen Krone« zu besuchen, annehmen und den Feind im Auge
behalten.
    Die Kutsche kam
heran und hielt genau neben Quantz.
    Er erstarrte. Was
sollte das jetzt?
    Der Schlag öffnete
sich, und in dem schwarzen Loch dahinter ertönte eine Stimme. »Johann, ich
wusste es.«
    Das war ja Anna!
    Schlagartig hatte
Quantz seinen Schrecken überwunden. »Was machst du hier?«, rief er. »Mitten in
der Nacht?« Auf dem Kutschbock saß Anton. Seine Gestalt war schmal und groß.
Genau wie die des Schattens, der ihn verfolgt hatte.
    »Steig ein.«
    »Was fällt dir ein,
mir Befehle zu geben?«, schrie Quantz zornig.
    »Steig gefälligst
ein«, wiederholte Anna etwas lauter. »Oder willst du mich unmöglich machen?«
    Er seufzte. Warum
sollte er nicht mit der Kutsche zurückfahren? Und von ihm aus konnte seine Frau
machen, was sie wollte. Wenn es ihr Spaß machte, sich die Nacht um die Ohren zu
schlagen, würde er sie nicht daran hindern.
    »Ich konnte nicht
schlafen«, sagte sie, als er eingestiegen war. »Und ich wollte unbedingt
wissen, warum du deine ehelichen Pflichten vernachlässigst. Jetzt weiß ich es.«
    »Ach? Und warum?«
    »Du treibst dich bei
den Huren herum.«
    »Was?«
    »Es hat keinen
Zweck, den Überraschten zu spielen. Anton hat dich gesehen. Du hast dich sogar
mit einer von ihnen abgegeben.«
    »Ich habe mit ihr
gesprochen, sonst nichts.«
    »Mit so einem
Menschen spricht man nicht einmal.«
    »Anna, ich verbiete
dir, mir nachzuspionieren.«
    Sie hatte bisher aus
dem Fenster gestarrt, doch jetzt wandte sie Quantz ihr Gesicht zu. »Und wenn du
die Krankheit bekommst? Wenn du sie weiterträgst, diese Strafe Gottes für
Lasterhaftigkeit?«
    Er schüttelte den
Kopf. »Wie soll ich sie weitertragen? Es geschieht zwischen uns nichts, was
diesen Vorgang begünstigen könnte.«
    Sie wandte sich
wieder ab. Ein paar Atemzüge später hörte Quantz in der Dunkelheit ein
unterdrücktes Schluchzen. Die wenigen Minuten, die sie zur Wohnung brauchten,
verbrachten sie schweigend. Quantz wusste nicht, wie er ihr helfen konnte.
    Als sie ausgestiegen
waren, brachte Anton die Pferde und die Kutsche weg. Quantz ging in seine
Kammer und zog sich bei Kerzenlicht die Gewänder aus. Viel Zeit blieb ihm nicht
zum Schlafen, doch das konnte er auf der Heimfahrt morgen nachholen.
    Schließlich legte er
sich auf das schmale Bett und starrte ins Dunkel. Er hörte, wie der Diener
zurückkam. Seine schweren Schritte waren deutlich wahrzunehmen. Quantz hielt
den Atem an. Würde er wieder zu Klara in die Stube gehen?
    Nein – Anton stapfte
an Quantz’ Tür vorbei und gab sich noch nicht einmal besondere Mühe, leise zu
sein. Sein Gang war etwas unregelmäßig, offenbar hatte er getrunken.
    Quantz wurde klar,
dass er das Schlafzimmer seiner Frau ansteuerte.
    Minuten später drang
von dort verhaltenes Stöhnen. Es war das gleiche Geräusch, das Quantz heute
Mittag gehört hatte.
    Er seufzte tief,
drehte sich auf die Seite und schlief ein.
    ***
    »He, Junge, komm
mal her. Ich hab was für dich.«
    Jakob dachte nicht
daran, zu dem Mann zu gehen. Er hatte wahrscheinlich beobachtet, wie Jakob
einer der alten Huren an der Langen Brücke ein paar Münzen aus der Hand
geschlagen hatte und davongerannt war. Er ließ sich das Geld nicht nehmen, von
niemandem.
    Er lief auf die
andere Seite auf

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